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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 99

 

te und vielleicht umfangreichere Form der Möglichkeit, Partizipation in Stadtentwicklungsprozessen einzubauen, gehen kann. Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - GR Mag. Manfred Juraczka: Enthusiasmus der Regierungsparteien!)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Fürnkranz. Ich erteile es ihm.

 

15.34.43

GR Georg Fürnkranz (FPÖ)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause vor dem Livestream!

 

Masterplan Partizipation: Ich muss zugeben, als ich das erste Mal diesen Begriff auf der Tagesordnung gesehen habe, habe ich mich eigentlich gefreut, habe ich mir gedacht, okay, da geschieht einmal etwas, was in Richtung Bürgerbeteiligung geht, was vielleicht endlich mehr Mitbestimmung für die Bürger bei Bauprojekten ermöglichen wird. Daran krankt es im Augenblick ganz massiv, deswegen kann es eigentlich nur gut sein, wenn so etwas vorgelegt wird.

 

Nachdem ich es mir durchgelesen und die Diskussion verfolgt habe, muss ich leider sagen: Dieser Masterplan Partizipation ist alles andere als ein Instrument der ernsthaften Mitbestimmung! Er ist vielmehr der papiergewordene Beschwichtigungshofrat. (Beifall bei der FPÖ und von GR Mag. Manfred Juraczka.)

 

Das hat sich schon bei der Beschlussfassung im Ausschuss gezeigt. Ich muss das jetzt nicht im Detail wiederholen, aber die Vorgänge zeigen es: Genau zu dem Zeitpunkt, wo wir über den Masterplan Partizipation diskutieren und eben über die Art und Weise der Bürgerbeteiligung, wie sie sinnvoll ist und nicht, wird im selben Atemzug ein umstrittenes Bauprojekt beschlossen, das eigentlich als Gegenstand einer Petition - immerhin eines der bestehenden verfassungsmäßigen Mitwirkungsrechte der Bürger - noch nicht erledigt ist. Dass der da durchgepeitscht wird, das war schon ein klares Zeichen, was von diesem Papier zu halten ist.

 

Wenn man dann gleich in den nächsten Fall der Praxis hineingeht: Ein anderes bestehendes verfassungsmäßiges Instrument der Stadtverfassung, um Bürger zu beteiligen, ist die Bürgerversammlung. Da gab es ja zufälligerweise vorgestern eine solche zu einem Bauprojekt, wo die Bürger sich ganz massiv einbringen wollten, nämlich zur Angelegenheit Karlsplatz. Da ist von der Stadtregierung nichts an partizipativen Schritten gekommen, sondern die freiheitlichen und die ÖVP-Bezirksräte im 4. Bezirk mussten ein Verlangen stellen, damit der sozialistische Bezirksvorsteher dann diese Bürgerversammlung einberufen hat.

 

Ich kann nur sagen, der Besuch hat ihnen recht gegeben. Das Interesse der Bevölkerung war sehr groß, und die Meinung war relativ eindeutig, nämlich bis auf einige wenige waren so gut wie alle von dem Projekt Winterthur beziehungsweise Zürich-Haus alles andere als begeistert. Die Diskussion ist dann relativ umfangreich verlaufen, und der Herr Bezirksvorsteher hat gemeint: Ja, er wird die Diskussion weiterführen, und es ist ihm wichtig, alle einzubinden.

 

Gestern schaue ich „Wien heute“, dort wird zusammengefasst: Alles das ist eigentlich völlig wurscht, denn die Würfel sind ohnehin schon gefallen, und die Zustimmung zu diesem Projekt ist nur mehr reine Formsache. Das nennen Sie Partizipation in dieser Stadt? Dass die Bürger erst zu dem Zeitpunkt einbezogen werden, wo ohnehin schon alles entschieden ist? Und dann kommt eben der papierene Beschwichtigungshofrat in Gestalt des Masterplans. Nein, mit uns nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber es ist ja kein Wunder, dass Sie sich vor den Bürgern und ihrer Meinung fürchten. Konkret bei dieser Bürgerversammlung ist es ja einem Mitarbeiter der MA 21, der dort für die Frau Vizebürgermeisterin sozusagen die Kohlen aus dem Feuer holen sollte, herausgerutscht: In Wahrheit geht es Ihnen ja nicht um qualitätsvolle Architektur oder ähnliche Dinge, von denen immer die Rede ist, sondern es geht Ihnen im konkreten Fall darum, dass Ihnen am Karlsplatz die Karlskirche zu dominant ist! Es gefällt Ihnen nicht, dass die größte Barockkirche nördlich der Alpen so schön diesen Platz dominiert, sondern Sie wollen sie in irgendeiner Weise optisch relativieren. Das ist das ideologische Ziel, das Sie verfolgen. Das ist nichts Neues. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Das ist überhaupt nichts Neues, ich kenne die Geschichte seit dem MuseumsQuartier. Damals ist schon argumentiert worden, man muss da unbedingt Türme mitten in die Hofstallungen hineinbauen, um die imperialen Achsen zu brechen, wie es damals geheißen hat. Das heißt, Sie wollen das historische Erbe absichtlich zerstören, weil es an Zeiten erinnert, die für Sie nicht wichtig sind. Das ist der eigentliche Skandal bei der Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Zurück zum Masterplan selbst: Er bezieht sich natürlich nicht nur auf solche prominenten Bauplätze, vielmehr geht es auch um andere Projekte. Aber eines ist auch klar: Dieser Masterplan baut auf einem Grundübel in der Stadtplanung in Wien überhaupt auf, nämlich dem verkehrten Grundsatz, dass hier nicht die Widmung zuerst erfolgt, sondern zuerst der Bauherr ein Projekt hat, und dann hüpft die Stadtplanung hinterher und widmet das, was der Bauherr zuerst mit irgendjemandem ausgepackelt hat.

 

Das ist genau die auf den Kopf gestellte eigentliche Idee einer Stadtplanung, und ich darf in diesem Zusammenhang den prominenten Architekten Gustav Peichl zitieren: „,Hier entwickelt ein Bauherr einen Entwurf, und die Behörde vollzieht die Widmung. Das ist ein Skandal!' Das Gleiche geschehe derzeit auch bei der Aufstockung des Zürich-Gebäudes neben der Karlskirche. Er, Peichl, habe volles Verständnis für die Interessen von Investoren, umgekehrt gelte es jedoch auch, die Interessen der Stadt zu wahren.“

 

Das ist der springende Punkt: Die Stadtplanung sollte nicht dazu da sein, Spekulanten das Geschäft zu erleichtern, sondern sie sollte Kriterien aufstellen, anhand derer dann die Investoren auch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie ein Grundstück kaufen. Denn das ist ja auch ein Akt der Fairness, dass man weiß, dass man ein bestimmtes Projekt dort umsetzen kann oder eben nicht. Aber so geht es nicht, dass man eigentlich nur mit allerlei

 

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