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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 125

 

lance zwischen Bewahren und Entwickeln zu finden ist. Und wie gesagt, seit zwei Jahren komme ich immer wieder hier heraus und sage, dass mir als architektonischer und stadtplanerischen Laiin dieser Entwurf tatsächlich sehr gut gefällt, in der Erfüllung auch all dieser Anforderungen, die am Anfang den Wettbewerbsteilnehmern gestellt worden sind. Alle anderen Wettbewerbsvorschläge kennend und ganz persönlich bewertet habend, gefällt mir dieses Projekt tatsächlich am besten, und ich kann mit sehr guten Gründen und auch mit meinen persönlichen Bewertungen die Begründung der Jury nachvollziehen. Ich glaube, dass das eines der wesentlichsten Merkmale guter Prozesse ist. Man kennt die Ausgangspunkte, man weiß, warum bestimmte Dinge in diesen Prozess, in diesen Wettbewerb eingebaut worden sind und man kann die Begründung nachvollziehen. Das halte ich für eine der wesentlichsten Voraussetzungen für einen transparenten Prozess.

 

Jetzt kommen wir zu den Maßnahmen zum Schutz und Erhaltung des Bestandes. Wien ist, wie wir ja jetzt schon öfters gehört haben, mit dem Ansuchen um diesen Status des Weltkulturerbes einen Vertrag eingegangen und hat sich verpflichtet, gesetzliche Regelungen zum Schutz dieses Welterbes einzuhalten oder sogar überhaupt erst zu entwickeln. Der für mich wesentlichste Punkt ist tatsächlich die Frage, wie der Bestand der Gebäude im 1. Bezirk und rund um den 1. Bezirk bewahrt werden kann, aber auch, wie sich die Architektur sowohl in der Inneren Stadt als auch rundherum entwickeln kann, sich auch in einer unserem Zeitalter, unserer architektonischen Ära entsprechenden Form ausdrücken kann.

 

Und nein, ich glaube nicht, dass sich dieses Abwägen zwischen Bewahren und Entwickeln in der dogmatischen Fixierung einer willkürlich festgesetzten Höhe ausdrückt. Ich würde wirklich gerne wissen, warum es 43 m sein müssen, warum es nicht 45 m sind, oder warum es nicht 36 m sind. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Warum regulieren wir es überhaupt?!) - Zum Beispiel, warum regulieren wir es überhaupt? (Heiterkeit bei GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) - Nein, das, worum es geht, ist tatsächlich die Frage der Maßstäblichkeit, und ja, die Frage der Maßstäblichkeit ist auch immer eine Frage der Interpretation.

 

Nichtsdestotrotz würde ich mir wünschen, dass über dieses Projekt und über die Vorteile dieses Projektes und, ja, in dem Fall auch über die möglichen Folgen der Auseinandersetzung mit dem World Heritage Commitee sachlich diskutiert wird. Aber natürlich muss man auch mit dem Welterbe-Komitee selbst diskutieren, muss darüber reden, was Maßstäblichkeit ist. Denn, wie gesagt, in keiner der Operational Guidelines des Welterbe-Komitees gibt es eine Beschränkung der Höhenentwicklung oder eine Beschränkung der Kubatur. Das heißt, ja, ich glaube, es ist die politische Aufgabe der Stadt Wien, mit dem World Heritage Commitee in einen Dialog zu treten. Und ja, es ist weiterhin auch die Aufgabe der Stadt Wien, einen qualitativ ausgezeichneten Entwurf für ein Projekt in aller Emotionslosigkeit und Sachlichkeit zu verteidigen und dazu zu stehen. Denn auch das bedeutet eine gewisse Verlässlichkeit und Gewinn an internationaler Reputation, dass wir international ausgeschriebene Wettbewerbsergebnisse nicht sofort deswegen kübeln, weil das irgendjemandem nicht gefällt. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Nächster Redner ist Herr GR Woller. Ich erteile ihm das Wort.

 

17.12.36

GR Ernst Woller (SPÖ)|: Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Es ist tatsächlich schwierig, nach der Kollegin Kickert zu sprechen, denn sie hat eine so besonnene und kluge Rede gehalten, dass ich jetzt sagen könnte, ich bin in allen Punkten ihrer Meinung, aber ich möchte natürlich auch meine eigenen Gedanken einbringen.

 

Zum Rechtsgutachten der List Rechtsanwalts GmbH, das in den letzten Tagen als Bedrohung für die Stadt Wien angeführt wurde. Nicht nur für den Verlust des Weltkulturerbes, sondern auch zum Vorwurf des Amtsmissbrauches möchte ich doch feststellen, dass es von uns in den letzten Tagen sehr intensiv rechtlich untersucht worden ist, intern innerhalb der Magistratsdirektion, extern durch Zuhilfenahme einer bedeutenden Anwaltsgemeinschaft privater Art. Beide Rechtsgutachten sagen eindeutig, dass es weder einen Schaden gibt noch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten wäre, diesen Flächenwidmungsplan zu beschließen und es daher auch keinen Amtsmissbrauch darstellt.

 

Zu dem Argument in dem List-Gutachten, dass die UNESCO nur eine Höhe von 40 m zulassen würde, muss man einmal ganz deutlich sagen: Das steht nirgends. Es gibt kein einziges Dokument, das irgendeine Höhenbegrenzung enthält, das haben sich offensichtlich einige so herbeigeredet und an das klammern sie sich. In der Weltkulturerbe-Konvention und in der Richtlinie der UNESCO wird weder auf Höhen, Kubaturen noch andere technische Parameter Bezug genommen, daher kann auch nicht rechtlich gegen diese Regelung und gegen diese Begrenzung verstoßen werden.

 

Es gibt überhaupt noch keine Stellungnahme der UNESCO, daher gibt es auch keine Drohung und auch keine konkrete Gefahr, das Weltkulturerbe zu verlieren, weil bisher nur Stellungnahmen einzelner Vertreter von ICOMOS, eines privaten Vereins zur Beratung der UNESCO, öffentlich waren, und es jetzt darum geht, am 1. Februar eine Stellungnahme gegenüber der UNESCO abzugeben, was wir natürlich tun werden, in sehr gut argumentierter und schlüssiger Art und Weise, in der wir deutlich machen werden, dass wir all diese Richtlinien der UNESCO durchaus im Auge haben und dass wir sehr behutsam mit diesem Projekt umgehen.

 

Nun, tatsächlich ist das ein mustergültiges Projekt, wie es vorbereitet und diskutiert, auch öffentlich diskutiert wurde, ein Projekt, das seit fünf Jahren behutsam, kompetent und transparent entwickelt wird. Es wurde schon gesagt, ein mehrstufiges kooperatives Expertenverfahren, in dem unter anderem auch die Vertreter von ICOMOS und UNESCO immer einbezogen waren. Die ExpertInnen in diesem kooperativen Verfahren und im Architektenwettbewerb haben immer mehrheitlich bejaht, auch konkret die Errichtung eines höheren Gebäudes im

 

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