Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 21
in diesem Verfahren zum Teil nicht vorhanden sind, dann werden die Beiträge der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eher zum Gegenstand einer ‚Lotterie‘ denn ein Beitrag, der an Hand transparenter, nachvollziehbarer und fairer Parameter juriert wird. So birgt zum Beispiel das Fehlen klarer Angaben zur Gebäudehöhe die Gefahr in sich, dass die Höhenentwicklung einiger Wettbewerbsvorschläge nicht mit den Vorgaben der UNESCO korreliert.“
Und jetzt frage ich Sie: Ist es die Schuld des Investors? 2010 hätten Sie gesagt, natürlich, die bösen Investoren, die da kommen, und die Stadt macht einen Kniefall. Heute sehen Sie das ein bisschen anders. Sie wissen, und das sage ich an dieser Stelle immer, dass wir dem Projekt durchaus positiv gegenüberstehen, und dass Sie von unserer Fraktion nichts dagegen hören werden, wenn jemand sein privates Geld in die Hand nimmt, um letztlich auch einen Mehrwert für die Öffentlichkeit zu schaffen.
Die Frage ist aber immer das Wie, und hier richtet sich unsere Kritik ganz klar an die Stadtregierung, an genau diese Art der Politik, diese alte Politik, die Sie kritisiert haben, an intransparente Vorgänge, an Deals oder Vereinbarungen, die hinter verschlossenen Türen geschlossen werden und letztlich auch, dass verbindliche Spielregeln bei der Stadtplanung und der Stadtentwicklung von der Stadt Wien gescheut werden, wie der Teufel das Weihwasser scheut. (Beifall bei den NEOS.)
Das Design dieser Beteiligungsinstrumente ist wahrlich aus den 1960ern, und 2009 hat Ihre grüne Planungssprecherin Sabine Gretner gefordert, dass generell neue Instrumente der Stadtplanung entwickelt werden, weil sich jene aus dem letzten Jahrhundert als zunehmend untauglich erweisen. Und jetzt frage ich Sie ganz ehrlich, nach sechs Jahren grünem Planungsressort, in der Verantwortung in der Stadtregierung, aber letztlich in der Verantwortung gegenüber den Wienerinnen und Wienern und der Zukunft dieser Stadt: Wo sind denn jetzt diese neuen Stadtplanungsinstrumente? Wir haben das im letzten Stadtentwicklungsausschuss gefragt und haben die Antwort bekommen: Die werden geprüft.
Ich möchte noch einmal zu diesem Welterbe-Status zurückkommen. Ja, selbstverständlich hat sich die Republik Österreich dazu verpflichtet, das Welterbe entsprechend zu schützen, und es wurde mit großem Pomp und Trara abgefeiert, dass das Ensemble der Wiener Innenstadt aus kulturhistorischen Gesichtspunkten von der UNESCO als schützenswert angesehen wird und diesen Welterbe-Status verliehen bekommen hat. Das wurde von der Stadtregierung abgefeiert, es wird dann abgefeiert, wenn es einem nutzt. Ein ehrlicher und offener Diskurs darüber, auch was dieser Welterbe-Status den Wienerinnen und Wienern bedeutet, findet nicht statt. Ich glaube, es hat mehr mit Identität als mit Tourismuseffekt zu tun, ich habe das an dieser Stelle auch schon einmal gesagt. Ich bin davon überzeugt, dass kein Tourist weniger oder mehr nach Wien wegen des Status kommt, wegen des Labels, der da irgendwo klebt. Das glaube ich nicht, ich glaube, sie kommen wegen der Schönheit dieser Stadt.
Es ist aber eine kulturhistorische und eine kulturpolitische Frage, wie wir mit dem kulturhistorischen Erbe in dieser Stadt umgehen, und da gibt es manche, die zu Recht davor warnen, diesen Status einfach verschwinden zu lassen oder so im Vorübergehen abzuschaffen, weil es in den Augen vieler so etwas wie der letzte Akt der Selbstverpflichtung ist, des Schutzes davor, dass noch gröberer Unfug dort passiert, dass noch mehr in das Ensemble eingegriffen wird.
Es mag sein, dass das nicht jedem gefällt, und, wie gesagt, bin ich ja auch dafür, dass wir offen und ehrlich darüber diskutieren, aber lassen wir doch bitte die Wienerinnen und Wiener darüber entscheiden, ob dieser Status für sie wichtig ist.
Dresden hat das vorgemacht, in Dresden gab es eine vergleichbare Situation, eine geplante Autobahnbrücke in einem Bereich, der von der UNESCO als Weltkulturerbe, als geschützt angesehen wurde. Und anstatt einfach über die Bürgerinnen und Bürger drüberzufahren, wurde dort ein Volksentscheid auf den Weg gebracht, genau über diese Frage: Ist uns im Spannungsverhältnis der Entwicklung der Stadt der Weltkulturerbe-Status wichtig oder nicht? Was ist uns wichtiger? Ich frage mich: Warum ist diese Stadtpolitik zu feig, das auf den Weg zu bringen? Warum will man auf Biegen und Brechen hier über die Bürgerinnen und Bürger drüberfahren, die ein Recht haben, in dieser Frage mitzuentscheiden? (Beifall bei den NEOS.)
Mir ist schon klar, dass Sie das alles vor dem Sommer über die Bühne bringen wollen, weil dann, wenn die UNESCO tagt, wenn Wien auf die rote Liste gesetzt wird, wird es schwieriger, vielleicht auch in der öffentlichen Meinung als Politikerin und Politiker zu seiner Haltung und zu seiner Meinung zu stehen. Deshalb will man das jetzt schnell über die Bühne bringen. Schließlich ist man ja auch dem Investor im Wort, wie ich gelesen habe. Verständlich, aus persönlichen Gründen nachvollziehbar, es ist unangenehm, aber letztlich ist das alles andere als verantwortlich gegenüber den Wienerinnen und Wienern, was Sie hier tun.
Es ist eigentlich eine Farce, eine Posse und eine Schande, wie Sie mit diesem Status umgehen. Wir haben gesagt, ja, machen wir eine Volksbefragung zu dem Thema! Das haben wir nicht erst seit gestern gesagt, wir sagen das kontinuierlich seit Januar, wir haben auch schon einige Anträge eingebracht. Lassen wir die Wienerinnen und Wiener entscheiden.
Okay, wenn Sie sagen, Volksbefragungen sind so eine Sache. Da hat ja die Stadt Wien durchaus selber Erfahrung mit suggestiven Fragestellungen, mit der Instrumentalisierung des Instrumentes der direkten Demokratie der Volksbefragung für wahltaktische Manöver oder parteipolitische Zwecke. Es gab ja zwei Volksbefragungen hier in Wien, bei denen die Fragestellungen alles andere als sachlich waren, das wissen Sie ja selber. Dann sage ich, okay, gut, möglicherweise sind diese Instrumente, die Volksbefragung nicht geeignet, weil bloße Ja- und Nein-Fragen in so komplexen Materien schwierig sind. Da kommt dann sofort eine Propagandawelle, da kommt dann sofort die Instrumentalisierung
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