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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 30.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 80

 

Sicht sehr wichtigen Grundrechten beschäftigen. Das eine ist das Grundrecht auf Gesundheit und reproduktive Gesundheit, und das andere würde ich als ein Recht auf Bildung und Information zusammenfassen.

 

Das Poststück Nummer 5 betrifft den Verein Frauenhetz, ein feministischer Verein, der Erwachsenenbildung macht, und bei Postnummer 6 geht es um die Beratungseinrichtung Österreichische Gesellschaft für Familienplanung für das Projekt „First Love“.

 

Beide Projekte hängen ja aus meiner Sicht zusammen, denn es gibt - und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Sie diesen Antrag zur Aktion Leben eingebracht haben, Frau Kollegin Kugler - ein dahinterliegendes Thema, das heute nicht angesprochen wurde, aber das ich dabei auch orte, nämlich das Thema des Schwangerschaftsabbruches und wie damit umgegangen wird. Die Aktion Leben, so wichtig sie vielleicht sein mag, hat dazu natürlich auch eine eindeutige Position. Und das mag vielleicht auch ein Grund sein, warum in dieser eindeutigen Position auch in der Frage, wie gleichgeschlechtlichen Partnerschaften behandelt werden, vielleicht Unterschiede bestehen und inwiefern wir hier Jugendlichen in der Sexualpädagogik, in ihrer Aufklärung, in ihrer Entwicklung manche Vereine weniger empfehlen oder weniger an Schulen empfehlen.

 

Ich möchte vielleicht kurz darauf eingehen, was diese zwei Vereine leisten und warum wir es wichtig finden, dass es sie gibt. Es war vorher schon ein großes gesellschaftliches Dissensfeld, ich glaube, dieses Thema der Sexualaufklärung, der Sexualberatung ist wahrscheinlich ebenso ein solches, und auch der Bereich der feministischen Bildung und der Frauenrechte. Wir haben ja dazu schon diskutiert.

 

Die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung gibt es ja schon seit 1966. Sie hat sich dem Recht auf reproduktive Gesundheit verschrieben und verfolgt daher folgende Ziele: Jeder Mensch hat das Recht, über seine Sexualität selbst zu bestimmen; jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob und wann die Geburt eines Kindes erwünscht ist und - ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt in der Frage - auch, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, ein geeignetes Verhütungsmittel zu finden und über den Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen informiert zu werden. Das sind also total wichtige Dinge, und ich nehme eigentlich an, dass wir hier auch eine gemeinsame Sicht haben.

 

Die Beratungsstelle First Love richtet sich an Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren. Sie bietet ein Angebot, das niederschwellig, anonym und kostenlos ist und auch in erster Linie stark von Mädchen genützt wird. Es bietet eine gynäkologische Erstuntersuchung, Telefonberatung, Online-Beratung, auch Krisenberatung in Fragen ungewollter Schwangerschaft. Sie steht zur Verfügung, wenn es um Fragen von Partnerschaftsproblemen und Missbrauchserfahrung geht, aber auch bei der Bereitstellung von Informationsbroschüren, und natürlich das ganz wichtige Thema, wie verhindere ich die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten und ungewollte Schwangerschaft.

 

First Love hat noch ein mobiles Standbein, das sind die Workshops, die in ähnlicher Weise - oder vielleicht auch ganz anders, ich weiß es nicht - auch von der Beratungseinrichtung Aktion Leben angeboten werden. First Love jedenfalls richtet sich an Jugendliche und diskutiert mit ihnen in dreistündigen Workshops Themen wie Liebe, Sexualität, Körper, Selbstbefriedigung, Verhütung, sexuelle Orientierung und Identität, die Frage des ersten Mals, sexuelle und reproduktive Rechte oder auch Fragen wie, wie rede ich überhaupt darüber oder welches Körperbild habe ich. Mit diesen mobilen Workshops gelingt es First Love auch sehr gut, an Zielgruppen heranzukommen, und das Thema der ungewollten Schwangerschaften ist ja ein wichtiges Thema bei Teenagern. Es ist wichtig, hier an Zielgruppen heranzukommen, mit denen wir vielleicht mit diesen Fragen sonst nicht so leicht in Kontakt kommen würden.

 

Alles in allem also eine sehr, sehr wichtige Sache, die eigentlich noch viel zu wenig unterstützt wird. Es stimmt, wir haben in Österreich ein großes Problem, was Teenagerschwangerschaften betrifft. Wir haben in Österreich eine sehr hohe Abbruchsrate, wir haben aber auch - und das ist sicher diesen Vereinen zu verdanken, die diese Aufklärungsarbeiten leisten - doch auch unter Jugendlichen ein sehr hohes Bewusstsein, wie Schwangerschaft und ungewollte Schwangerschaft verhindert werden kann beziehungsweise auch wie Verhütung funktionieren kann - für beide Seiten, für Burschen und für Mädchen.

 

Trotzdem besteht ein großes Defizit im Bereich der Teenagerschwangerschaften, was unterschiedliche Probleme zur Folge hat. Zum einen ist beim ersten Mal oft Alkohol im Spiel, was zur Folge hat, dass aus Dummheit auf Verhütung verzichtet wird. Zum anderen gibt es natürlich schon sehr schwierige psychosoziale Lagen, die manche Mädchen und Burschen dafür prädisponiert, ungewollt in Teenagerzeiten schwanger zu werden.

 

Ich möchte noch ein Ergebnis der Umfrage der Bundesjugendvertretung zitieren, die sich mit Jugendlichen zu den Fragen Sexualität, Aufklärung, Verhütung auseinandergesetzt hat, welche Probleme denn da von Jugendlichen wahrgenommen werden. Und ein Thema, das sich durchzieht, ist: Die Kosten für Verhütung sind zu hoch, nach wie vor. Und es stimmt, für Jugendliche insbesondere gibt es keine Verhütung auf Krankenschein, die Pille ist nach wie vor zu teuer. Meiner Meinung nach sind finanzielle Hürden aus politischer Sicht nicht entschuldbar, dass wir mit ungewollter Schwangerschaft bei Jugendlichen zu tun haben. Es darf also keine finanziellen Hürden geben, damit Jugendliche nicht verhüten. In Frankreich beispielsweise oder in den Niederlanden ist die Pille für Jugendliche gratis, das ist aus meiner Sicht auch ein erstrebenswerter Weg, den wir in Österreich gehen sollten.

 

Ein zweites Problem, das von den Jugendlichen aufgegriffen wird, ist die fehlende und mangelnde Sexualpädagogik in den Schulen. First Love setzt bei 13-Jährigen an, aber es braucht eigentlich schon viel früher eine Aufklärung und einen Zugang, schon vor diesem

 

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