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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 90

 

Pointierungen werde ich Ihnen auch auf Grund der letzten Wortmeldung nicht ersparen können.

 

Meine Damen und Herren! 500 000 Menschen leben in 220 000 Gemeindewohnungen, und ungefähr noch einmal so viele in geförderten Wohnungen, das sind somit 60 Prozent der Wiener Bevölkerung. – Das ist ein Erfolg sozialdemokratischer Wohnbaupolitik, dass wir Vorsorge treffen für ordentliches, gutes und leistbares Wohnen in Wien, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Unser primäres Ziel ist es, dass junge Familien leistbare Wohnungen erhalten. Das ist eine Priorität von uns, und das haben wir umgesetzt, und unter anderem deshalb – dazu werde ich mich dann noch präziser äußern – bauen wir wieder Gemeindewohnungen, erfreulicherweise beginnend in meinem Heimatbezirk Favoriten, und darauf sind wir stolz, und dafür sind wir dankbar, Herr Stadtrat!

 

Wenn wir im Zusammenhang mit dem Rechnungsabschluss gerade von Erfolgen reden, möchte ich darauf hinweisen, dass das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Betriebes der Stadt Wien - Wiener Wohnen, im Jahr 2014 positiv gewesen ist, das heißt, die Firma Wiener Wohnen hat einen positiven Erfolg im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb. Das ist eine wirklich gute Gebarung, und ich danke der Leitung von Wiener Wohnen! Danke, Kollege Neumayer! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Lassen Sie mich einen Exkurs machen, um die Sache ein bisschen dynamischer zu gestalten. Die Sitzung dauert schon lange, alles ist sehr ruhig und entspannt, und deswegen bringe ich jetzt ein bisschen Pfeffer in die Diskussion. – Ich gebe offen zu, dass ich manche Vorkommnisse, die Sie kritisiert haben, Kollege Kasal, auch – um das jetzt so auszudrücken – zumindest problematisch finde. Das sollte nicht vorkommen! Ähnliches gilt aber zum Beispiel auch für den FPÖ-Politiker Werner Cermak, der eine Gemeindewohnung hat und diese zu erhöhten Preisen untervermietet. Sollte auch nicht sein!

 

Ich weiß, welche Handlungen die Sozialdemokraten setzen sollten und setzen werden. Wir werden das abstellen! (GR Heinz Hufnagl: Cermak hatte nur 300 Prozent Rendite!)

 

Die spannende Frage lautet: Was tut die FPÖ in solchen Fragen? Sie haben zwar in der praktischen Politik nicht wahnsinnig viel umzusetzen, diesfalls aber doch, denn das ist der Ihrige, wobei ich jetzt aber nicht gegenseitig aufrechnen will.

 

Zweitens komme ich jetzt zur Frage der sozialen Durchmischung beziehungsweise der Ghettobildung: Ich habe ein komisches Gefühl dabei, und ich habe es eigentlich satt, meine Damen und Herren, dass wir immer wieder und besonders in Richtung des Wahlkampfes beginnen, uns gegenseitig vorzurechnen, welcher Politiker in welchem Gemeindebau wohnt. Das ist mir ausgesprochen zuwider, insbesondere weil es alle betrifft; bei den Schwarzen weiß ich es nicht, aber die anderen betrifft es durchwegs. Auch anwesende Politiker und Politikerinnen aus mehreren Parteien wohnen in Gemeindebauten.

 

Also: „So what?“ Wo ist da das Problem? Die Frage ist: Haben sie diese Wohnungen zu Recht bezogen? Die Antwort lautet: Ja. - Zahlen sie den vorgeschriebenen Mietzins? Ja. - Zahlen sie die vorgeschriebenen Steuern? Ja. - Zahlen sie zu wenig Steuern? Eventuell, weil das Steuersystem nicht gerecht ist. Wir wollen aber ohnedies ein gerechteres Steuersystem, und auf dieser Ebene muss man auch ansetzen! Es scheint mir doch eine etwas verkehrte Situation zu sein, soziale Ungerechtigkeit über das Wohnproblem zu lösen.

 

Machen wir lieber ein ordentliches, gerechtes Steuersystem mit Abschöpfung! – Ein Beispiel wären auch die Erbschaftssteuern. Das hat jetzt mit Wohnen nichts zu tun, aber das muss man dazusagen. – Und schauen wir uns nach einer derartigen Reform an, in welche Richtung das gehen kann!

 

Wenn jemand in diesem Saal nach Gerechtigkeit ruft, dann sind die Finanzer der Fraktion bereit, sich mit ihm in Klausur zu begeben, um eine dementsprechend gerechte und sozial verträgliche Abschöpfung zu entwickeln, die den Schwachen nützt und welche die Starken entsprechend zahlen lasst. – Das bedeutet Solidarität, das wäre sozialdemokratische Politik, und dazu sind alle in diesem Hause eingeladen! Das möchte ich auch einmal sagen.

 

Ein weiterer Punkt: Ich hatte heute eine lustige Erkenntnis, nämlich dass uns Kollege Chorherr dankenswerterweise beim marxistischen Gedankengut überholt. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Ich glaube schon! Ich werde es Ihnen präzisieren: Wir reden hier von sozialer Durchmischung, und ich sehe das nicht defensiv. Soziale Durchmischung bedeutet für mich nicht, dass ich in einer armen Siedlung drei Reiche ansiedle, sondern dass der Normalschnitt der Bevölkerung im sozial geförderten Wohnbau wohnt. Das heißt, das Abbild der Bevölkerungsstruktur im sozialen Wohnbau entspricht ungefähr – die Superreichen weggerechnet – dem Gesamtbild der Bevölkerung.

 

Meine Damen und Herren! Linke Wohnbaupolitik in sozialdemokratischer Tradition bedeutet, dass der geförderte soziale Wohnbau – Gemeinde und Genossenschaft – die Normalform des Wohnens in Wien und nicht die Ausnahme ist. Und unser Ziel ist es, das auszubauen. – So viel zur Eigentumsoption.

 

Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Chorherr richtigerweise sagt, dass wir nicht wollen, dass Grund und Boden Ware wird, dann blicke ich weiter: Wir wollen nicht, dass Wohnen Ware wird. Wohnen ist nämlich an und für sich Teil der Daseinsvorsorge und darf keine Ware sein. Es verhält sich gegenwärtig zwar zum Teil so, das ist aber schlecht und treibt die Mieten in die Höhe, und genau das wollen wir ändern! Eine vernünftige Wohnbaupolitik nimmt den Druck aus den Wohnmieten, und das ist dann der Fall, wenn Wohnen nicht als Ware gehandelt wird wie ein Zahnbürstel und ein Jackett. Und das ist das Ziel unserer sozialdemokratischen Wohnbaupolitik. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von GR Senol Akkilic, BA.)

 

Warum ist soziale Durchmischung, so wie wir sie hier beschrieben haben, nämlich als Normalwohnform, wich

 

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