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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 104 von 121

 

führen, die Abstimmung über den Rechnungsabschluss der Bundeshauptstadt Wien und den Jahresabschluss der Unternehmung Stadt Wien - Wiener Wohnen jedoch getrennt vorzunehmen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall. Darum darf ich ersuchen, so vorzugehen.

 

Dann kommen wir zu den Rednern. Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Dr. Gara. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten. - Ich erteile das Wort.

 

20.15.42

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen.

 

Ich möchte heute ein paar Aspekte aus der Geschäftsgruppe Wohnen und Wohnbau beleuchten.

 

Erstens: Die MA 69 - Immobilienmanagement hat sich, wie man in den letzten Jahren gesehen hat, ganz gut als veritable Cashcow entwickelt, denn die Einnahmen aus den Grundstückstransaktionen übersteigen jedes Jahr die Ausgaben um fast 40 Millionen. Trotzdem handelt es sich - das muss man dazusagen - hiebei natürlich in einer gewissen Form um den Verkauf des Familiensilbers. Grundstücksflächen sind nämlich nicht vermehrbar, und aus unserer Sicht wäre die Vergabe von Baurechten insgesamt eine auch volkswirtschaftlich betrachtet weitaus bessere Lösung. Das führt langfristig zu höheren Erträgen, und dadurch werden auch - und ich glaube, auch das ist ein ganz wesentlicher Aspekt - die entsprechenden Baukosten gesenkt.

 

Ich möchte hier wieder einen Vergleich mit einer anderen Stadt, mit einer sehr liberalen, offenen Stadt, nämlich mit Amsterdam ziehen. Die Stadt Amsterdam bekennt sich mit ihren Land Lease Contracts seit 150 bis 200 Jahren zu dieser Form der Grundstücksbewirtschaftung. So werden Baurechte vergeben. Amsterdam hat fast 200.000 solcher Land Lease Contracts. 80 Prozent der Grundstücke innerhalb der Stadtgrenze sind damit nach wie vor im Eigentum der Stadt. - Ich halte das für eine durchaus sehr vernünftige Form.

 

Ich möchte jetzt noch ein anderes Beispiel auch aus Amsterdam anführen, wie man letztendlich günstigen Wohnbau erzielen kann, und zwar mit sehr innovativen Self-Build-Projekten: Das heißt, man kann sein Haus selbst bauen. Die Stadt gibt Parzellen von 150 bis 200 m² her, auf dieser Parzelle kann man sein Haus selber bauen, und zwar ohne irgendwelche Auflagen im Zusammenhang mit Bauordnungen. Die einzige Auflage, die es dafür gibt, sind hohe Energieeffizienzstandards auch im Sinne der Low-Carbon-Strategie Amsterdams. - Ich halte das für einen durchaus sehr innovativen Ansatz, weil man somit durchaus Möglichkeiten hat, Eigentum in einer sehr günstigen Form zu schaffen, und weil sehr individuelle, sehr kreative Bauprojekte entstehen. Daher besteht aber auch die Notwendigkeit, mehr in Richtung der Baurechte zu gehen.

 

Ein zweiter Aspekt, den ich hier betrachten möchte, steht im Zusammenhang mit der MA 50 - Wohnbauförderung. Diese Magistratsabteilung hat rechnerisch gesehen auch sehr positiv abgeschlossen. Der Grund dafür: Im Rechnungsjahr 2015 sind rund 90 Millionen budgetierter Wohnbaufördermittel im Bereich Neubau und Sanierung nicht abgeholt und zirka 30 Millionen Darlehen frühzeitig ungeplant zurückbezahlt worden. Rücklagen wurden nicht gebildet, und es ist nicht ganz klar, wo die überschüssigen Gelder sind, ob sie sich im Globalbudget wiederfinden. Letztendlich sind sie da, aber offensichtlich nicht mehr zweckgebunden. Das halte ich für problematisch, denn Wohnbaufördermittel müssen zweckgebunden bleiben.

 

Hauptgrund für diese schwache Entwicklung ist klarerweise die Entwicklung auf dem Kapitalmarkt: Bei der derzeitigen Zinssituation ist es nicht sehr attraktiv, Wohnbaufördermittel auch entsprechend anzunehmen. Und natürlich funktioniert es auch dort nicht, wo die Grundstückspreise zu hoch sind. Das hat wiederum damit zu tun, dass gerade das Thema der Grundstücksbewirtschaftungen ganz wesentlich ist, um auch die Baukosten entsprechend zu reduzieren.

 

Langfristig wird man sich, weil das Zinsniveau ja nicht dramatisch steigen wird, die Frage stellen, ob dieses Modell der Wohnbauförderung unter den bestehenden Rahmenbedingungen nicht zu kippen droht. So rechnet auch der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen mit einem deutlichen Rückgang der geförderten Neubauleistung in den Jahren 2016 und 2017 auf nur mehr zirka 3.300 Wohnungen. Im Vorjahr waren es nach Aussagen des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen noch 6.400 Wohnungen.

 

Wir wissen, dass in Anbetracht des Wachstumsdrucks in Wien in Summe eigentlich zu wenig gebaut wird. Für die 180.000 WienerInnen, die bis 2020 dazukommen, müssten wir eigentlich deutlich mehr Wohnbauten zur Verfügung stellen, denn so geht sich fast nicht einmal der Rückstau der letzten Jahre entsprechend aus.

 

Ich möchte jetzt aber zum Jahresabschlussbericht von Wiener Wohnen kommen. Dazu möchte ich sagen, ich begrüße ausdrücklich, dass hier offensichtlich einmal sehr viele Restrukturierungsmaßnahmen angegangen wurden. Ich denke, hier werden die richtigen Schritte gesetzt. Das ist auch aus der Bilanz abzulesen, die einen positiven Abschluss ausweist. Es gibt auch, wie jeweils betont wurde, qualitätssichernde Maßnahmen. Die Strukturen werden schlanker.

 

Einiges in dieser Richtung wurde auch entsprechend hinterfragt. Es gibt positive Aspekte, der Wirtschaftsprüfer Consultatio hat auch einen positiven Prüfbescheid abgegeben. Ich erkläre jetzt allerdings noch einmal, was ich heute bereits in der Debatte zur Gesundheit ausgeführt habe: Wir können ja eine tatsächliche Überprüfung nicht durchführen, sondern wir können uns quasi nur auf das Prüfergebnis einer Wirtschaftsprüfung beziehen. Wir können also de facto einen solchen Bericht nur zur Kenntnis nehmen, und das hat natürlich auch eine politische Aussage. Das heißt, wir sind in den Ausschüssen bei diesen Fragen auch immer davon ausgegangen, dass es sich eigentlich um die Kenntnisnahme eines formalen Berichtes handelt.

 

Wir werden daher sicherlich keine komplette politische Zustimmung geben, denn das wäre das falsche Signal. Deshalb werden wir dem Jahresabschluss in der

 

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