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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 121

 

bezeichnet wurde - aus dem Ruder Laufen der Budgetzahlen. Vielmehr wird das Budget, das wir hier im Wiener Gemeinderat beschließen, immer sehr penibel eingehalten. Dieses Budget schafft auch stets Möglichkeiten, auf Herausforderungen - die Flüchtlingskrise ist angesprochen worden - entsprechend zu reagieren, und zwar auch in Bereichen, für die wir in dieser Stadt gar nicht zuständig sind. Aber es ist auch wichtig und notwendig für eine Stadt, entsprechende Spielräume zu haben, um auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können.

 

Deshalb ist es auch notwendig, immer wieder - und das ist ja nicht wirklich neu - die Strukturen zu überdenken und auch darüber nachzudenken, wie wir Strukturen verbessern können und wie wir Verfahrensabläufe in der Stadt im Interesse der Wirtschaft und im Interesse der Wienerinnen und Wiener effizienter gestalten können. Dabei handelt es sich nicht um eine Notsituation, sondern man nimmt diese Herausforderung quasi als Selbstverständlichkeit immer wieder an. Wir haben das in der Vergangenheit mit einer Vielzahl von Maßnahmen getan, und wir tun das selbstverständlich auch heute.

 

Das macht mich zuversichtlich, dass wir die großen Herausforderungen, die auf einen städtischen Bereich zukommen, auch in Zukunft in gewohnter hervorragender Manier bewältigen können und dass wir die inhaltlichen Schwerpunkte im Hinblick auf Bildung, Qualifikation, Gesundheit und Sozialwesen auch weiterhin sicherstellen können. Dieser Rechnungsabschluss zeigt das eindrucksvoll, und deswegen nehmen wir diesen zustimmend zur Kenntnis. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Die selbstgewählte Redezeit von 20 Minuten wurde nicht erreicht, es waren jetzt nur 18 Minuten. Damit erhöht sich die Restredezeit der Fraktion. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Ornig. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten.

 

11.06.36

GR Markus Ornig, MBA (NEOS)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

„Überschaubar“: So nennen Sie, Frau Stadträtin, die Neuverschuldung in Höhe von einer halben Milliarde Euro. Das nennen Sie „überschaubar“! Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich diese Ihre Aussage das erste Mal gelesen habe! „Überschaubar“ ist daran nämlich nur eines, und zwar der Zeithorizont, bis Wien pleite ist! Und das dauert nicht mehr lange, wenn Sie so weitermachen wie bisher!

 

Kurz ein paar Fakten, denn diese wurden ja schon vorhin eingefordert: 1,4 Milliarden EUR betrug die Verschuldung der Stadt Wien im Jahr 2007, als Sie die Verantwortung für die Finanzen übernommen haben. 5,4 Milliarden EUR beträgt diese beim Rechnungsabschluss 2015. Das sind 4 Milliarden EUR neue Schulden in 8 Jahren, und das nennen Sie überschaubar!

 

Die versteckten Schulden der Betriebe wie zum Beispiel der Stadtwerke, des KAV oder von Wiener Wohnen sind dabei aber noch nicht einmal eingerechnet! Rechnet man diese dazu, dann kommen wir laut unseren Berechnungen - denn es gibt ja keine offiziellen Zahlen - auf 11,5 Milliarden EUR.

 

Bitte kommen Sie mir jetzt aber nicht wieder damit, dass Wien sich aus der Krise herausinvestieren musste! Wir alle können das nicht mehr hören! Es hat sich nämlich mittlerweile klar herausgestellt, dass das, selbst wenn das tatsächlich Ihre Intention gewesen wäre, nicht funktioniert hat. Im Gegenteil! Sie investieren Wien in eine neue Krise hinein, nämlich in eine Schuldenkrise. Wien ist Schlusslicht unter den Bundesländern. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit, den geringsten Anstieg des Bruttoregionalprodukts und das nach Kärnten zweitniedrigste freie verfügbare Einkommen pro Haushalt. Wien ist also ganz klar auf dem absteigenden Ast.

 

Aber ich kann Ihnen sagen, warum das fröhliche Schuldenmachen nicht funktioniert: Die Wirtschaft kurbelt man nicht an, indem die öffentliche Hand mehr Schulden aufnimmt und neue Aufträge an parteinahe Unternehmungen und Freunderln vergibt, sondern einzig und allein durch verantwortungsvolle Finanzpolitik, echte Entlastungen, faire Vergaben und Transparenz. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

 

Aber an Entlastung denken Sie erst gar nicht! Sie haben ja medial schon angekündigt, dass Sie sogar an neue Belastungen denken, um das von Ihnen verbockte Budget zu sanieren.

 

Wien hat aber kein Einnahmenproblem, sondern ganz klar ein Ausgabenproblem! Im langfristigen Mittel steigen die Nettoausgaben um 340 Millionen EUR pro Jahr, während die Nettoeinnahmen nur um durchschnittlich 277 Millionen pro Jahr zunehmen. Frau Brauner! Man muss die Arithmetik nur in Grundzügen beherrschen, um zu wissen: Das geht sich nicht aus! Dennoch werden Sie nach Ihrer Amtszeit wahrscheinlich sogar mit einer fixen mathematischen Größe in Lehrbüchern verewigt werden, und zwar mit der sogenannten „Brauner-Konstante“! Interessanterweise sind nämlich Ihre alljährlichen Fehleinschätzungen tatsächlich bemerkenswert konstant.

 

Frau Stadträtin! Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel: Sie präsentieren der Öffentlichkeit ein Budget nach dem Prinzip Hoffnung, und dann wird über das ganze Jahr hinweg Geld mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen.

 

Wenn man sich den Rechnungsabschluss im Detail durchliest, kommt man auf unzählige Posten, die nicht budgetiert waren. Und dabei handelt es sich nicht etwa um vorhersehbare Notfälle, sondern um langfristig planbare Ausgaben. Oder haben Sie zum Beispiel erst kürzlich davon erfahren, dass in Wien ein neues Fußballstadion gebaut wird, das von der Stadt Wien gefördert wird? Ich habe es schon länger gewusst!

 

Wäre der Voranschlag für 2015 abgabenseitig strikt vollzogen worden, dann würden wir heute beim Rechnungsabschluss von einem Plus von 40 Millionen EUR sprechen. Wir könnten von einem Plus von 40 Millionen EUR sprechen, wenn man alles strikt vollzogen hätte, und nicht von einem Minus von einer halben Milliarde.

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, dass es so nicht weitergehen

 

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