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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 114

 

Und wenn in der Tat eine gewisse Differenz in einer aus meiner Sicht ideologisch zentralen Frage vorliegt, nämlich wie die Grundstücke der Stadt vergeben werden sollen, dann möchte ich Sie schon um einen Hauch korrigieren dürfen, Herr Stadtrat, wenn Sie sagen, dass die Stadt Wien ja Grundstücke verkaufen muss, weil es sonst keine Einnahmen gibt: Wenn die Stadt Wien ein Baurecht vergibt, dann heißt das ja nicht, dass sie dieses umsonst vergibt, Herr Stadtrat, sondern sie nimmt dabei ja auch Gelder ein, und zwar entweder dadurch, dass man auf 90 Jahre jedes Jahr etwas bezahlt bekommt oder dass man sich, wie beim Otto-Wagner-Spital, ein 90-jähriges Baurecht sofort auszahlen lässt.

 

Das heißt: Es fließen ebenso Einnahmen aus dem Verkauf wie aus dem Baurecht, allerdings mit dem Unterschied, dass nach 90 Jahren unsere Enkerl oder Urenkerl, je nachdem, wie sich das entwickelt, entscheiden dürfen und das nicht für immer weg ist. Aus finanzieller Sicht macht es also keinen wesentlichen Unterschied, ob man ein Baurecht oder die Liegenschaft verkauft.

 

Wir haben beim Otto-Wagner-Spital einen guten Konsens erzielt, und ich denke, wir werden das auch in Zukunft so handhaben. Verkäufen stimmen wir bei Kleingärten oder Einfamilienhäusern zu, wo das in der Tat sinnvoll ist. Bei großen, zusammenhängenden Liegenschaften, insbesondere des Krankenanstaltenverbundes – ich denke jetzt an das Krankenhaus Lainz, das ein ebensolcher Fall ist –, wären wir allerdings, glaube ich, gut beraten, wenn wir eine Lösung in Form von Baurechten finden, die der Stadt letztlich entsprechende Voraussetzungen schaffen.

 

Jetzt konkret zu meiner Frage, die sich ein bisschen Richtung in FPÖ bewegt, zumal die FPÖ in ihrer Dringlichen Anfrage die schiefe Optik beklagt, die sich daraus ergibt, dass ein Zinshaus um 500.000 EUR sehr billig unter seinem Wert vergeben wurde.

 

Herr Stadtrat! Auch Sie können bestätigen – ich war im Gemeinderat, und Sie waren im Gemeinderat –, dass neben der Sozialdemokratie eine weitere Partei zugestimmt hat. Ich habe das, von wegen schiefe Optik, nachgelesen: Eine Partei, deren Name mit dem Buchstaben F beginnt, also die FPÖ, hat dieser „schiefen Optik“ zugestimmt. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Das ist ja ein Referat!)

 

Können Sie bestätigen, dass das so war?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Zunächst zum ersten Teil der Frage. Ich bin, wie gesagt, sehr für die Vergabe von Baurechten. Ich glaube, man muss sich immer im Einzelfall anschauen, was für die Stadt die günstigste und beste Lösung ist, und zwar nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig.

 

Wir vergeben, wie gesagt, viele Grundstücke auch im Baurecht, ich sehe da also gar keinen Widerspruch! Ich glaube, man muss immer deutlich unterscheiden, für welches Grundstück welche Maßnahme notwendig ist und auch welchen Finanzbedarf man für die Umsetzung mancher Projekte in einer konkreten Situation hat, beispielsweise wenn diese Einnahmen zweckgebunden sind.

 

Ich komme nun zu dem Eckgrundstück Hockegasse 35/Erndtgasse 27, das du jetzt angesprochen hast, denn darum geht es ja im konkreten Fall: Das war ein Objekt der MA 11, die schon 2009 mit dem Ersuchen um Verkauf an die MA 69 herangetreten ist, und zwar, warum? – Das Gebäude selbst war in einem sehr schlechten baulichen Zustand, Sanierungsmaßnahmen waren dringend nötig, und diese wurden in Höhe von rund 420.000 EUR veranschlagt. Deshalb hat man sich damals auch entschlossen, einem Verkauf zuzustimmen.

 

Damals im Jahr 2010 hat sich die Scotia Handelsgesellschaft mit einem Kaufinteresse an die MA 69 gewandt. Dieses Gebäude ist ein dreigeschoßiges, unterkellertes Wohnhaus, allerdings aus dem Jahr 1915, und zum damaligen Zeitpunkt hat es noch zehn Mieteinheiten gegeben, von denen acht konkret vermietet waren. Diese Wohnungen waren auch in einem extrem schlechten Zustand, mehrheitlich in der Kategorie D, und nachdem es auch von Seiten der Stadt Wien keinen Eigenbedarf gegeben hat, hat man sich entschlossen, auch ein externes Sachverständigengutachten einzuholen. Das ist im Mai 2010 geschehen, und dieses Gutachten hat ergeben, dass ein Verkehrswert von 500.000 EUR veranschlagt wurde.

 

Mit diesem Kaufpreis ist das Gebäude dann auch in einer Transaktion übergeben worden, und zwar immer unter Einhaltung – darauf achten wir generell – des bestehenden Denkmalschutzes, woran möglichst nicht gerüttelt werden soll, und mit der Auflage, dass die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen in dem von mir angesprochenen Umfang geleistet werden.

 

Der Herr Bezirksvorsteher des 18. Bezirks hat gegen die beabsichtigte Transaktion dann auch keinen Einwand erhoben, und somit ist diese Transaktion mit Beschluss vom 30.6.2010 auch vom Wiener Gemeinderat genehmigt worden, und es hat eine sehr breite Zustimmung gegeben. Das ist eine völlig richtige Wahrnehmung, und von daher ist es verwunderlich – das ist schon richtig –, dass dann Jahre später eine tatsächlich gemeinsam beschlossene Transaktion in einem ganz anderen Licht dargestellt wird. Ich denke, es war das damals ein wichtiger, richtiger Schritt, ein Gebäude, das große Kosten verursacht hätte, mit Erlösen in einer Größenordnung zu verkaufen, die dann natürlich auch der Stadt Wien finanziell zunutze gekommen sind.

 

Also von daher, wenn ich die Frage auf den Punkt beantworten kann: Ja. – Es ist allerdings oft erstaunlich, wie Jahre später Beschlüsse, die man gemeinsam gefasst hat, dann wiederum anders betrachtet werden.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage wird von GR Mag. Dr. Wansch gestellt.

 

9.57.43

GR Mag. Dr. Alfred Wansch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Es ist ganz interessant: Nachdem Kollege Chorherr nunmehr eine Zusatzfrage gestellt hat, die nichts mit der zur Debatte stehenden Anfrage von Kollegen Gara zu tun hat, möchte ich doch ein Wort darüber verlieren, weil Sie ja auch darauf geantwortet haben.

 

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