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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 112

 

Die Problematik dieser Fehlplanung des Planungsressorts geht aber noch weiter, und erlauben Sie mir, die Problematik an einer besonders gefährlichen Fehlplanung ein bisschen verständlich zu machen. Mittlerweile sind sogar Bauprojekte, was ja mittlerweile auch schon bekannt ist, auf Altlasten, zum Beispiel des ehemaligen Gaswerkes Leopoldau, in Umsetzung begriffen, obwohl das Gebiet schwerstens kontaminiert ist, und der Untergrund mit Chemikalien wie PAK, Benzol und Zyanid belastet ist, und das ohne Generalsanierung, ohne seriöse Information an die Wohnungswerber oder an die Anrainer. Das eklatante Unwissen und die Unbesonnenheit von Seiten der Verantwortungsträger kann ich hier nur mit tiefer Betroffenheit zur Kenntnis nehmen.

 

Der SPÖ-Umweltsprecher, der Kollege Valentin, der jetzt leider nicht im Raum ist, was sehr schade ist, weil es ihn ja betrifft, verteidigt zum Beispiel dieses Bauprojekt Neu Leopoldau und bezieht sich laufend auf den Bericht des Bundesumweltamtes. Hätte der Kollege Valentin den Bericht des Bundesumweltamtes aber aufmerksam gelesen, wäre ihm nicht entgangen, dass genau das ja die Grundlage dafür ist, dass wir uns Sorgen machen. Die Altlast W 20 ist nämlich nicht saniert, so wie er und auch andere behaupten, sondern sie ist gesichert. Erlauben Sie mir vielleicht noch eine kleine Erklärung dazu: Gesichert bedeutet in diesem Fall, dass die toxischen Chemikalien wie PAK, Benzol und Zyanid weiter in hoher Konzentration im Untergrund vorhanden sind, und durch die technischen Maßnahmen eine Kontaminierung des Grundwassers, der Umwelt und Umgebung verhindert wird. Das bedeutet aber nicht, dass das dort nicht weiter vorhanden ist.

 

Verwunderlich ist auch insbesondere die Haltung des GR Chorherr. Mit keinem Wort wird von ihm über die Chemikalien, über die Gefahren, über die im Untergrund lagernden toxischen Stoffe gesprochen. - Nein! Wie es halt seine Art ist, verfällt er aber oft förmlich in Euphorie, wenn er dieses innovative, grüne Bauprojekt bewirbt. Nicht schlecht: Umweltschutz wird einfach ausgeblendet. Offenbar zahlt sich das aus, und die Ökolinie der Partei wird einfach verlassen. - Bravo!

 

Auch der StR Ludwig, der offenbar auch nicht anwesend ist, hat das Thema vollinhaltlich leider nicht erfasst. Er hat es nicht erfasst, denn wie sonst wäre seine Aussage bei einer Sitzung des Wohnfonds Wien am 15. Dezember 2016 zu erklären. Ich habe damals gefragt, was mit diesen im Untergrund lagernden Giften ist, wie die Sanierung ausschaut, und was man da eben zu tun vorhat. Ich zitiere den Stadtrat jetzt wörtlich aus dem offiziellen Protokoll des Wohnfonds Wien. Der Stadtrat hat gesagt: „Der Begriff Sanierung ist Auslegungssache“ - na, ganz schön – „und bedeutet nicht zwingend den kompletten Aushub des kontaminierten Materials. Auch eine Versiegelung ist eine Möglichkeit, um sicherzustellen, dass keine gesundheitsschädlichen Stoffe ins Grundwasser geschwemmt werden.“ - Ja, wunderbar! Nur geht es ja nicht um den Schutz des Grundwassers, denn für den Schutz des Grundwassers wurde nämlich durch diese technischen Schutzmaßnahmen, welche gemäß § 14 des Altlastensanierungsgesetzes in dem Zeitraum von 2004 bis 2010 durchgeführt wurden, bereits gesorgt.

 

Das heißt, wir schützen das Grundwasser. Bravo, alles in Ordnung! Es geht per se keine Gefahr für das Grundwasser aus, so auch der Bericht des Bundesumweltamtes. Das bedeutet durch diese technische Umschließung mit einer Doppelkammersperrwand, mit Absenkbrunnen, Entnahmebrunnen und einer Wasseraufbereitungsanlage aber, dass in der Umschließung weiter diese toxischen und krebserregenden Chemikalien wie Benzol, PAK und Zyanid vorhanden sind. Wenn man dann die Aussage des Herrn Stadtrats oder auch des Herrn Valentin ein bisschen bewertet, muss man denken, dass im Prinzip die Anwesenheit dieser Stoffe für neue Wohnungswerber, für Jungfamilien und für spielende Kinder offenbar nicht bedenklich ist.

 

Lassen Sie mich vielleicht ein bisschen erklären, was diese Chemikalien sind, ich bin nämlich auch kein Chemiker, deswegen vielleicht ein kleiner Exkurs in diese Geschichte.

 

PAK, polycyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, sind im hohen Maße krebserregend und verändern das Erbgut und auch die Fortpflanzungsfähigkeit. Noch dazu sind die persitent. Und persitent bedeutet, das habe ich auch nachlesen müssen, dass sie fast nicht abbaubar sind. (GR Mag. Rüdiger Maresch: Persistent!) Das heißt, wir brauchen nicht warten, bis die Chemikalien natürlich abgebaut werden, sondern wir müssen sie einfach von dort entfernen, denn sonst werden sie sich nicht abbauen. Das ist leider so.

 

Ich wurde gerade berichtigt. Selbstverständlich heißt es persistent. Danke schön, das ist ja kein Problem. Nein, nein, was stimmt, das stimmt, ist ja gar kein Thema.

 

Zyanid, dieses Gift kennt, glaube ich, jeder, ist hochtoxisch und kann durch die Atemwege, durch die Haut oder durch Aufnahme zu einer Vergiftung führen und führt dann sozusagen zu einer innerlichen Erstickung, weil die Organe, Muskeln und das Gewebe keinen Sauerstoff mehr aufnehmen können. Auch das liegt dort in einem hohen Ausmaß drinnen, und zwar wird dort über eine dreißigfache Anreicherung des Erdreiches über die Grenzwerte gesprochen. Das steht ebenfalls in diesem Bericht des Bundesumweltamtes, also auch das ist nach wie vor vorhanden.

 

Benzol ist ähnlich wie PAK krebserregend - macht auch nichts, ist nicht so schlimm -, verändert ebenfalls das Erbgut und sollte an und für sich auch in großen Maßen und über einen längeren Zeitraum mit Menschen nicht in Kontakt kommen. Selbst der Leiter der Abteilung - jetzt wird es nämlich interessant - für Altlasten des Bundesumweltanwaltes, Dipl.-Ing. Stefan Weihs, der meines Erachtens doch ein Kapazunder ist, möchte ich sagen, sonst hätte er die Aufgabe nicht inne, bestätigt die Einstufung der Altlast W 20 als gesichert. Das sei jedoch - so er auch wörtlich - kein Freibrief für jegliche Bautätigkeit.

 

Als die Beurteilung im Jahr 2013 durchgeführt wurde, so Weihs, war das Gelände noch nicht als Baugelände vorgesehen - so schreibt er zumindest. Die Beurteilung

 

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