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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 25.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 21

 

doch gerade eigentlich als Sozialdemokrat überlegen: Wie treffsicher ist denn dieser soziale Wohnbau? Erwischen wir da die Richtigen? Denn wenn der Kollege Chorherr richtig gesagt hat, der durchschnittliche Quadratmeterpreis beträgt im Gemeindebau bei Neuvergabe 6,80 EUR, bei Genossenschaften 7,10 EUR, am freien Wohnungsmarkt 10 EUR, so stimmt das, klar, aber dafür, dass die beiden Erstgenannten so eklatant günstiger sind, setzen wir auch rund 600 Millionen EUR im Jahr ein. Zu Recht, ich glaube, von allen Parteien unbestritten. Nur, was wir uns tunlichst ansehen sollen: Ist es soziale Wohnbaupolitik, wenn wir wirklich gut Verdienenden, Spitzenverdienern den gleichen Wohnbautarif, die gleiche Miete abverlangen wie sozial Bedürftigen im Gemeindebau beispielsweise? Ich glaube, nein, und darum kann ich an dieser Stelle nur nochmals unsere Forderung einbringen. Die Einkommensgrenzen sind in Ordnung, dem Argument, wir wollen eine soziale Durchmischung, können wir einiges abgewinnen, nur glaube ich, mit knapp 50 000 EUR netto im Jahr ist diese soziale Durchmischung jedenfalls sichergestellt. Was ich nicht glaube, ist, dass wir Gemeindebauten, sozialen Wohnbau für Menschen bauen sollten, die noch mehr verdienen. Und da hinzugreifen, da soziale Treffsicherheit sicherzustellen, das erachte ich für ein Gebot der Stunde.

 

Wenn man heute angesichts des nahenden Wahltermins, angesichts eines Wahlkampfes, wo ja schon andere gemeint haben, Wahlkampf ist die Zeit fokussierter Unintelligenz, jetzt meint, ja, der Gemeindebau, das ist die Allzweckwaffe gegen alle Probleme – das kommt von Rot-Grün, das kommt von den Freiheitlichen –, der Gemeindebau, damit sind wir aller Probleme entledigt, dann ist dem nicht so. Meine Damen und Herren, ja, ich kann mir sozialen Wohnbau vorstellen, wo wir wirklich sozial Bedürftigen die Schwelle nehmen, die Eigenmittel beim Einzug auf einmal begleichen zu müssen – da sollte man über das Fördersystem nachdenken –, aber ich glaube nicht, dass die Stadt Wien selbst wieder, ob zur Gänze oder zu 50 Prozent, quasi als Bauherr auftreten muss. Sie, Herr Stadtrat, waren es ja, der uns über Jahr und Tag durchaus glaubwürdig, wie ich meine, erklärt hat, die Gemeinnützigen machen das günstiger, machen das effizienter. Und das sieht man ja vor allem auch dann, wenn wir uns die Betriebskosten ansehen, wenn wir die Betriebskosten vergleichen. Warum sind Betriebskosten beispielsweise heute im Gemeindebau durchwegs höher als im genossenschaftlich organisierten sozialen Wohnbau? Also hier, glaube ich, braucht es sozialen Wohnbau mit Augenmaß, mit sozialer Treffsicherheit und nicht mit sozialdemokratischer Retro-Romantik, der leider Gottes auch die Freiheitlichen erliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Eines muss aber auch gesagt werden. Wenn wir uns heute, völlig zu Recht, über die unerschwinglichen Kosten im freifinanzierten Wohnungsmarkt unterhalten, dann wird hier ein Hebel nur dahin gehend vorhanden sein, dass wir dort auch mehr Angebot liefern, sprich, dass wir mehr freifinanzierten Wohnbau auch zulassen. Denn dieser Bereich richtet sich schlicht und einfach nach Angebot und Nachfrage, und hier muss die Nachfrage endlich auch in dem entsprechenden Ausmaß gesättigt werden, meine Damen und Herren. Da hilft uns die wichtige und notwendige Diskussion um den sozialen Wohnbau nur wenig.

 

Ich möchte aber auch auf meinen Vorgänger replizieren, der so gerne über die Verkehrspolitik gesprochen hat, ein auch persönliches Steckenpferd von ihm, das verstehe ich, vor allem, wenn man sieht, was in den vergangenen fünf Jahren nach dem eigenen Wirken da alles den Bach runtergegangen ist. Aber, Herr Kollege Schicker, jetzt die segensreiche 365-Jahreskarte über den grünen Klee zu loben und markenbewusst, wie ich Sie ja gar nicht kenne, nur mit Porsche und Mercedes zu argumentieren, das ist dann wohl auch zu kurz gegriffen, wenn man weiß – und jetzt sind wir wieder bei dem, wo wir das Problem haben in dieser Stadt, beim Wirtschaften –, dass wir den Wiener Linien 730 Millionen EUR zuschießen müssen, damit die ausgeglichen bilanzieren.

 

Ja, ich bin der Letzte, der kein Partner dabei ist, dass wir den öffentlichen Verkehr attraktiver machen sollen, aber ich bin auch der Letzte, der glaubt, die ausgelagerten Bereiche der Stadt Wien können weiterhin ein Fass ohne Boden sein. Hier brauchen wir die Effizienz, die Transparenz und die Professionalität, die gerade beim berühmten ausgegliederten Bereich in dieser Stadt unter Rot-Grün so sträflich vernachlässigt wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz ein paar Worte, wahlkampfbedingt, zu dem Misstrauensantrag sagen. Die Freiheitlichen haben mit uns einen ganz starken Partner im Hinblick auf den 11. Oktober, wenn es darum geht, diese rot-grüne Stadtregierung abzuwählen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ja, aber: Meine Damen und Herren, ein Misstrauensantrag ist ein ganz starkes Zeichen und ein ganz starkes Tool der Oppositionsarbeit, und wir haben Misstrauensanträge immer mitgetragen, wenn es darum ging, konkretes Fehlverhalten anzuprangern und darauf aufmerksam zu machen. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich halte es schon für wesentlich charmanter, dem Wähler in 16 Tagen die Möglichkeit zu geben, den Michael Häupl in Pension zu schicken, und das nicht heute mit Argumenten zu machen wie mehr Gemeindebauten. Sie haben gerade gehört, was ich dazu gesagt habe. Interessant nur, dass beim Gemeindebau einiges Kopfnicken bei der FPÖ zu sehen war. Da gibt es vielleicht auch bei Ihnen einige, die meinen, nicht der allmächtige Staat sei die Antwort auf alle Probleme dieser Stadt, aber da kann man halt klientelbedingt dann nicht aus.

 

Und ich sage Ihnen auch etwas ganz aktuell zur Frage der Flüchtlingsströme: Es gibt sehr viele Menschen, die helfen wollen, das ist in Ordnung, und es gibt sehr viele Menschen, die Angst haben, auch das ist mehr als verständlich. Aber mit Gefühlsregungen alleine kann man keine Politik machen, man muss Lösungen anbieten, und ich sage Ihnen ganz offen … (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Herr Kollege Jung, Sie sind Letzte, der in diesem Haus jemals eine Lösung im Sinne einer effektiven, professionellen und transparenten

 

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