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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 112

 

stimmungen festgesetzt werden, welche die in Hinblick auf das Bevölkerungswachstum gewünschte Wohnbauentwicklung unter bestmöglicher Berücksichtigung der Gegebenheiten am Standort ermöglichen.“

 

Also da geht dann plötzlich Wohnen. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, obwohl es sich um ein und dasselbe Planungsgebiet handelt, und obwohl diese beiden Gebiete unmittelbar aneinander angrenzen.

 

Sie argumentieren in diesen Absätzen also selber gegen sich, und da kommt auch dann plötzlich das Argument Wohnungsdruck, man muss dem zusätzlichen Bevölkerungswachstum gerecht werden. Hier kommt dann plötzlich der Druck, mehr Wohnungen zu bauen und dann noch dazu in einer ungewöhnlich hohen Dichte, ungefähr 2,7 bei einer Höhe von 35 m, wobei wieder festgehalten wird, dass es sich hier offiziell um kein Hochhaus handelt.

 

Auch die Bezirksvorstehung hat darauf aufmerksam gemacht, dass hier eine erhöhte Windproblematik besteht, nicht zu verschweigen die Problematik rund um den Lärm. Unmittelbar neben dem Gebiet, wo Wohnen ermöglicht werden soll, befindet sich nämlich die Südosttangente, und hier wird im Erläuterungsbericht auf Lärm und Einschränkungen eigentlich nicht wirklich Bezug genommen, sogar der Fachbeirat hat in seiner Stellungnahme darauf aufmerksam gemacht. Das heißt, hier sieht man in dem Gebiet, wo Wohnen ermöglicht werden soll, keine Konflikte, und es ist alles wunderbar. Auch was die Produktionsstätte betrifft, wird bei dem für Wohnen auszuweisenden Gebiet nicht darüber gesprochen, dass die Produktionsstätte irgendeinen Einwand haben könnte.

 

Es gab auch seitens des Fachbeirates eine Anregung, überhaupt das Industriegebiet als Widmung beizubehalten. Da möchte ich jetzt aus der Stellungnahme der Stadt Wien zitieren, die darauf reagiert: „Die Beibehaltung der Widmung Industriegebiet entsprechend der bisherigen Rechtslage wird nicht empfohlen. Sie würde für die vom Wohnfonds erworbene Fläche die beabsichtigte Umnutzung für Wohnzwecke verhindern.“ Wie gesagt, wir verstehen also nicht, warum hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich fordere Sie dazu auf: Bringen Sie diesen Kuddelmuddel in Ordnung und schaffen sie Rechtssicherheit für alle Beteiligten. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Chorherr. Ich erteile es ihm.

 

15.51.13

GR Mag. Christoph Chorherr (GRÜNE)|: Meine Damen und Herren!

 

Ausnahmsweise möchte ich einen Oppositionspolitiker lobend erwähnen. Ich glaube, wie der Herr Kollege Gara auch die Komplexität dieses Bereiches geschildert hat, zeigt - und ich möchte dort anknüpfen, ich sehe vieles ähnlich wie er -, wie man in der gewachsenen Stadt wirklich vorsichtig und diskursiv herangehen muss und nicht sozusagen ein bisschen brachial. Frau Kollegin Olischar, ich gehe jetzt gleich auf Sie ein: Da gibt es einerseits ein gewachsenes Gebiet im Bestand, ich gehe dann genauer darauf ein, und daneben, wo überhaupt nichts bebaut ist, ist eine andere Möglichkeit. Auch ein Industriegebiet endet irgendwo und geht in ein Wohngebiet über. Irgendwo gibt es immer Grenzen, und nur, weil es dasselbe Plandokument ist, heißt das nicht, dass man alles gleich behandeln muss.

 

Ja, auch wir haben im Bezirk innerhalb der Stadtplanung mit den Menschen, die dort legal wohnen, eine sehr eingeschränkte Form, eine sehr grenzwertige, aber nicht illegale Form des Wohnens, wo sehr viele auch bei uns vorgesprochen haben, um zu sagen, geh, legalisiert das doch vollkommen! Wir haben uns das sehr genau angeschaut, und in der Tat ist es am ersten Blick nicht so, dass man sofort sagt, so muss man es machen.

 

Darum möchte ich es ein bisschen genauer erklären, weil dort ein Pflänzchen entsteht, das gar nicht leicht außerhalb des Gürtels, in einem Außenbezirk zu wachsen beginnt. Dort entsteht jetzt, vor allem, nicht nur, aber durch die Caritas und vergleichbare Einrichtungen vorangetrieben, mitten in Favoriten, anschließend an Gebiete, die sozusagen nicht die wohlhabendsten und „most affluent“ sind, den besten Zugang zur Kultur haben, eine Kultureinrichtung, eine Bildungseinrichtung, Galerien, Gastronomie. Und die tun sich auch gar nicht leicht dort.

 

Wenn du sagst, he, ich gehe geschwind in die Kultureinrichtung, passt das nicht zur Ankerbrotfabrik. Das entsteht jetzt seit Jahren und kann weiterwachsen. Für uns war das schon sehr wesentlich, dass im Zuge der öffentlichen Stellungnahme die Caritas als ein Hauptbetreiber dieses Bereichs die Stadtplanung ausdrücklich erwünscht hat, und ich werde gleich erklären, warum sie sich gewünscht hat, dass im Altbestand dort das Wohnungsverbot bleibt.

 

Jetzt ist es in der Tat nicht ganz einfach zu erklären: Wohnungsverbot und trotzdem kann man wohnen? Was ist das jetzt? Um es sehr genau zu sagen, Frau Kollegin Olischar: Die Schule ist dort nicht illegal, die Schule hat um einen § 71 angesucht, um eine temporär befristete Bewilligung für diese Schule, die Schule dort ist also legal. Unter anderem wird jetzt mit dieser Widmungsänderung im Altbestand ermöglicht, dass diese Schule dort auch auf einer rechtlichen Basis möglich ist.

 

Der zweite Punkt: Vorher war Industriegebiet. Wie kann man in einem Industriegebiet wohnen? Geht das überhaupt? Ja, unser Rechtssystem ist sozusagen durchaus vielfach interpretationsbedürftig und auch offen. In einem Industriegebiet kannst du eine Wohnung für den Inhaber schaffen, ich sage es jetzt unjuristisch, und dort sind sehr viele Selbstständige, die dort Kanzleien, Ateliers haben und im Rahmen ihrer selbsttätigen Tätigkeit auch legal wohnen dürfen. Jetzt ist nichts anderes passiert, als dass der Rechtszustand - normales Wohnen im Industriegebiet ist nicht möglich - jetzt auch durch das Wohnungsverbot aufrechterhalten wird. Warum? - Nach langem Abwägen, und in der Tat, man hätte auch anders entscheiden können, war uns aber wichtig, gemeinsam mit der Frau Kollegin Gaal und dem Bezirk und allen, die für Kultur in den Außenbezirken etwas übrig haben, dieses schwierige Pflänzchen Kultur in den Außenbezirken nicht zu gefährden. Warum? Das hat der Kollege Gara richtig ausgeführt. Wenn du eine Kulturein

 

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