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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 99

 

Stadtregierung hier ein Projekt bewusst verfolgt hat, um das Weltkulturerbe Wien-Innere Stadt an die Wand zu fahren. Und das Empörende war, dass man jene Menschen, die sich hier mit gutem Grund dagegen ausgesprochen haben - wirklich hervorragende Leute, wie man feststellen kann, wenn man die „Presse“, die das über Jahre begleitet hat, liest; und es gibt gute Gründe, so ein Hochhausprojekt, so einen optischen Eingriff in die gewachsene Raumstruktur der Inneren Stadt abzulehnen -, bewusst ignoriert hat. Sie haben sie bewusst ignoriert, bewusst lächerlich gemacht, angefangen vom Herrn Prof. Lipp, der da an den Tisch gelassen wurde, obwohl er faktisch gerade geduldet war. Man hat ihn wissen lassen, es nützt nichts. Und man hat die UNESCO leider damit sicherlich auch provoziert, also ein sehr gutes Vorgehen war das nicht.

 

Ich glaube nur, es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Und die Nachdenkpause wurde nicht genützt, aber sie wurde auch von vornherein nicht genützt für ein neues Projekt, das vielleicht möglich gewesen wäre. Ich sage nicht, dass die Begleiterscheinungen des Projekts abzulehnen sind - die natürlich die UNESCO jetzt milde stimmen sollen, weil man sagt, da ist ja ein städtischer Mehrwert dahinter: großartige Veranstaltungsräume, ein riesiger Event-Platz - über diesen werden sich die Bewohner des 1. und des 3. Bezirks vielleicht nicht so sehr freuen -, die Stadtterrasse, eine Schwimmhalle, eine Eishockeyhalle, alles wunderbar. Der Eislaufverein zum Eislaufen wird ein bisschen kleiner, aber er wird noch 100 Jahre einen Pachtvertrag haben. Das ist alles gut und schön. Nur: Der Preis ist meiner Ansicht nach zu hoch. Und der Preis war bewusst gewünscht, weil man dieses Welterbe als Hemmschuh für Stadtentwicklung empfindet.

 

Ich sage Ihnen zum Schluss noch eines: Hoch bauen allein bedeutet nicht Modernisierung der Stadt und der Architektur. Zürich und Kopenhagen sind Beispiele von Städten, wo man nicht in die Höhe geht (GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Wie viele Einwohner hat Kopenhagen?), und es ist trotzdem möglich, moderne, zeitgemäße Stadträume moderner Architektur zu schaffen. Das sollte man doch einmal auch wissen.

 

Und der öffentliche Mehrwert bei diesem Projekt ist schon auch zu hinterfragen: Wem nützt es mehr? Wer, glauben Sie, wird sich solche Luxuswohnungen leisten können? - Irgendwelche Oligarchen aus Russland, der Ukraine, aus China - die stehen ja vor der Tür. Sie ersetzen hoffentlich die Russen - nicht „ersetzen“, mir sind die Russen sehr willkommen (Heiterkeit bei den GRÜNEN.), aber wir brauchen sie ganz einfach.

 

Aber wer wird sich das leisten? Ein solches Projekt zu planen in einer Zeit, in der es Wohnungsnot gibt, in der es wenig leistbare Wohnungen gibt, das muss ja vom Großteil der Wienerinnen und Wiener, die von so einer Location ja nur schwärmen können, geradezu als Hohn empfunden werden. Ich weiß auch nicht, wie teuer es sein wird, dort Eishockey zu trainieren, oder wie teuer es sein wird, dort in die Sauna und in die Wellness zu gehen. Das muss man sich auch erst leisten können.

 

Also, wie es in „Torquato Tasso“ heißt: „Man merkt die Absicht und ist verstimmt.“ Das trifft auf dieses Projekt eindeutig zu. Man hat Tojner, den Investor, benützt, um hier sozusagen etwas durchzuboxen im Interesse der Stadt Wien, der rot-grünen Stadtregierung, damit man dieses Weltkulturerbe loswird - denn das ist natürlich die logische Folge davon. Und die nächste Folge wird sein, wenn es denn doch zu einer Umwidmung - von Freizeitfläche zu Bauland, und so weiter - kommt, dass Anwälte, die darauf spezialisiert sind, das anfechten werden, dass ein Bürger das anfechten wird, dass es also einen Musterprozess geben wird. Und je nachdem, wie das ausgeht, kann das für die Stadt Wien auch sehr, sehr teuer werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Meinl-Reisinger. Ich erteile ihr das Wort.

 

16.44.28

GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ja, ich habe mich jetzt auch noch zu Wort gemeldet, weil ich doch auch noch auf einiges replizieren möchte, was ich gehört habe, auch wenn meine Kollegin Bettina Emmerling eigentlich schon alles dargelegt hat, was die Sicht meiner Fraktion ist.

 

Herr Kollege Taucher! Sie haben hier in sehr langen Worten über Beteiligung und über das Verhältnis von Beteiligung zu repräsentativer und zu direkter Demokratie gesprochen. Und ja, natürlich ist Beteiligung als Begriff sehr offen. Das ist ja auch ein Grund, warum Sie ganz richtig festhalten, dass es verschiedene Formen der Beteiligung gibt. Diese reichen von reiner Information über Kooperation, Kollaboration bis hin zu echter Mitentscheidung. Und ja, davon zu unterscheiden sind natürlich Elemente direkter Demokratie, wie sie auch in der Wiener Stadtverfassung vorgesehen sind.

 

Jetzt könnte man aber, wenn man der Diskussion heute hier lauscht, auf die Idee kommen, und zwar nicht nur in Bezug auf die Frage der Beteiligung, sondern gerade auch hinsichtlich der Frage der Verwendung von direkt-demokratischen Instrumenten - und ich weise darauf hin, dass die Hürden für direkt-demokratische Instrumente in dieser Stadt unvergleichlich hoch sind, also von Bürgerinnen und Bürgern, die das wollen, eigentlich nicht übersprungen werden können -, dass hier doch eine Stimmungslage vorherrscht, die da lautet: Das ist die Furcht des Politikers vor dem Bürger.

 

Ich glaube, dass Sie das in der heutigen Zeit nicht mehr aushalten werden. Wenn Sie sich hier hinstellen und nur schöne Worte und schöne Schriften auf geduldigem Papier produzieren und sich nicht auch wirklich rauswagen zu den Bürgerinnen und Bürgern und auch kontroversielle Projekte - und ja, solche wird es immer geben, wo es ein Für und ein Wider gibt, wo es Emotionen gibt, wo es verschiedene Ansichten gibt - mit ihnen verhandeln, wenn Sie nicht dort hingehen zu den Bürgerinnen und Bürgern und einzelne Fragen offen und sachlich ausverhandeln, dann werden wir bei vielen Projekten - und darauf habe ich auch schon seit längerer Zeit hingewiesen -, bei den verschiedensten Projekten den Wi

 

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