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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 98

 

Bevor wir nun zur Aktuellen Stunde kommen, darf ich noch bekannt geben, dass Herr GR Amhof ab 13.30 Uhr entschuldigt ist und Herr GR Kops seit 10.15 Uhr für eine Stunde entschuldigt ist.

 

10.25.15Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Stadträtin Wehsely sorgt für Infarkt im städtischem Gesundheitswesen: Wien muss reanimiert werden!“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte die Erstrednerin, Frau GRin Korosec, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte schön.

 

10.26.16

GRin Ingrid Korosec (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Stadträtin, Sie sorgen für den Infarkt im städtischem Gesundheitswesen. Dieses Thema der heutigen Aktuellen Stunde haben wir nicht aus Jux und Tollerei gewählt. Nein, es geht um die Sorge, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, denn für den Gesundheitsbereich gilt: Der Patient muss im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen. Sie aber, Frau Stadträtin, sind drauf und dran, das wirklich bewährte System, das Gesundheitssystem in Wien, was ja auf höchstem Niveau war, zu zerstören, und das mutwillig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie haben sich ganz weit weg von den höchstqualifizierten Ärzten, Pflegekräften und weiterem Pflegepersonal im Gesundheitsbereich entfernt. Und Sie haben sich noch weiter von den Interessen der Patienten entfernt. Ein Schreiben eines jungen Arztes, das ich vor einigen Tagen bekommen habe, er schreibt: „Ich schicke Ihnen diesen Brief anonym“ - das soll ja auch der Herr Bürgermeister hören - „und zwar deshalb, weil ich Angst habe, dass sonst meine Anstellung nicht mehr weiter verlängert wird.“ Er endet dann damit: „Wir jungen Ärzte werden bei den Besprechungen immer wieder kritisiert, weil wir Patienten in der Nacht und am Wochenende in der Ambulanz nicht einfach wegschicken, sondern behandeln. Wir sind Ärzte und wir wollen kranken Menschen helfen. Ich hoffe, Frau Abgeordnete, Sie können etwas tun, auch wenn ich Ihnen anonym schreibe.“

 

Oder wenn ich an den Primar Harald Rosen denke, der sich 15 Monate nach seiner Bestellung zum Primar im Krankenhaus Floridsdorf bereits wieder mit der Begründung verabschiedet: Wenn zeitweilig nur noch 1 Arzt bei 100 Patienten zur Verfügung steht, ist damit eine Gefährdung der Patienten nicht mehr auszuschließen. Immerhin wäre Rosen ja für das Primariat im Krankenhaus Nord vorgesehen. Und er sagt, für seinen Schritt sieht er als verantwortungsvoller Arzt aber keine andere Möglichkeit, als sich zu verabschieden. Frau Stadträtin, das sind wirkliche Hilferufe!

 

Kommen wir jetzt zu einigen Beispielen, nur zu einigen, weil die Zeit läuft ja schon wieder. Die Umsetzung der Ärztearbeitszeit wurde in Wien zehn Jahre verschlafen. Seit 2004 hatten Sie Zeit für die Reform! Erst 2015, sozusagen im letzten Moment, wurden die notwendigen Schritte begonnen. Die Folge, wir haben es alle erlebt: Streikende Ärzte auf den Straßen, längere Wartezeiten für Patienten, verschobene Ambulanz- und OP-Termine, verärgerte Pflegekräfte, auf die man im KAV überhaupt immer vergisst. Die Gehaltsreform der Pflegekräfte ist noch immer nicht umgesetzt.

 

Und, Frau Stadträtin, wenn Sie das dann immer schönreden - in acht Bundesländern hat das funktioniert! Natürlich auch mit gewissen Schwierigkeiten, aber im Großen und Ganzen ist es gelungen, nur in Wien nicht. Da sieht man, die Kommunikation ist nicht sehr ausgeprägt. Kommunikation ist aber gerade in dem Bereich sehr wichtig.

 

Jetzt kommen wir zum Krankenhaus Nord. Die Kosten explodieren. Fertigstellung vor 2019 sicher nicht, die Kosten 1,3 bis 1,5 Milliarden, geplant war 2014/2015. Und das Krankenhaus Nord, das muss man sich nämlich schon auf der Zunge zergehen lassen, hat 785 Betten und 1 Bett wird, wenn es fertig ist, zirka 2 Millionen EUR kosten. Jetzt sage ich Ihnen einen Vergleich: Krankenhaus Klagenfurt, ungefähr gleiche Größe, ein Bett für 522.000. Und wenn wir nach Deutschland schauen, im Klinikum in Baden-Württemberg 351.000. Das heißt, im Krankenhaus Nord kostet das Bett vier Mal so viel wie in Klagenfurt und mehr als fünf Mal so viel wie in Baden-Württemberg. Also das sind unglaubliche Missstände, und das ist Geldvernichtung, Frau Stadträtin! (Beifall bei der ÖVP.) Das wird aber immer wieder von Ihnen schöngeredet!

 

Auch zum Beispiel die Auflassung der Augenabteilungen in den KAV-Spitälern verunsichert die Patienten enorm. Im 22. Bezirk gibt es bereits 12.000 Unterschriften, die gegen dieses Vorhaben sind. Jetzt frage ich, Frau Stadträtin: Wie wird hier kommuniziert? Die Menschen kommen zu uns. Von Ihnen hört man nichts. Also das heißt, auch die Kommunikation fehlt bei Ihnen total. Es gibt seit Jahren immer weniger Kassenärzte in Wien. Das ist kein Wunder, völlig falsches Honorarsystem. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Nicht zuständig!) Und sagen Sie jetzt nicht - Sie lachen und sagen: „Ich bin ja nicht zuständig.“ Natürlich, Sie sind … (Zwischenruf von Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely.) Sie sind verantwortlich für das Gesundheitswesen in Wien, und da haben Sie sich eben darum zu kümmern, dass die Ärztekammer und die Wiener Gebietskrankenkassa zu Lösungen kommen! (Beifall bei der ÖVP)

 

Dass die orthopädischen Operationstermine dem Sparwahn des KAV zum Opfer fallen, ist ja auch grotesk. Also ich meine, wenn im Otto-Wagner-Spital 25 Betten wegfallen, wenn man weiß, dass wir gerade orthopädische Operationen auf Grund der demographischen Entwicklung viel mehr brauchen, dann ist das ja auch einfach unglaublich. Was heißt das für Patienten? Noch länger warten, noch mehr Schmerzen ertragen müssen, und das ist skandalös, Frau Stadträtin! Vor drei Tagen, glaube ich, habe ich eine Anfragebeantwortung von Ihnen bekommen. Da haben wir die OP-Zeiten zwischen 2010 und 2015 nachgefragt, wie sie sich verändert haben. Sie haben geschrieben, ich habe gedacht, verkürzt, nein, Sie haben geschrieben: Geringfügig verlängert - statt verkürzen, tun wir verlängern, und die geringfügige

 

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