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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 99

 

Damit komme ich zum nächsten Punkt, der eine ganz wesentliche Rolle spielt, nämlich zum Geld. Start-ups setzen oft einmal ihr privates Geld ein, sie sind aber zu 55 Prozent auf öffentliche Gelder angewiesen, und daher - ich komme am Schluss noch einmal darauf zurück - ist es ganz wichtig, dass die öffentliche Hand Förderungen anbietet. Aber auch private Fremdmittel sind bei Start-ups von großer Bedeutung, und in diesem Zusammenhang haben Studien gezeigt, dass bei gleicher Präsentation und bei gleichen Inhalten Fördergeber eher Männern Geld geben. Wenn aber Frauen Frauen Geld geben, dann ist die Förderquote gleich hoch. - Hier gibt es also auch im Zugang wirklich einen großen Gendergap im Hinblick auf die Fragen, wer wem was zutraut, wer Geld hat und wem man Geld gibt.

 

Wien hat eine gute Tradition, auf Frauen zu schauen. Wien ist eine Stadt der Frauen, Wien soll auch Stadt der Unternehmerinnen und der Start-up-Gründerinnen werden. Wir bieten hervorragende Rahmenbedingungen, und ein ganz wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist die Versorgung mit öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen. Ein weiterer sehr wesentlicher Punkt sind die öffentlichen Verkehrsmittel: Viele Büros für Start-ups liegen sehr günstig, und das ist eine hervorragende Voraussetzung.

 

Gleichzeitig haben wir auch top-gebildete Frauen. Wir arbeiten am Abbau der Geschlechtsrollenstereotype, wir unterstützen Frauen, die in nicht traditionellen Bereichen Fuß fassen wollen und holen sie vor den Vorhang. Vorbildwirkung ist ganz wesentlich in diesem Bereich, um Frauen zu motivieren, denn es liegt ja nicht daran, dass Frauen weniger mutig, weniger cool oder weniger kreativ sind, sondern, wie gesagt, an zahlreichen anderen Faktoren.

 

Ich denke, wir bieten neben diesen günstigen Rahmenbedingungen und der gesellschaftspolitischen Arbeit für Frauen auch eine sehr gute Unterstützungsstruktur innerhalb der Wirtschaftsagentur. Wir haben hier das Frauenservice, wir haben den Call FemPower ins Leben gerufen, Gender Mainstreaming wird angewendet, und mit der Ausrichtung der Fördereinrichtungen in Richtung Kreative und in Richtung Dienstleistungen bieten wir Unterstützung genau in den Bereichen an, die Frauen bevorzugen.

 

Insgesamt sind also die Voraussetzung gut, um Wien zu einer Start-up-City für Frauen zu machen. Ich bin diesbezüglich zuversichtlich! Trotzdem haben wir noch einiges vor, und ich freue mich, wenn wir in ein paar Jahren wirklich schauen können, was hier weitergegangen ist. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Baron. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.50.39

GR Karl Baron (FPÖ)|: Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

KMU tragen die Hauptlast und sind das Rückgrat der Wirtschaft. 99 Prozent der Unternehmen sind KMU. Aber eine Kuh, die man täglich melkt, muss man auch pflegen, und wenn man beginnt, beim Futter zu sparen und weniger Heu zu verfüttern, dann muss man damit rechnen, dass zeitversetzt früher oder später weniger Milch rauskommt. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich wage zu bezweifeln, dass die Strategie von Kollegin Mag. Straubinger aufgeht: Mehr KMUs bringen mehr Steuern, je mehr AMS-Empfänger man zu Kleinunternehmern macht, desto weniger Arbeitslose bleiben letztlich übrig. - Ich traue mich nicht, diese Strategie zu unterschreiben! Das ist ein cooles Konzept, aber ich glaube nicht, dass es aufgehen wird! Das Problem, das ich sehe, ist, dass Wien kein Problem mit Start-ups, sondern ein Problem mit „close downs“ hat. Es gibt immer mehr Betriebe, die öffnen, nach wenigen Jahren wieder schließen, in Konkurs gehen oder wieder weggehen und mehr Schaden verursachen, als die ganzen Fördermittel zur Betriebsgründung eigentlich einbringen sollen hätten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Was es in Zukunft braucht - und da ist jetzt die Wirtschaftskammer angesprochen - ist eine Art Unternehmerführerschein, eine Grundausbildung für Unternehmer, bevor sie überhaupt die Berechtigung bekommen, ein Unternehmen zu gründen. - Wenn zum Beispiel Menschen, die aus schlechter Bildung kommen, ein Arbeitsverhältnis eingehen, bei dem sie nie selbst Steuern zahlen müssen, weil ihnen das System alles abnimmt, dann wird eben alles auf dem Lohnzettel abgezogen, und am Ende gibt es nur ein Nettogehalt. Er oder sie ist nie damit konfrontiert, Steuermittel abführen zu müssen.

 

Wenn man dann aber plötzlich Unternehmer ist und quasi ins kalte Wasser gestoßen wird, dann steht man jeden Tag vor neuen Herausforderungen: Am 15. müssen die Mehrwertsteuer und gleichzeitig die Beiträge an die Krankenkasse abgeführt werden, Urlaubsgeld beziehungsweise 14 Gehälter müssen ausbezahlt werden, man ist permanent mit Krankenständen konfrontiert, und damit ist man dann in der Realität angekommen, und das überleben halt viele nur wenige Jahre.

 

Der nächste Fehler: Die Leute haben falsche Vorstellungen. Sie gehen davon aus, dass sie, wenn sie Unternehmer werden, im Paradies angekommen sind. - Das ist aber nicht das Paradies, glauben Sie mir! Das ist eher vergleichbar mit einem Löwenkäfig!

 

Wenn man an die Rahmenbedingungen denkt, mit denen man in Wien konfrontiert ist, dann weiß man: Das ist alles andere als wirtschaftsfreundlich! Wir haben im internationalen Vergleich mehr Feiertage. Das ist ganz einfach so. Wir sind dabei fast Europameister!

 

Wir haben zu viele Lohnnebenkosten. Das ist ein Wahnsinn, das ist nahezu das 2,5-Fache! Die Leute verdienen wenig, der Unternehmer muss aber hohe Löhne zahlen. Dazwischen geht alles auf in irgendwelchen Subventionen und Förderungen, beziehungsweise wo immer auch das Geld versickert, aber es ist auf jeden Fall nicht dort, wo es gebraucht wird.

 

Außerdem muss noch etwas angesprochen werden, was, wie ich zugebe, ein heißes Eisen ist, nämlich der übertriebene Kündigungsschutz für Lehrlinge. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Boah!) Ja, boah! (GR Mag. Rüdiger Maresch: Heute lassen Sie es wieder krachen!)

 

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