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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 107

 

Wasserwirtschaft, und so weiter zu erreichen, und dass sie sich auch weitgehend durchsetzen konnten.

 

Die Wirtschaftslobby hat bereits einen großen Erfolg errungen, denn CETA ist das erste EU-Abkommen, das hinsichtlich der Liberalisierungsverpflichtungen für Dienstleistungen dem Modell der „Negativ-Liste“ folgt. Das wurde schon ausgeführt. Das bedeutet, dass grundsätzliche alle Dienstleistungen liberalisiert werden müssen, wenn nicht explizit eine Ausnahme gemacht wird. - Das ist schon eine verrückte, verkehrte Welt!

 

Jetzt noch kurz zum Thema ArbeitnehmerInnenschutz: Ich habe das erst gestern vernommen, als ich mich tiefer mit der Materie auseinandergesetzt habe. Ich war durchaus positiv überrascht von dem Vorschlag der kanadischen Handelsministerin, die in die Verhandlungen zu CETA eingebracht hat, dass über die Mindestarbeitsnormen der ILO - also der International Labour Organization - hinausgehende Elemente, beispielsweise Mindestlöhne, Überstundenentgelte, ArbeitnehmerInnenschutz oder auch Gleichbehandlung von MigrantInnen in Bezug auf Arbeitsbedingungen, durchaus verbindlich in dieses freie Handelsabkommen mit einbezogen werden sollen hätten. Was aber ist dann geschehen? - In Österreich denkt man ja, die anderen sind schuld daran, aber leider wurde diese Initiative Kanadas durch die EU abgelehnt! Insofern sind auch die Beteuerungen seitens vieler EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission, dass die EU im Rahmen dieser CETA-Verhandlungen die höchsten Standards anstrebt, leider aus unserer Sicht nicht ganz ernst zu nehmen!

 

Nun noch eine Bemerkung zum Thema ArbeitnehmerInneninteressen: Wir sozialdemokratischen Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen haben, was Vergaben betrifft, sehr stark für das Bestbieterprinzip anstatt des Billigstbieterprinzips gekämpft, und es gibt auch viele namhafte Experten, die sagen, dass einfach offen ist, inwieweit dann, wenn dieses Abkommen in Kraft tritt, soziale Kriterien überhaupt noch zulässig wären. Und es ist offen, ob dann die Resultate all unserer Initiativen und Bestrebungen, Frauenförderungsmaßnahmen, ArbeitnehmerInnenschutz, et cetera bei den Ausschreibungen zu berücksichtigen, weiterhin zulässig wären.

 

Nun noch einige Bemerkungen zu Kollegen Wiederkehr: Sie haben gesagt, dass vieles, was unsere StRin Brauner gesagt hat, so nicht stimmt und falsch sei, weil die Europäische Kommission das anders gesagt habe. - Dazu muss ich schon etwas anmerken und bringe nur ein Beispiel: Die Europäische Kommission behauptet, der Spielraum Österreichs und anderer Mitgliedstaaten im Bereich der Daseinsvorsorge sei durch CETA völlig unberührt. Das sagt die Europäische Kommission. - Dazu muss ich Ihnen schon sagen: Alle Experten, die es gibt, beziehungsweise mache ich eine Ausnahme: außer den Experten, die von Wirtschaftslobbys finanziert werden, sagen das komplette Gegenteil. Somit sind diesbezügliche Aussagen der Europäischen Kommission durchaus in Zweifel zu ziehen! - Das ist nur eine kleine Anmerkung.

 

Und noch eine Anmerkung zu Ihnen, Herr Abg. Wiederkehr, zum Thema Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren, was der komplizierte Ausdruck ist, beziehungsweise zum Schiedsgerichtsverfahren, wie auch immer: Sie sagen, dass sich da eh einiges verbessert hat: Es gibt jetzt nämlich einen Instanzenzug. - Dazu sage ich wow! Also ehrlich! Außerdem haben Sie gesagt, dass es da jetzt richtige Richter gibt. - Auch dazu sage ich wow! Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, was ich sonst dazu sagen soll! (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ganz einfach nur: Wow!) Ja! Wirklich nur: Wow!

 

Ich denke mir: Da wird eine Paralleljustiz geschaffen. Ich glaube, wir haben uns allesamt, egal, wo wir uns engagieren, immer für die Rechtsstaatlichkeit und für freie Gerichte eingesetzt, und ich hoffe, es geht uns vor allem zumindest mehrheitlich darum, dass wir Gesetze und Gerichte vor allem deswegen brauchen, um die Schwachen in einer Gesellschaft zu schützen und nicht die Starken. Das ist sozusagen auch das Wesen der Rechtsstaatlichkeit. - Auch das war jetzt nur eine Anmerkung.

 

Nun auch noch ein Wort zu GR Blümel von der ÖVP: Sie haben erwähnt, dass die Angelegenheiten CETA und TTIP quasi durchaus sorgsam verhandelt werden sollen. - Aber das ist ja momentan das Problem bei diesem Thema, dass die Europäische Kommission und viele, viele andere aktuell wirklich alles daran setzen, dieses Abkommen durchzuboxen, und dagegen müssen wir uns einfach wehren!

 

Abschließend noch: Aus unserer Sicht darf es keine privilegierenden Investitionsschutzbestimmungen geben. Wir fordern ganz dringend einen Verzicht auf diese Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren. Und vor allem brauchen wir eine umfassende Sicherung der Handlungsspielräume der öffentlichen Hand zum Erhalt und auch zum Ausbau der Daseinsvorsorge. Deshalb sagen wir ganz eindeutig Nein zu den vorliegenden Paketen betreffend CETA und TTIP, und zwar im Interesse der Wiener und der Wienerinnen, aber auch im Interesse der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer und KonsumentInnen aller betroffenen Länder. - Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

 

13.39.00Es wurden einige Anträge eingebracht, zu deren Abstimmung wir jetzt kommen.

 

Zunächst komme ich zum Beschlussantrag der Gemeinderäte der FPÖ Nepp, Guggenbichler, Ebinger, Jung betreffend Volksabstimmung zu CETA. Es wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer für diesen Antrag ist, den darf ich um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Das sind die Stimmen der FPÖ gegen ÖVP, NEOS, SPÖ und Grüne und hat somit nicht die erforderliche Mehrheit.

 

Der nächste Antrag ist der Beschlussantrag der FPÖ-Gemeinderäte Nepp, Guggenbichler, Ebinger, Jung betreffend Volksabstimmung zu TTIP. Auch diesfalls wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer für diesen Antrag ist, den darf ich um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Das ist mit Stimmen der FPÖ gegen die

 

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