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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 99

 

Fall auf uns zurollt. Davon gehe ich stark aus. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Der Ausgangspunkt war auch ein Fall!)

 

Ja, und wenn der SPÖ-Klubobmann aus Döbling ausschickt, die Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ und NEOS wären gegen diese Flächenwidmung in Neustift, und gleichzeitig sagt, wir bedienen nur die Interessen der Superreichen dort, dann frage ich mich schon, ob er sich überhaupt mit der ganzen Thematik und mit den Anliegen der wirklich ansässigen Bevölkerung und der ansässigen Betriebe, die keinesfalls Superreiche sind, sondern sich teilweise um ihre wirtschaftliche Existenz und ihr Überleben bemühen, auch wirklich auseinandergesetzt hat. (Beifall bei den NEOS.)

 

Aber jetzt zurück: Wie kommt es eigentlich so weit zu den wiederkehrenden Projekten, die zu diesen Frustrationen und Konfrontationen führen? Auch wenn sich die Stadt immer wieder zu Beteiligungsverfahren bereit erklärt, gibt es doch keinen verbindlichen Rahmen, wer einzubinden ist, wann eine Beteiligung zu erfolgen hat und was im Rahmen einer Beteiligung zur Disposition steht. Stattdessen erfahren die Bürger über öffentliche Vorhaben oft aus der Zeitung, fühlen sich dann völlig zu Recht auch vor den Kopf gestoßen und gehen auf die Barrikaden.

 

Dass die Stadtregierung dieses Problem auch anerkannt hat, möchte ich ihr jetzt gar nicht absprechen. Aber schließlich begann der Lebensweg dieses Masterplans Partizipation ja schon vor über drei Jahren, als er bei einer externen Firma in Auftrag gegeben wurde. Nach der öffentlichen Präsentation in der Urania vor fast zwei Jahren ist da in der Öffentlichkeit einmal nichts mehr passiert.

 

Jetzt hat man nach Jahren des zähen Ringens anscheinend einen lauen Kompromiss hervorgebracht, der heute beschlossen werden soll, der aber die Grundprobleme der Partizipation hier nicht lösen wird. Denn wie der STEP 2025 selbst und auch die von Rot-Grün produzierten Fachkonzepte bleibt auch der Masterplan Partizipation möglichst unverbindlich. Er ist ein Leitfaden für die Arbeit des Planungsressorts, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt weder einen im Zweifel einklagbaren Rechtsanspruch noch ein Bekenntnis zu partizipativer Demokratie in der Stadtverfassung.

 

Es ist sehr schön und gut, wenn man jetzt festlegt, wann Beteiligung jedenfalls erfolgt, aber ab diesem Punkt wird der Masterplan sehr schwammig. Es wird nämlich aufgeführt, in welcher Projektphase Beteiligung grundsätzlich erfolgen kann, und eher kursorisch werden einige Beteiligungsformate angeführt. Völlig offen bleibt aber, in welchen Fällen welche Formate anzuwenden sind oder wann und warum es sich um eine reine Information der Bürger handelt, wann sie konsultiert werden und wann ein Projekt wirklich kooperativ gestaltet wird. All diese Fälle bleiben im Ermessen der Politik und somit im Ermessen der Regierungsparteien von Rot-Grün.

 

Neben den Kriterien, wann eine Beteiligung jedenfalls erfolgt, gibt es dann auch noch die Kriterien, wann eine Beteiligung geprüft werden wird. Damit erweist man der Partizipation aber einen Bärendienst. Wenn ich nämlich sage, das sind die Muss-Kriterien und das sind die Kann-Kriterien, dann schließe ich ja a priori alle Vorhaben aus, die nicht unter Kann-Kriterien fallen. Wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass Beteiligung immer geprüft werden kann, wenn sie gewünscht wird und auch sinnvoll erscheint.

 

Im Ergebnis sehen wir jedenfalls, dass es in der Stadtregierung offenbar Akteure gibt, denen Partizipation durchaus ein Anliegen ist, und es andererseits insbesondere Akteure in den Flächenbezirken und künftigen Stadtentwicklungsgebieten gibt, die sich vor Partizipation und vor der Mitsprache der Bürger und Bürgerinnen eher fürchten.

 

Wir haben also das Resultat eines Kompromisses vorliegen, bestenfalls eine Verschriftlichung der bestehenden Arbeitsabläufe im Planungsressort. Ich möchte mich jetzt nicht nur hier herstellen und das kritisieren, was hier vorliegt, sondern es war und ist immer unser Weg, hier auch konstruktive Ideen einzubringen. Deswegen bringe ich heute auch einen Antrag ein, denn unsere Vorstellung ist es, dass es einen echten und verbindlichen Anspruch auf Mitsprache gibt. Wir möchten dem Masterplan Partizipation eine zweite Chance geben und bringen dahin gehend einen Beschlussantrag ein.

 

Jetzt möchte ich noch einen aktuellen Fall, der vor allem heute und gestern in den Medien war, ansprechen. Es geht um das Projekt Heumarkt. Sie hatten sich ja eine Nachdenkpause verordnet, und vor einigen Tagen wurde uns eine Überarbeitung dieses Projekts präsentiert. Wir haben von Anfang an kein Hehl daraus gemacht, dass wir dem sehr positiv gegenüberstehen. Das Areal um den Eislaufverein ist eines, das dringend saniert, generalüberholt und verändert gehört - definitiv!

 

Wir haben auch jetzt zu dieser neuen Überarbeitung, diesem neuen Entwurf unsere positive Haltung eingehend kommentiert, weil wir sehen, dass hier eine Sicherung des Eislaufvereins gewährleistet werden kann, dass wir den öffentlichen Raum dahin gehend attraktiveren, dass wir ihn wirklich extrem aufwerten, und sind hier wirklich absolut positiv gestimmt.

 

Jetzt wissen wir aber, dass ein Entzug des Weltkulturerbes droht und dieses Projekt dann auch plötzlich eine Tragweite bekommt, die rein über diese stadtgestalterische Maßnahme, die ja sehr lokal ist, also über diese sehr lokalen Interessen hinausgeht. Es erscheint uns daher Folgendes notwendig. Ich möchte auch dahin gehend einen Antrag einbringen - Sie kennen ihn schon -, dass, sollte das Weltkulturerbe tatsächlich entzogen werden - droht also die Gefahr, dass dieses weg ist -, wir dann glauben, dass man im Rahmen einer Volksabstimmung eine breite Legitimation aus der Bevölkerung erwirken muss. (Beifall bei den NEOS.)

 

Es gibt einen ähnlichen Fall in Dresden, den wir uns da herausgesucht haben. Da gab es die Waldschlösschenbrücke, und es war ganz ähnlich: Man hat durch den Bau das Weltkulturerbe gefährdet, das war bewusst - das war der Politik bewusst und den Bürgerinnen und Bürgern bewusst -, und man hat eine Volksabstimmung gemacht, die schlussendlich zum Bau und auch zum Verlust des Weltkulturerbes geführt hat. Aber eben mit dieser Legitimation durch die Bevölkerung!

 

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