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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 21

 

len, auch nicht als Stadtpolitiker, auch nicht als verantwortungsvolle Stadtregierungsmitglieder, und auf der einen Seite vor Jahren diesen erreichten Weltkulturerbe-Status abfeiern. Das ist ein Phänomen, das wir immer wieder sehen: Internationale Verträge werden mit großem Pomp und Trara unterzeichnet, man bekennt sich zu etwas, es gibt einen Journalistentermin, vielleicht werden auch irgendwelche Bänder durchgeschnitten, aber jedenfalls schöne Fotos gemacht und aus vollem Munde bekennt man sich, dass es eine unglaubliche Ehre für die Wiener Innenstadt ist, diesen Status des Weltkulturerbes zu haben. Und dann kommen andere Interessen, welche Interessen das auch immer sein mögen, hier ganz offensichtlich auch die Interessen eines privaten Investors, und die stehen dem entgegen, was man in diesen internationalen Verträgen vereinbart hat. Im Übrigen sieht man das Gleiche auch, wenn es um Klimaziele geht, und auf einmal interessiert einen das Geschwätz von gestern nicht mehr so und auf einmal hört man andere Töne: Na ja, man braucht diesen Weltkulturerbe-Status eigentlich nicht, der ist ja eigentlich hinderlich, eine PR-Maschinerie wird in Gang gesetzt, und man erzählt die Geschichten von der Käseglocke, die über die Stadt gestülpt wird und leider, leider eine Modernisierung des Stadtbilds verhindert.

 

Das stimmt nicht, meine Damen und Herren, und das wissen Sie. Es gibt genügend Beispiele von aufregender, moderner zeitgenössischer Architektur, die durchaus mit dem Status des Weltkulturerbes vereinbar ist. Es stellt sich aber auch ganz prinzipiell die Frage, und das habe ich an der Stelle schon mal gemacht, warum man eigentlich Planungsinstrumente - mein Kollege Stefan Gara wird heute noch darauf eingehen, was neue Stadtplanung in Wien bedeuten könnte - in der Stadt hat, die letztlich das Scheunentor der willkürlichen Entscheidung hinter verschlossenen Türen weit aufmachen. Man fragt sich unweigerlich: Cui bono, dieser weite Ermessensspielraum? Warum legt man nicht verbindliche Stadtplanungsinstrumente fest? Warum hält man sich nicht an die eigenen Konzepte? Papier ist geduldig, das weiß ich schon, aber wenn man ein Hochhauskonzept vorlegt und darin steht, dass es Zonen gibt, wo Hochhäuser nicht gebaut werden sollen, weil es Schutzzonen sind, weil sie gewisse Sichtachsen beeinträchtigen, die aus einem kulturhistorischen Kontext heraus für die Stadt wichtig sind und möglicherweise, das sage ich an dieser Stelle ganz bewusst, identitätsstiftend für die Stadt, für die Wienerinnen und Wiener sind, warum hält man sich nicht an diese eigenen Konzepte? Warum lässt man den Raum offen, dass man dann, wenn die Möglichkeit besteht, davon abweichen kann, weil andere Interessenslagen entgegenstehen?

 

Ich weiß schon: Politik ist immer ein Ausgleich von Interessenslagen, keine Frage, aber dann muss man diese Debatte wenigstens öffentlich und transparent und ehrlich führen. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Das haben wir gemacht!) - Nein, nein, Frau Kollegin von den GRÜNEN, das ist nicht richtig. Den Diskurs zum Weltkulturerbe-Status haben Sie seit damals nicht geführt. Das ist nicht richtig. Seitdem wir in der Wiener Stadtpolitik vertreten sind und auch schon davor, war immer wieder zu hören, dass Sie alles tun werden, dass dieses Projekt mit dem Status des Weltkulturerbes verträglich sein wird, dass dieser Status nicht verloren gehen wird.

 

Dann kam diese ominöse Nachdenkpause, die wohl eher der Präsidentschaftswahl und der Ruhe im Rahmen der Bundespräsidentschaftswahl geschuldet war als einem tatsächlichen Versuch, hier eine Lösung zu finden, die mit der UNESCO verträglich ist. Ist der Turm gekürzt worden? Aber auf was hinauf? Was ist sozusagen die Grundlage? Das ist eine gewisse Willkür. War das Daumen mal Pi? Setzt man sich da in die Sitzungen hin und sagt dann irgendwie, na gut, Daumen mal Pi, machen wir es halt so, es wird schon irgendwie gehen. (Zwischenruf von GRin Dr. Jennifer Kickert.) Das ist doch unglaublich, das ist keine transparente Diskussion, und es ist schon gar nicht eine Diskussion auf Augenhöhe mit den Wienerinnen und Wienern.

 

Ich lese es Ihnen gerne noch einmal vor, was Sie 2010 gesagt haben. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Geschrieben habe ich es!) - Geschrieben haben Sie es, aber Sie werden es ja wohl auch in Wahlkampfreden gesagt haben. Aber ich weiß, auch das ist möglicherweise ein geduldiger Moment, wo man gerne Sachen verspricht, die man dann nicht hält. Das ist mir schon klar, ja. (Beifall bei den NEOS.)

 

Sie haben gesagt, dass bei Großprojekten in erster Linie die Interessen von Investoren berücksichtigt werden, die Bürgerinnen und Bürger werden kaum im Planungs- und Stadtentwicklungsentscheidungen einbezogen.

 

Schauen Sie, Sie arbeiten mittlerweile selber mit Halbwahrheiten. Am 5. April sagt Christoph Chorherr - da reitet er wieder einmal zur Heumarkt-Verteidigung im „Falter“ aus, und man muss wirklich sagen, dass da einige unpräzise und verkürzte Darstellungen rund um die Diskussionen um das Heumarkt-Areal passiert sind: „24 der weltbesten Architekten wurden von der Stadtplanung eingeladen.“ Das ist unrichtig, die wurden vom Investor, von WertInvest eingeladen, das ist die Ausloberin des Wettbewerbes. Die wurden eingeladen und auch bezahlt. Sie, Herr Chorherr wurden eingeladen, und zwar als Preisrichter. Das macht, verzeihen Sie, sachlich einen enormen Unterschied, ob es die Stadt ist, die hier zu einem Stadtplanungswettbewerb einlädt oder der Investor. Warum? - Das kann ich Ihnen genau sagen: Die Ausloberin hat die geltende Rechtslage explizit nicht als Grundlage des Wettbewerbs vorgegeben. Die Stadt muss sich selbstverständlich an die geltende Rechtslage halten, aber der Investor macht einen Wettbewerb und sagt nicht ausdrücklich, das und das ist dort bei der bestehenden Flächenwidmung möglich. Das ist aber genau diese alte Politik, die Sie 2010 noch so kritisiert haben. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich zitiere hier die Architektenkammer aus den Gesprächen zum Wettbewerb: „Das Fehlen einer klaren Positionierung der Stadt Wien zum ‚Weltkulturerbe Innere Stadt Wien‘ wird von uns ausdrücklich kritisiert, weil es zu Lasten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wettbewerb geht. Wenn solche Vorgaben vage oder wie

 

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