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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 107

 

Wir sind daher der Meinung: Wer ehrlich TTIP verhindern will, sollte unserem Vorschlag einer Volksabstimmung zustimmen. Der Souverän, die Österreicher und die Österreicherinnen sollen entscheiden. Man hört von den GRÜNEN - nicht in Wien und auch noch nicht in Österreich, aber in Brüssel - andere Töne, vor allem seit der Volksabstimmung in den Niederlanden. Da will man die Rechte der Bevölkerung massiv einschränken, weil das Volk offenbar zu dumm ist, in so wesentlichen Fragen zu entscheiden. Ich hoffe, die GRÜNEN in Österreich machen diesen Schwenk nicht mit.

 

Jetzt bringe ich Ihnen eine Sache, die wirklich sehr, sehr bedenklich macht: den Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen“ vom 8. April nach der Abstimmung in Holland, wo - zur Erinnerung - die Bevölkerung den Vertrag mit der Ukraine abgelehnt hat und die Regierung daraufhin bisher noch nicht ratifiziert hat. Der Artikel läuft unter der Überschrift: „Ein Nein, das keine große Bedeutung hat.“ „Die EU-Kommission erklärt die Ratifizierung des Ukraine-Abkommens durch die Niederlande zur Nebensache.“ Die Volksabstimmung in einem Land, gesetzlich geregelt, ist für die Kommission nebensächlich!

 

Ich zitiere, weil der Artikel zu lang wäre - er ist sehr ausführlich, auch im rechtlichen Bereich -, auszugsweise: „,Der Präsident ist traurig‘, kommentierte Jean-Claude Junckers Chefsprecher am Donnerstag in Brüssel das Nein der Niederländer. Juncker hatte Anfang des Jahres im Gespräch mit der niederländischen Zeitung ‚NRC Handelsblad‘ vor einer ‚großen kontinentalen Krise‘ gewarnt, sollte die Nein-Kampagne gewinnen.“ Vor so einer Kampagne stehen wir auch, nämlich nicht der Nein-Kampagne, sondern der Unbedingt-Zustimmung-Kampagne.

 

„Die Kommission wird sich weiterhin trotz dieser Abstimmung engagiert um die Beziehungen zur Ukraine bemühen und wie angekündigt Ende des Monats Vorschläge für die Visa-Liberalisierung“ - die dort ausdrücklich abgelehnt wurde - „vorlegen.“

 

„Kurz: Das Referendum werde letztlich an dem Verhältnis zur Ukraine nichts ändern, das ist die Lesart der Kommission auch für die Kernfrage des Referendums, das Ukraine-Abkommen. Schließlich haben, so wurde argumentiert, 27 der 28 Staaten sowie das Europäische Parlament schon ratifiziert.“

 

Auch wenn die Regierung nach dem Referendum nun die Ratifizierung nicht vorantreiben kann: Zunächst einmal wird das Abkommen - und jetzt kommt es -, zunächst wird das Abkommen provisorisch angewandt. Das heißt, sie machen es! Sie machen es entgegen dem rechtlich einwandfreien Einspruch der Niederländer.

 

„Die Einigung ist da, nur die Ratifizierung nicht.“, lautet die Formel, mit der die Kommission deutlich machen will, dass das Nein der Niederländer letztlich keine Bedeutung für das Abkommen haben muss. Um die Anwendung des Abkommens auszusetzen, bedürfe es im Gegenteil sogar wiederum eines einstimmigen Votums der Mitgliedstaaten, heißt es dort in einer sehr seltsamen Rechtsauslegung.

 

Das heißt: Auch wenn wir dagegen sind, der Kanzler aber nicht entsprechend auf den Tisch haut und sagt, wenn ihr das tut, dann werden wir in Zukunft andere Vorhaben blockieren, dann ist es möglich, auch gegen Österreich, gegen die Bevölkerung, gegen uns alle, dieses Abkommen de facto in Betrieb zu setzen und auf ewige Zeiten laufen zu lassen. Es gibt nämlich auch keine zeitliche Beschränkung, meine Damen und Herren von der SPÖ! Bitten rufen Sie sich das in Erinnerung, und halten Sie sich das vor Augen! Das ist die allergrößte Gefahr in der ganzen Situation, die bisher in Österreich leider noch viel zu wenig erkannt wurde.

 

Man bekommt eine Gänsehaut, wenn man so etwas liest! Die Brüsseler Machthaber scheren sich den Teufel um Vertragstexte! Das haben wir ja schon in anderen Bereichen bemerkt. Aber wenn so offen über Volksentscheide drübergefahren wird, dann sollte man eigentlich verstehen, warum wir Freiheitliche massive Bedenken gegen diese Union der Trickser und Schwindler haben! - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Duzdar. Ich erteile es ihr.

 

13.01.22

GRin Mag. Muna Duzdar (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit der Mitteilung unserer Stadträtin heute die Möglichkeit geboten bekommen, über die Auswirkungen und Folgen von CETA auf die öffentliche Daseinsvorsorge diskutieren zu können. - Es gibt einige Punkte, die hier von Seiten der NEOS und der ÖVP erwähnt wurden, die so für mich eigentlich nicht nachvollziehbar sind. Sie haben nämlich gesagt, wir wären generell gegen Freihandel, und das kann ich so nicht im Raum stehen lassen: Wir sind nicht gegen Freihandel oder freien Handel, sondern wir sind gegen dieses Freihandelsabkommen, und da besteht doch ein ganz wesentlicher Unterschied, denn dieses Freihandelsabkommen geht weit über das hinaus, was wir bisher an Abkommen immer gewohnt waren.

 

Wenn heute die Rede davon war, dass wir da so nationalistisch wären oder uns in die Gruppe der Nationalisten und Protektionisten einreihen würden, so ist das nicht richtig! Und wenn gesagt wird, dass dieses Freihandelsabkommen das Wirtschaftswachstum fördert und die Lage in Afrika begünstigt, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass die Situation eher gegenteilig ist. Es war eigentlich nie so, wenn ein Freihandelsabkommen mit Ländern der Dritten Welt geschlossen wurde, dass diese dadurch begünstigt wurden, sondern ganz im Gegenteil: Man hat nicht die europäischen Märkte für Produkte aus Afrika geöffnet, sondern es war eher umgekehrt, dass man nämlich die lokale Wirtschaft in den Entwicklungsländern damit zunichte gemacht hat. - Ich meine, es ist ganz wichtig, das hier zu erwähnen.

 

Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir hier im Wiener Gemeinderat über das CETA-Freihandelsabkommen diskutieren und uns damit befassen. Wir haben uns in der Vergangenheit mittlerweile auch schon eine Wiener Position gegeben. Bei der letzten Sitzung des Ausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten wurde die genannten Studie, die von der öffentlichen Gemeinwirtschaft, von der Arbeiterkammer und vom

 

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