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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 94

 

nen kommt da eine zentrale Bedeutung zu, denn hier finden die Innovationen statt. Die Dichte des urbanen Umfeldes ermöglicht die volle Wirksamkeit bestimmter Technologien. Hochqualifizierte Arbeitskräfte und Forschungseinrichtungen finden sich hauptsächlich in den Ballungszentren und die Diversität der Bevölkerung ermöglicht auch das Entstehen von Neuem und Originellem. Mit rund 190 000 Studierenden ist Wien die größte Universitätsstadt im deutschen Sprachraum. Als Indikator für die Wissensorientierung der Stadt können auch unsere Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Prozent des Bruttoregionalprodukts herangezogen werden und hier liegt Wien mit über 3,4 Prozent unter den Top-Regionen Europas. Diese hohe Wissensorientierung resultiert auch in einer überdurchschnittlichen Produktivität.

 

Bereits im Jahr 2000 war sie die höchste in Österreich. Das gilt auch für die aktuell verfügbaren Zahlen und das trotz eines beachtlichen Bevölkerungswachstums. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass 44 Prozent der Zuwanderer und Zuwanderinnen einen Hochschulabschluss haben. Insbesondere beim Thema Wissens-Spill-overs, also der Wissenstransfer von Unternehmen beziehungsweise Universitäten untereinander, haben die Städte einen natürlichen Agglomerationsvorteil. Die neueste Forschung geht davon aus, dass dieser Wissenstransfer ja nicht nur innerhalb der Branche stattfindet und Wachstum fördert, sondern vor allem auch branchenübergreifend positive Effekte hat. In diesem Wissensaustauch von Unternehmen, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen, liegt ein riesiges Innovationspotenzial. Diesen Standortvorteil will Wien aktiv nutzen, weil vernetztes Wissen in unserer heutigen globalisierten Wirtschaft der entscheidende Wettbewerbsfaktor ist. Eines ist klar: Regionen mit einem hohen Lohnniveau werden nur mit innovativen und qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt erfolgreich sein. Aber vor allem die Wirtschaft sollte den intellektuellen Nachwuchs nicht als Generation Praktikum ausnützen, sondern entsprechend seiner Qualifikation bezahlen.

 

Die steigende Verstädterung weltweit zeigt auch, dass die Lebensqualität der Städte zunehmend attraktiv wahrgenommen wird. In den Ballungsräumen finden die Menschen eben unterschiedliche Bildungseinrichtungen, Kultureinrichtungen, eine gute Infrastruktur und ein diversifiziertes Arbeitsplatzangebot. Die Städte verstehen sich, besonders Wien, als soziale Dienstleisterinnen, entwickeln spezielle soziale Angebote entsprechend den speziellen Bedürfnissen der BewohnerInnen, zum Beispiel ein flächendeckendes Netz an kostenfreien Kindergärten, Horten, Betreuungseinrichtungen für Alte, von denen dann alle Familienmitglieder für ihre individuelle Lebensgestaltung profitieren können.

 

Wien hat natürlich auch einen geographischen Standortvorteil. Wir sind Sitz von vielen Headquarters, die Steuerungsfunktionen nach Ost- und Südosteuropa ausüben. Aber entscheidend ist das Gesamtpaket. Ein Defizit in einzelnen Bereichen, zum Beispiel Umweltbelastung, könnte schnell dazu führen, dass die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Die ökonomische Entwicklung und die Brüche in den alten Produktionsstrukturen machen daher innovative Betriebe zu einem immer wichtigeren Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses. Um diese großen Herausforderungen zu lösen, bedarf es hervorragend ausgebildeter Unternehmer und Mitarbeiter, innovativer Lösungsansätze und auch den Willen, die Netzwerkeffekte in der Großstadt zu nutzen. Mit dem Bevölkerungswachstum der Stadt Wien war eine rasante Entwicklung der regionalen Wirtschaft in Richtung Dienstleistungsmetropole und Wissensstadt verbunden. So hat sich die Zahl der forschenden Betriebe in den vergangenen 15 Jahren bereits verdreifacht und mittlerweile sind im Bereich Forschung und Entwicklung mehr als 40 000 Beschäftigte tätig.

 

Fast drei Viertel aller Menschen in Europa leben ja in Städten, in urbanen Regionen, ein Wert, der laut den Vereinten Nationen UN World Urbanization Prospects bis 2050 auf mehr als 80 Prozent ansteigen wird. Die Städte bieten den Menschen hohe Lebensqualität, ein vielfältiges soziales Leistungsangebot, Arbeitsplätze und Zukunftschancen. Sie sind demographische Hot Spots, aber auch Zentren des Wissens, der Innovation, der Kultur und der Wirtschaft. Neben Faktoren wie der internationalen Erreichbarkeit und der Sichtbarkeit sind besonders das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften und das Vorhandensein von Unternehmern, die ergänzende Dienstleistungen anbieten, entscheidend. Jahrzehnte nach der Internetentwicklung beginnen sich die ökonomischen Produktionsweisen derzeit dramatisch zu ändern. Einerseits werden über Plattformen Dienstleistungen zugekauft, die den Menschen angeboten werden, die dann gleichzeitig Produzenten und Konsumenten sind. Die bekanntesten sind zum Beispiel Airbnb im Bereich der Zimmervermietung oder Uber als Taxiunternehmen. Es gibt aber auch in anderen Bereichen solche Plattformen für den Haushalt, Restaurants, Kleiderverleih, und so weiter. Diese neuen Plattformen drohen allerdings die sozialen Standards der europäischen Ausprägung des Wohlfahrtsstaates zu unterlaufen. Es ist noch unklar, wie soziale Sicherungssysteme Gewerbe und versicherungsrechtliche Fragen, Fragen einer fairen Arbeit, Lohndumpingprobleme, und so weiter, dahin gehend reguliert werden können, dass einerseits der Nutzen der Innovationen erhalten bleibt, aber gleichzeitig die sozialen Standards für uns alle weiterhin erhalten bleiben. Umgekehrt ist der Internethandel nicht mehr wegzudenken. Alle Daten weisen darauf hin, dass er noch enorm wachsen wird. Die jüngere internetaffine Generation wird weiter diese Dienste in Anspruch nehmen und damit den städtischen Handelsinfrastrukturen massiv zusetzen.

 

Wir brauchen also ein breites Spektrum an Qualifikation und an komplementären Angeboten, um im Wettbewerb der Standorte besser reüssieren zu können. So ein Angebot findet sich ausreichend nur in Städten. Waren, Dienstleistungen, um die neuen Technologien auch lokal nutzen zu können. Die Städte beantworten die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere die Fragen der natürlichen Ressourcen. Die Dichte der Städte, die kur

 

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