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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 112

 

richtung hast, und da gibt es ein Abendkonzert und dann ist es am Abend oft laut, dann verstehe ich auch, dass die Anrainer sagen, hallo, da ist es so laut, und Polizei, und darf nicht und soll nicht. Wenn du dort aber nur auf einem sehr eingeschränkten Bereich ein Wohnungsverbot hast, hast du natürlich im Verfahren geringere Rechte der Einspruchnahme.

 

Wir sagen also als Stadt Ja, in dubio geht jetzt diese Kulturnutzung vor, und du Anwohner hast dort sozusagen eine gewerblich tolerierte Wohnung, aber wenn es halt am Abend laut ist, du bist in einem Gebiet, wo es am Abend laut sein kann. Damit sichern wir das ab. Das war der Wunsch der Caritas. Das ist der Bestand.

 

Jetzt habe ich noch ein zweites Argument. Das zweite Argument ist ein typisches Gentrifizierungsargument, dem ich einen Riegel vorschieben will. Jetzt ist es durch Kulturnutzungen gelungen, das interessant zu machen. Und warum sind die auch eingezogen? Weil Industriegebiet, weil Gewerbe, und darum sind die Preise erträglich. In dem Moment, wenn man dort Wohnen freigibt - ich sage Ihnen genau, was dann passiert: Patsch, ah das ist eine coole Gegend, Eigentumspreise 5, 6, 7.000 EUR und Druck auf die Kulturnutzer, das auszugeben, was wir im 1. Bezirk haben, dass reihenweise die Kaffeehäuser aufgeben, nicht wegen der Fußgängerzonen, sondern weil sie Millionen Cash auf die Hand kriegen, damit sie für eine andere Nutzung freigemacht werden.

 

Auch aus diesem Grunde - ich habe mir das sehr lange überlegt, deshalb möchte ich das ein bisschen ausführlicher begründen - folgen wir in dem Fall einer seltenen Koalition von Caritas, GRÜNEN, SPÖ und Wirtschaftskammer, die sich in ihren Stellungnahmen gegen eine Wohnungsnutzung stellt. Das betrifft das gewachsene bestehende Backsteingebäude.

 

Anders ist es dort, wo wir daneben eine große Wiese, es ist dort kein Rasen, aber ein unbebautes Grundstück ist daneben, haben. Da war ein kooperatives Verfahren, das gehört dem Wohnfonds, damit ist garantiert, dass man eine sozial leistbare, geförderte Wohnung bekommen kann. Beim kooperativen Verfahren haben sich der Wohnfonds und auch die Architekten und Architektinnen, die daran geplant haben, sehr eingesetzt, dass sehr wohl mit der Konfiguration sowohl geachtet wird, dass in Richtung der Ankerbrotfabrik abgeschirmt wird, als auch, dass gegenüber dem anderen Arial abgeschirmt wird, und es kommt jetzt zu einer Möglichkeit, dass eben die Grenze genau dort ist, wo der Altbestand aufhört und das andere beginnt. Deswegen macht man Gleiches gleich, behandelt es aber ungleich, die Wiese bei einer Wohnnutzung.

 

Um das zu erklären, braucht man zehn Minuten, und ja, das kann man auch anders sehen. Das ist das Wesen der Stadtplanung, da gibt es nicht sozusagen eine vom Himmel kommende allgemeine Wahrheit, sondern ja, das kann man auch anders sehen, wenn man andere Vorstellungen hat, soziales Wohnen vielleicht geringer bewertet, Kultur in den Außenbezirken anderes bewertet, die Freiheit des Eigentums höher bewertet, dann kommt man zu einem anderen Schluss, der ist auch legitim.

 

Ich glaube aber, dass das aus unserer Sicht einer rot-grünen Regierung ein sehr guter Kompromiss ist. Ich freue mich auch, dass die Caritas und die vielen Bildungsinitiativen dort etwas in die Höhe bringen, was wir dringend nicht nur in Favoriten öfter, sondern auch in Floridsdorf, in der Donaustadt viel öfter probieren sollten, damit so etwas auch entsteht. Darum ist es ein guter Kompromiss, und ich freue mich, dass wir den heute zu Beschluss bringen. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Berger. Ich erteile es ihm.

 

16.00.01

GR Stefan Berger (FPÖ)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Um vielleicht gleich relativ nahtlos an die Ausführungen von Herrn Chorherr anzuschließen: Ja, wir sehen es anders. Ja, wir lassen uns da nicht von einer Hilfsorganisation oder von einer NGO mit ihren Interessen vor sich hertreiben, wie das vielleicht andere hier machen, die dem entsprechend nachgeben.

 

Aber noch einmal ein paar grundlegende Dinge zu dem Tagesordnungspunkt beziehungsweise zu dem Plandokument, das uns hier vorliegt:

 

Das Gebiet der Ankerbrotfabrik war bis vor rund 125 Jahren noch nahezu unbebaut. Erst vor 125 Jahren wurde dort eine Brotfabrik errichtet, die bis zum heutigen Tage auch tatsächlich, wenn auch jetzt in anderer Form, dort steht. Erste Bestimmungen im Sinne einer Flächenwidmung fanden sich dann im Generalregulierungsplan, der 1893 im Gemeinderat beschlossen wurde. Dort wurde festgehalten, dass das Gebiet vorzugsweise für Industriebauten bestimmt sein soll, und diese Widmung besteht sozusagen bis zum heutigen Tag.

 

Auf der Fläche südlich des Areals, über das wir hier sprechen, befindet sich eine Einfamilienhaussiedlung, die bereits in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts errichtet wurde und auch dementsprechend als Wohngebiet gewidmet wurde.

 

Ein Teil des Ankerbrot-Areals wurde vor einigen Jahren verkauft. Es ist damals sehr offensiv angepriesen worden. Man hat hier Lofts angeboten. Man hat es im Bezirk riesengroß auf Häuserfassaden plakatiert, man hat Inserate geschaltet, und so weiter und hat das so bis in die Jahre 2011, 2012 herum als Loft City beworben, hat Lofts eben zum Verkauf angeboten. Und ja, diese Lofts haben zahlreiche Abnehmer gefunden, vorwiegend eben Personen und Organisationen mit sozialen und kulturellen Aktivitäten, und diese haben dann Eigentum, Miteigentum an dieser Liegenschaft erworben, wobei ihnen das Versprechen gegeben beziehungsweise die Absicht sozusagen zugesagt wurde, dass eine entsprechende Umwidmung von Industriegebiet - wie es ja bis zum heutigen Tage gewidmet ist - vorgenommen wird.

 

Der Bezug der Lofts war so weit auch, wie es von den Vorrednern zum Teil schon erwähnt wurde, an sich rechtlich gedeckt, das ist aber jetzt keine so klare Geschichte. Man bezieht sich da auf den § 6 Abs. 13 in der Wiener Bauordnung, der da lautet: „In Betriebsbaugebieten und Geschäftsvierteln, in Industriegebieten und auf

 

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