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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 125

 

Freude an der politischen Debatte, an dem Gestaltungswillen, aber vor allem der Respekt vor der großen Verantwortung. Es war eine andere Verantwortung, aber die war für mich damals mit 26 auch sehr groß. Das ist aber all die Jahre eigentlich gleich geblieben.

 

Wenn ich heute nach zwei Jahrzehnten meinen Abschied aus der Stadtpolitik nehme, dann kann ich eigentlich das Wien von damals sehr gut mit dem Wien von heute vergleichen. Man findet keine andere Millionenstadt in Europa, die in diesen 20 Jahren eine so außergewöhnliche und positive Entwicklung genommen hat wie Wien. Was macht Wien heute aus? Unsere Stadt ist in den letzten 20 Jahren bunter, vielfältiger und toleranter geworden. Wien ist unter Bgm Michael Häupl eine offene Weltstadt geworden. Heute können wir uns vollkommen zu Recht und mit großem Stolz mit den wichtigsten europäischen Metropolen wie London oder Paris messen. (GR Mag. Wolfgang Jung: Mit den Banlieues!) Es ist aber eines, das uns maßgeblich von anderen europäischen Metropolen, aber gerade auch von diesen großen unterscheidet, nämlich dass Wien eine Weltstadt mit sozialer Verantwortung ist. In Wien gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern Wien ist eine soziale Stadt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Gelebte Vielfalt mit hoher sozialer Absicherung, das sind für mich die überzeugendsten Stärken dieser Stadt. Ich bin der Meinung, dass Politik den Menschen niemals vorschreiben darf, welchen Lebensentwurf sie wählen. Politik muss Rahmenbedingungen und Voraussetzungen schaffen, damit die Wienerinnen und Wiener - und zwar vollkommen egal, wo sie ursprünglich hergekommen sind - ihr Potenzial, ihre Chancen nutzen und ihre Lebensträume verwirklichen können.

 

Damit das möglich ist, muss ein bestimmtes Klima herrschen. Vielfalt statt Einfalt, das darf nicht nur für die politische Debatte gelten, sondern das muss das weltoffene Klima sein, das diese Stadt braucht, das die Wienerinnen und Wiener brauchen, um ihren Alltag so leben zu können, wie sie das wollen, und um sich hier entfalten zu können. Dass das so ist, ist nicht gottgewollt oder zufällig.

 

Dass das so ist, ist die politische Grundsatzentscheidung dieser Stadt und dieser Regierung; nämlich dass das Handeln in dieser Stadt auf Grundwerten besteht, nämlich auf den Grundwerten der Gleichheit, der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität. Ich bin stolz darauf, dass diese Grundwerte in Wien gelebt werden, und zutiefst davon überzeugt, dass sie gerade heute höchst modern, höchst aktuell sind und wir sie bewahren und verteidigen müssen (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), gerade in Zeiten regionaler Krisen, globaler Unsicherheit und politischer Polarisierung, wo es ganz stark darum geht, Menschen gegeneinander auszuspielen.

 

Wien ist eine starke Stadt. Das ist viel mehr als die Summe von guten Spitälern, guten Schulen, schönen Parkanlagen. Für einige Bevölkerungsgruppen ist diese starke Stadt ganz besonders wichtig, zum Beispiel für die größte Bevölkerungsgruppe, nämlich die Frauen. Denn nur eine starke Stadt schafft Rahmenbedingungen, in denen Frauen ihren individuellen Lebensweg selbstbewusst und selbstbestimmt gehen können. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wien bedeutet Förderung von jungen Frauen in der Ausbildung, bedeutet ein dichtes Netz an Gewaltschutzeinrichtungen, weil der gefährlichste Ort für Frauen in Wien nach wie vor die eigene Wohnung ist, ein dichtes Netz an Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die Unterstützung in schwierigen Lebenslagen. Dafür haben wir lange gekämpft, das haben wir erreicht, und darauf bin ich als Wienerin ganz besonders stolz. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wenn man erst einmal sein Ausscheiden aus dem Amt verkündet hat, dann bringen einem die Amtsgehilfen nicht einmal mehr einen Kaffee. (Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Dieser halb scherzhaft gemeinte Satz kursiert im Rathaus immer wieder und seit vielen Jahren. Ich kann Ihnen jetzt aus eigener Erfahrung sagen, das ist falsch. Und nicht nur das ist falsch, sondern: Ich bin, und da muss ich jetzt ein bisschen aufpassen, wirklich beeindruckt, gerührt und sehr geehrt angesichts der Tatsache, dass alle Führungskräfte - und weit darüber hinaus, denn so viele Führungskräfte gibt es in meiner Geschäftsgruppe nicht - heute hier hergekommen sind, obwohl in wenigen Minuten sie nicht mehr meine Führungskräfte sein werden, dass viele Vertreterinnen und Vertreter von NGOs da sind, dass eine große Gruppe von Primarärztinnen, Primarärzten des Krankenanstaltenverbundes hier hergekommen ist. Ich sehe das als ein Zeichen der persönlichen Wertschätzung und der Anerkennung für das, was wir miteinander in den letzten zehn Jahren in dieser Stadt verändert haben. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich habe als Stadträtin im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen zehn Jahren viele bestehende Aufgaben neu organisiert, Strukturen verändert, Verantwortung eingefordert. Und ja, ich habe der Stadtverwaltung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einiges an Veränderung abverlangt. Das war sicher nicht einfach, das war auch nicht ohne Widerstand, aber das war in dieser Form in dieser Stadt auch nicht üblich.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Bürgermeister, über Haltungsnoten kann man immer reden. Da kann man als Erstes darüber reden, dass diese Haltungsnoten für Frauen anders verteilt werden, als sie für Männer verteilt werden. Von einem bin ich aber hundertprozentig überzeugt, dass nämlich die umgesetzten und die eingeleiteten Reformen für die Zukunft unserer Stadt richtig und alternativlos sind. Sie sind auch richtig und alternativlos, wenn sie manchen mühsam erscheinen; sie sind auch richtig und alternativlos, wenn man sie gegen Widerstände umsetzen muss. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass die Verwaltung dieser Stadt für ihre Weiterentwicklung klare politische Vorgaben braucht. Ich bin genauso davon überzeugt, dass die Wienerinnen und Wiener sich gerade in unsicheren Zeiten Regierungspolitikerinnen und Regierungspolitiker erwarten, von denen sie Führung und Orientierung bekommen, die klar aussprechen, was ist, die nicht einfach Regierungspolitiker sein wollen, sondern etwas bewegen wollen, die Dinge anpacken, auch wenn nicht gleich alle die Welle machen

 

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