Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 21
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen, Kollegen! Recht herzlich willkommen zur 22. Sitzung des Wiener Gemeinderates. Die Sitzung des Gemeinderates ist eröffnet.
Entschuldigt für heute sind Herr VBgm Mag. Gudenus aus privaten Gründen, Frau GRin Meinhard-Schiebel, dienstlich verhindert, und Herr GR Ornig, auch private Gründe. Ich möchte nicht verhehlen, dass ich ihm im Namen des Gemeinderates alles, alles Gute zur gestrigen Geburt seiner Tochter wünschen möchte. (Allgemeiner Beifall.) Alles, alles Gute! Ich freue mich auch. Mutter, Tochter und auch der Herr GR Ornig sind wohlauf.
Vom NEOS-Rathausklub wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Gemeinderates zum Thema „Heumarkt geht anders: Neue Politik braucht neue Stadtentwicklung“ eingebracht. Der Herr Bürgermeister hat in Entsprechung des § 21 Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung in Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien zu dieser Sitzung eingeladen. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Gemeinderates auf Verlangen keine Geschäftsstücke verhandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Gemeinderäten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien vier und des NEOS-Rathausklubs zehn schriftliche Anfragen eingelangt sind.
Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens. Ich eröffne die Debatte. Zur Begründung und als Erstrednerin hat sich Frau GRin Mag. Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich bemerke, dass ihre Gesamtredezeit 30 Minuten beträgt.
GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen, Kollegen!
An dieser Stelle möchte ich unserem Kollegen Markus Ornig herzlich zur Geburt seiner Tochter gratulieren. Wir freuen uns mit ihm und bedauern natürlich, dass er heute nicht da ist, aber das ist ein sehr schöner Grund, und wir freuen uns einfach für ihn. (Allgemeiner Beifall.) - Danke.
Wir haben heute diese Sondersitzung verlangt, weil wir glauben, dass es an der Zeit ist, noch einmal, und zwar sehr ausführlich, über dieses Projekt zu diskutieren; nicht nur das Projekt am Heumarkt, sondern auch die Genese des Projekts und die zusammenhängende Fragestellung erstens des Weltkulturerbe-Status und zweitens aber auch der Frage, wie Stadtplanung in dieser Stadt passiert, wie sie stattfindet und wie sie vor allem sozusagen mit Drüberfahren über die Bürgerinnen und Bürger passiert.
Ich möchte Ihnen zu Beginn etwas vorlesen:
„Die Planungsinstrumente der Stadt Wien sind veraltet und für viele Menschen unverständlich. Bei Großprojekten werden in erster Linie die Interessen von Investoren berücksichtigt. Die BürgerInnen werden kaum in Planungs- und Stadtentwicklungsentscheidungen einbezogen. Die Konsequenzen dieses fehlenden Interessensausgleichs sind sichtbar, vor allem bei neuen Stadtentwicklungsgebieten.“
„Die Stadt Wien verhandelt jahrelang hinter verschlossenen Türen. Dann kommt die Flächenwidmung, und die Betroffenen werden das erste und letzte Mal damit konfrontiert - mit Instrumenten der ‚Mitbestimmung‘ aus den 1960er Jahren. Dazu kommt, dass Stellungnahmen zu Flächenwidmungsplänen meist unberücksichtigt bleiben. In der heutigen Wissensgesellschaft eine Zumutung für die Betroffenen und zudem dumm, da das Wissen der AnrainerInnen nicht genutzt wird.“
Ich schaue jetzt in Richtung der GRÜNEN, denn das sind allesamt Zitate aus Ihrem eigenen Wahlprogramm, aus dem Wahlprogramm der Wiener GRÜNEN aus dem Jahr 2010. Ich finde das bezeichnend, insbesondere die Passage, in der Sie sich darüber beklagen, dass bei Großprojekten die Interessen von Investoren berücksichtigt werden, und dass Bürgerinnen und Bürger kaum in Planungs- und Stadtentwicklungsentscheidungen mit einbezogen werden.
Interessant ist ja, dass dieses Dokument nicht mehr auffindbar ist, wenn man danach googelt. Ein Schelm, wer denkt, dass das vielleicht einen Grund hat, warum man nicht an die Versprechungen und Interessenslagen oder auch den Kampf von früher erinnert werden will. Ich frage Sie, wieso Sie das heute in Ihrer eigenen Fraktion so in Vergessenheit geraten haben lassen. Ich sehe nichts davon, dass bei diesem Projekt in irgendeiner Form die Wienerinnen und Wiener mitentscheiden konnten. Das Einzige, was ich gesehen habe, ist eine erzwungene Urabstimmung, die entsprechend ausgegangen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN! Das ist ganz, ganz alte Politik, was Sie vorleben, und ich werde das jetzt auch noch weiter ausführen.
Auf diesem Weg von 2010 bis jetzt haben Sie auch engagierte Kämpfer und Kämpferinnen verloren, unter anderen die ehemalige grüne Planungssprecherin Sabine Gretner. Die hat 2007 noch in Bezug auf das Hochhaus auf den Komet-Gründen von einem totalen Kniefall der Stadt gesprochen. Sie hat - und ich zitiere sie jetzt - gesagt: „Es wünscht sich jemand etwas, und es wird gewidmet.“ Ähnlich hat es in Bezug auf die Bebauung am Hauptbahnhof 2011 getönt, aber nachdem die GRÜNEN in die Regierung gegangen sind, hat Sabine Gretner ihr Gemeinderatsmandant zurückgelegt.
Aber auch Christoph Chorherr hat 2012 noch kalmiert, als die Aufregung war: „Wir halten unsere Kritik an dem Projekt“ - da ging es um das Komet-Hochhaus - „aufrecht und haben erreicht, dass im Zuge der Bauverhandlung für das Projekt die Gebäudehöhe von 73 auf maximal 60 m beschränkt und die Nutzfläche gegenüber der ursprünglichen Widmung reduziert wurde. Damit haben wir auf die Empfehlungen der UNESCO reagiert, um den Welterbe-Status des Schlosses Schönbrunn zu sichern.“
Warum ich Ihnen das hier alles so vorlese, ist, weil ich glaube, dass man konsistent sein muss, um in der Politik glaubwürdig zu sein. Man kann sich nicht hinstel
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