«  1  »

 

Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 102

 

Wir sollen Ihnen vertrauen, wir sollen das mittragen und Ihre eigenen Leute, und das gilt ja für die SPÖ in abgeschwächter Weise auch nicht viel anders - also schauen Sie sich einmal den Zustand dieser Regierungskoalition an und bringen Sie vielleicht noch so viel Kraft auf, noch einmal gemeinsam zu sagen: Der letzte gemeinsame Beschluss ist nicht die Flächenwidmung für den Herrn Tojner, sondern ist der Neuwahlantrag. Das wäre noch ein Akt des Aufbäumens, und das würde Ihnen sehr gut anstehen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich habe mich eigentlich deshalb gemeldet, weil die Wortmeldung vom Kollegen Woller hat mich auch sprachlos gemacht. Ich bin wieder bei Stimme, und ich habe mich wieder gefasst. Kollege Woller, Sie haben gestern hier ein Armutszeichen, ein Bekenntnis abgegeben, dass die Stadt Wien, und da hauptsächlich die SPÖ, diese innerstädtische Fläche völlig versandeln haben lassen. Dass es dort so ausschaut, ist Ihr Verschulden, ist Ihre Schuld! Und jetzt gehen Sie her und sagen, einen Eislaufverein und einen Vorplatz vor dem Konzerthaus kann man nur dann schön herrichten, wenn einer einen Turm hinstellt! Das ist ja eigentlich unglaublich! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wenn Sie den Eislaufverein retten wollen, na, dann retten Sie ihn! Wenn Ihnen die Gewista-Plakate, das ist ja besonders pikant, dass die SPÖ was gegen Gewista-Plakate hat, wenn Ihnen die nicht gefallen, na, dann machen Sie es schön! Und wenn eine Schule einen Turnsaal braucht, dann ist das nicht Sache eines Investors, das ist Sache des Schulerhalters! Es ist skandalös, dass… (Beifall bei der FPÖ. - GR Christian Oxonitsch: Das ist der Bund!) Ja, ja, ja, sag‘ ich schon. Die Republik Österreich hebt Steuern Ende nie ein und die soll gefälligst für eine Bundesschule den Turnsaal bauen! Da brauchen wir den Herrn Tojner nicht! (GR Christian Oxonitsch: Ja und wo? - Beifall bei der FPÖ.)

 

Genauso wenig wie wir bei den Danube Flats auch die Soravias und andere Investoren nicht brauchen. Es ist ja unglaublich! Sie verabschieden sich von den kommunalen Kernaufgaben und sagen, danke schön, dass Investoren kommen, die uns Kindergärten, Spielplätze und Schulturnsäle bauen. Das ist ja eigentlich ein Wahnsinn!

 

Wenn es um die Achtung und Missachtung des Gemeinderates geht, da muss ich sagen, ich als Gemeinderat fühle mich missachtet, wenn hier von einem jahrelangen Verfahren gesprochen wird, das außerhalb der demokratischen Gremien stattgefunden hat. Meine Damen und Herren, in der Flächenwidmung sollte es so sein, dass es zuerst eine Widmung gibt, da legt die Stadt einen abstrakten Rahmen fest. Und innerhalb dieses Rahmens können und sollen Projekte entwickelt werden. (Aufregung bei GR Christian Oxonitsch.) Wir haben jetzt das zweite Verfahren in einer heiklen Sache, wo es genau umgekehrt gemacht wird: Ein Privater kauft ein Grundstück aus Spekulationsgründen, wo eine Widmung drauf ist, die das Projekt überhaupt nicht hergibt, fängt selber ein privates Verfahren an, macht selber einen Architekturwettbewerb. Dann gibt es ganz offenkundig Absprachen zwischen der Stadtregierung und dem Investor. Wenn der Bürgermeister und die Vizebürgermeisterin sich vor der Ausschusssitzung und vor der Gemeinderatssitzung hinstellen und sagen, wir können nichts mehr ändern, wir sind dem Investor im Wort, wir sind pakttreu. Dann frage ich mich: Was ist denn das für ein Pakt? (GR Mag. Wolfgang Jung: Demokratie auf Rot!) Was ist das für ein Pakt? Das kann ja nicht der städtebauliche Vertrag sein, weil der ja noch nicht einmal in Kraft treten kann. Es muss also offenkundig andere Absprachen geben. Der Gemeinderat muss jetzt die Widmung nachreichen! Meine Damen und Herren, die Widmung hat der erste Schritt in so einem Verfahren zu sein und nicht der letzte! (Beifall bei der FPÖ. - Aufregung bei GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.)

 

Das ist Missachtung des Gemeinderates! Das dürfte man sich eigentlich … Ja, ich komm noch zu Ihnen, Herr Kollege Al-Rawi, ich komm schon noch.

 

Aber das ist eine Missachtung unseres Gremiums. Im Prinzip ist eine Flächenwidmung ein generell abstraktes Rechtsgestaltungsinstrument, und was Sie machen, ist eine individuell konkrete, fast bescheidmäßige Widmung, weil ja nicht ein Rahmen gegeben wird, sondern es wird genau das Haus vom Herrn Tojner gewidmet. Also ich halte das auch in juristischer Hinsicht für ausgesprochen problematisch.

 

Im Weiteren die völkerrechtliche Verpflichtung, die wir eingegangen sind. Ich weiß nicht, bei wie vielen Berichten von irgendwelchen NGOs Sie Tränen in die Augen kriegen, wenn die ZARA irgendwas sagt, und die ZARA sagt, und die haben was gesagt, und die Mercer-Studie - das sind alles private Organisationen. Und wenn von einer UNO-Teilorganisation etwas kommt, wo wir uns als Stadt verpflichtet haben, da wird gesagt, na, das ist uns eigentlich wurscht. Da sieht man auch, dass Sie eigentlich mit dem Rechtsstaat auf Kriegsfuß stehen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Als Beruhigungspille kommt jetzt ein Resolutionsantrag, und der Kollege Woller hat ja schon die Rutsche gelegt, dass man auch diesen Wischiwaschi-Antrag sozusagen aushebelt, indem man einfach sagt: Ein Haus mit 66 m ist ja gar kein Hochhaus! Also so nach dem Motto: Was ein Hochhaus ist, das legt hier letztendlich die Mehrheit nach reinem Gutdünken fest. Das kann es ja nicht sein. Wenn das Weltkulturerbe weg ist, dann fallen alle Schranken, weil dann gibt es ja überhaupt kein Argument mehr, warum nicht der Nächste kommt und noch einen schiacheren Klotz hinknallt.

 

Und, Kollege Al-Rawi, wenn Sie meinen, ich weiß nicht, woher Sie das haben, dass niemand nach Wien wegen des Weltkulturerbe-Status kommt, dann verwechseln Sie Ursache und Wirkung. Die Leute kommen nach Wien, weil es bei uns schön ist und weil die Altstadt sehr schön ist. Und weil es eben so schön ist, deswegen haben wir den Weltkulturerbe-Status. Das ist etwas Deklaratives! (Aufregung bei GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.) Und man kann das Weltkulturerbe - und wir sind ja Zeugen, wie man in manchen Kulturkreisen dort mit Kulturgütern umgeht: In Palmyra wird gesprengt und geschossen, in Timbuktu wird gesprengt und geschossen oder ist gesprengt und geschossen worden. Das wird in Wien

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular