Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 102
Und weil der Zwischenruf vom Klubobmann der Sozialdemokraten gekommen ist, dass das sozusagen kein Widerspruch sei, beschäftige ich mich mit den Sozialdemokraten jetzt auch einmal ein bisschen.
Es war doch sehr auffällig, normalerweise haben die GRÜNEN in ihrer Politik mehr oder weniger Narrenfreiheit, sage ich einmal. Die sozialistischen Funktionäre ärgern sich zwar über vieles, was da an Verkehrspolitik und Ähnlichem passiert, aber im Großen und Ganzen lassen sie sie gewähren. Aber in diesem Fall, wo die grüne Basis einmal gesagt hat, nein, hier ist Schluss, hat auf einmal der Bürgermeister die Koalitionsfrage gestellt. Da stellt sich doch wirklich die Frage: Was steckt da eigentlich dahinter? Wieso kann eine sozialistische Partei, deren Kernaufgaben es immer waren, für Mieterrechte und gegen Spekulanten aufzutreten, sich plötzlich zum Mentor eines solchen klassischen Spekulantenprojekts machen? Ich meine, wie geht das? Wie erklären Sie das Ihren eigenen Funktionären? Offensichtlich können Sie es ihnen ohnehin nicht erklären. Ich zitiere Anton Pelinka, der in sehr treffender Form im „Standard“ bezüglich Ihrer Basisfunktionäre gemeint hat: „Wer tritt heute noch der SPÖ bei? Sehr wenige. Diejenigen, die noch Mitglieder sind, haben es versäumt, rechtzeitig auszutreten.“ Genauso schaut es aus und genauso schaut auch Ihr Parteitag aus! Kein Wunder, dass in der SPÖ der Aufstand gegen Rot-Grün tobt! Das ist genau die Situation, die ja eigentlich vorherzusehen war.
Fazit: Wir haben eine Regierung, bei der beide Parteien, die diese Koalition bilden, eigentlich keine Unterstützung bei der Basis haben. Das bedeutet nichts anderes, als dass sie eigentlich quasi schon abgewählt ist. (Zwischenruf von GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely.) Sie tut nur so, als wäre es nicht wahr. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Insofern verstehe ich auch die Eile, dass Sie das jetzt unbedingt durchpeitschen wollen und zum Beispiel nicht auf die Entscheidung von ICOMOS warten, weil Sie können sich ja nicht sicher sein, ob Sie morgen überhaupt noch im Amt sind (Beifall bei der FPÖ.), und zwar ganz unabhängig davon, was heute mit unserem Antrag passiert!
Ich möchte mich aber noch ein bisschen genauer mit dem Charakter und mit dem Thema des Weltkulturerbes an sich beschäftigen. Warum? Ich werde es Ihnen gleich erklären. Mir ist vor ein paar Tagen zu Ohren gekommen - Sie wissen, ich bin Obmann im 1. Bezirk -, dass ein ganz wichtiges Anliegen, das sowohl die Bewohner als auch die Politiker des 1. Bezirks als auch die Behindertenanwaltschaft als auch die Volksanwaltschaft, et cetera, pp., alle dringend gewünscht haben, und zwar der berühmte Lift am Stephansplatz. Dieser berühmte Lift am Stephansplatz wird von den Wiener Linien nicht gewollt, obwohl er eindeutig notwendig ist. Die Frau StRin Sima, jetzt hätte ich fast gesagt, entblödet sich nicht, also sie schreibt in einer Antwort: Man kann dort keinen Lift hinbauen, weil das dem Weltkulturerbe widersprechen würde. Es ist eine derartige Unmöglichkeit, einen Lift, der vielleicht eine Kiste von 2 mal 2 mal 5 Meter ist, auf den Stephansplatz eh ganz am Rand hinzustellen. Das ist unmöglich. Aber einen 66 m Turm mitten in die Kernzone des Weltkulturerbes hineinzubauen, wo man nicht mehr drübersieht, das ist ganz einfach kompatibel! Das kann es doch nicht sein! (Beifall bei der FPÖ. - Aufregung bei der SPÖ.)
Sie können sich doch nicht allen Ernstes mit solchen Argumenten da blamieren wollen! Es passiert Ihnen offensichtlich, aber es zeigt auf, dass Sie das alles nicht ernst nehmen. Aus meiner Sicht ist aber die ganze Diskussion sowieso falsch, denn das Weltkulturerbe ist ja nicht etwas, was uns von außen aufgezwungen ist, wo sich irgendwelche finstere Mächte gegen uns Wiener verbündet haben, sondern vielmehr ist es eine Auszeichnung dafür, dass wir in der Vergangenheit diese Stadt gut behandelt haben. Das ist es! Und Sie sagen, Sie pfeifen auf diese Auszeichnung! Sie pfeifen aber in Wahrheit auf ganz was anderes. Sie wollen nämlich nicht mehr sorgsam mit unserer Stadt umgehen! Das ist der springende Punkt! (Beifall bei der FPÖ.)
Das heißt, für mich ist eines klar: Die UNESCO ist quasi ein Schiedsrichter, der über unsere Politik, der über unseren Umgang mit unserem kulturellen Erbe richtet. Dem haben wir uns freiwillig unterworfen. Sie machen aber eine Politik, die vor diesem Schiedsrichter nicht standhält. Wir sollten nicht deswegen, weil der Schiedsrichter dann pfeift, dieses Haus nicht bauen, sondern wir sollten es deswegen nicht bauen, weil es unsere Stadt ist, unser kulturelles Erbe, das es zu erhalten gilt! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt noch zu dem Antrag, der da heute eingebracht worden ist. Es ist schon viel dazu gesagt worden, und ich werde nicht wiederholen, was der Kollege Gara vollkommen zutreffend über die Formulierungsspezialitäten dieses Antrags gesagt hat. Aber ich möchte eines schon deutlich machen: Wer soll eigentlich Ihre Aktion auf diesem Gebiet in irgendeiner Form ernst nehmen, wenn wir inzwischen ganz klar schwarz auf weiß haben, dass Sie in diesem Zusammenhang Bundesrecht brechen, dass Sie Landesrecht brechen, dass Sie da zwar einen Stadtentwicklungsplan haben, der hier auch beschlossen worden ist, ein Hochhauskonzept, einen Masterplan Glacis, und Sie stellen sich jetzt hin und sagen, das alles haben wir beschlossen? Manches davon wird jetzt offensichtlich und zugegebenermaßen selbst ignoriert wie zum Beispiel das alte Hochhauskonzept, das solche Häuser ja sowieso nicht zugelassen hätte. Im Widmungsverfahren steht ausdrücklich drinnen, eigentlich wäre das alte anzuwenden, aber wir haben ein bissel nachgedacht und haben beschlossen, wir machen es doch nicht. Das ist rechtsstaatlich ja eigentlich schon ein unglaublicher Wahnsinn! Und jetzt kommen Sie daher und schreiben einen Antrag, über dessen Sinnhaftigkeit man wirklich nur den Kopf schütteln kann, denn warum sollten Sie einen einfachen Antrag, der jetzt da als Beschlussantrag eingebracht wird, der noch dazu einige interessante Schwächen hat, wieso sollten Sie den befolgen, währenddessen Sie Gesetze ignorieren? Das kann doch niemand ernst nehmen, eine solche Vorgangsweise. Das ist von der ersten Minute an als Schmäh entlarvt! (Beifall bei der FPÖ.) Also ganz einfach Nein zu diesem Antrag, aber vor allen Dingen Nein zu
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