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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 134

 

Eine österreichweit weiterhin große Baustelle ist die Beschäftigung von älteren Arbeitslosen über 50 Jahre. Die Bundesregierung hat sich vor dem Hintergrund der steigenden Altersarbeitslosigkeit mit der Aktion 20.000 ein Ziel gesetzt, 20.000 Personen, die älter als 50 Jahre alt und länger als ein Jahr arbeitslos sind, eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bieten. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, dass in den Gemeinden, Städten, Ländern, aber auch bei gemeinnützigen Einrichtungen oft sinnvolle und durchaus wichtige Aufgaben nicht erfüllt werden können, weil es dafür keine finanziellen Mittel gibt oder sie nicht in den regulären Betrieb hineinpassen.

 

Wien macht bei diesem sinnvollen Projekt gerne mit. Vom Bund ist vorgesehen, dass Wien mehrere Tausend Menschen beschäftigt. Um das gut umzusetzen, wird Wien im Sommer im Rahmen eines Pilotprojektes vorerst mindestens 200 Personen in ein gefördertes Dienstverhältnis aufnehmen, sowohl im Magistrat als auch bei kommunalen Unternehmen und Einrichtungen. Damit können wir die Erfahrungen, die wir jetzt sammeln, einbringen und dann das Gesamtprojekt ausrollen. Ein großes Dankeschön an Sozialminister Alois Stöger, der es gegen den vehementen Widerstand einiger geschafft hat, diese Aktion auf Schiene zu bringen. Sie ist wirklich wichtig für Wien. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren, die Veränderungen des Arbeitsmarktes in Wien - ganz besonders stark in Wien, wie ich vorher erläutert habe - erfordern eine kritische Auseinandersetzung und eine Gestaltung dieser Veränderung. Das stellt uns auch insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung gerade bei den Frauen vor Herausforderungen, wenn es um den Strukturwandel am Arbeitsmarkt geht. Obwohl die Wiener Frauenerwerbsquote mit 78,7 Prozent deutlich über dem Österreichschnitt liegt, der ist nämlich nur bei 74 Prozent, müssen wir Maßnahmen ergreifen, damit die Frauen bei diesem tiefgreifenden Strukturwandel nicht unter die Räder kommen. Über 8 Millionen EUR stellt der WAFF für spezielle Frauenprogramme zur Verfügung. Mit dem Programm „FRECH - Frauen ergreifen Chancen“ gibt es Angebote speziell für Frauen, die neue berufliche Wege einschlagen wollen.

 

Berufliche Weiterbildung wird im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Arbeitswelt einen besonderen Stellenwert einnehmen. Was kann das zum Beispiel konkret bedeuten? Frauen, die in den administrativen Bereich fallen und bei kleineren Unternehmen arbeiten. Es geht darum, sie beim Erwerb von Kompetenzen in in Zukunft gefragten Bereichen, wie Webmanagement, Contentmanagement, Bildbearbeitungsprogrammen, und so weiter zu unterstützen. Das ist ein wesentlicher Beitrag, diese jedenfalls stark von der Digitalisierung betroffenen Jobs wie Büroassistentinnen, Sekretärinnen abzusichern und zukunftsfit zu machen. Leider ist es gerade so, dass viele berufstätige Frauen, vor allem die in Teilzeit - und das sind viele, zu viele - und die in schlechter bezahlten Jobs bei der Weiterbildung im Betrieb oft auf der Strecke bleiben.

 

Ich habe daher den WAFF beauftragt, mit FRECH 4.0 ein spezielles Angebot zu entwickeln, um berufstätige Frauen gut für die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt zu unterstützen. Denn wir wollen, dass die Frauen zu den Gewinnerinnen der Digitalisierung der Arbeitswelt werden, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Liebe Kollegen und Kolleginnen, eng mit dem Thema Arbeitsmarkt ist auch die Mindestsicherung verknüpft. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern war Wien immer an einer einheitlichen, bundesweiten Lösung interessiert und hat sich nicht mit plakativen und sinnlosen Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip begnügt. Durch das Scheitern einer gemeinsamen 15a-Vereinbarung ist die bundesweite Regelung mit Ende des Jahres 2016 ausgelaufen. Dadurch kam es zum Auseinanderdriften der Voraussetzungen für die Mindestsicherung in Österreich.

 

Mit einem Trugschluss, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich gleich zu Beginn aufräumen. Armutsbekämpfung ist kein Minderheitenprogramm, Armutsbekämpfung ist eine gemeinsame Aufgabe und im Interesse der gesamten Gesellschaft, denn sie sorgt für sozialen Zusammenhalt, eben nicht das Ausspielen von Armen gegen noch Ärmere, gegen Mittelschicht, und umgekehrt. Das sorgt für Sicherheit und ist im Interesse aller. Diese Sicherheit und eben dieser soziale Zusammenhalt ist nicht zuletzt ein wesentlicher Standortfaktor für Wien, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Wien hat also die Wiener Mindestsicherung neu gestaltet. Während andere Bundesländer mit restriktiven Regelungen vor allem Symbolpolitik betreiben und bei den Schwächsten Kürzungen vornehmen, hat sich Wien bewusst für einen anderen Weg entschieden, Anreize, Maßnahmen, Programme zu schaffen, damit Menschen wieder in Beschäftigung kommen. Ein Arbeitsplatz ist nämlich das wirksamste Instrument gegen Armut. Möglichst viele Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, aus der Mindestsicherheit herauszuholen, bringt Wien wesentlich mehr, als den Mindestsicherungsbetrag zu kürzen und damit Obdachlosigkeit, Armut und damit Unsicherheit zu befeuern. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Das macht gesellschaftlich Sinn, das macht finanziell Sinn, das macht menschlich Sinn. Unser Bürgermeister hat die Wiener Haltung bei der Präsentation der neuen Mindestsicherung in einem Satz klar zusammengefasst: Wir wollen Armut bekämpfen, nicht die Armen!

 

Ich komme zurück zum Strukturwandel. Der Strukturwandel, der unsere Gesellschaft, unsere gesamte Wirtschaft gerade jetzt besonders prägt, macht selbstverständlich nicht vor den Toren des Magistrats halt. Darum haben wir den Prozess „Wien neu denken“ ins Leben gerufen, der auf den Ergebnissen der Wiener Struktur- und Ausgabenreform fußt. Dabei geht es nicht darum, mit dem Einsparungsrasenmäher quer über den Magistrat drüberzufahren, wir denken hier viel weiter: Wie soll unser Wien 2025 ausschauen? Wie soll sich die Stadt, die Kommune in diesem Wien präsentieren? Bis dahin werden noch mehr Amtswege digital abgewickelt, die persönliche Betreuung braucht es trotzdem. Wie soll das ausschauen? Wo soll das passieren? Was erwarten wir von einem Magistrat im Jahr 2025?

 

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