Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 134
scheinlich wissen, und auch andere Ressorts machen Wissenschaftspolitik oder Forschungspolitik, zum Teil in ihren eigenen Abteilungen, aber zum Teil auch durch Forschungsaufträge und auch, indem sie Forschungsaufträge mit Dritten oder mit Unternehmungen eingehen beziehungsweise diese befördern. Oder auch die Fachhochschulförderung aus dem Ressort der StRin Brauner möchte ich hier erwähnen.
Aus dem Wissenschaftsressort selbst geht der große Brocken eigentlich in die institutionelle Jahresförderung von großen Wissenschaftsinstitutionen und Forschungsgesellschaften, und soweit es uns möglich ist, schaffen wir hier eine Planungssicherheit, indem wir auf Mehrjahresförderungen umstellen, sofern das auch ein Wunsch ist. Sie können sich vorstellen, dass das für die Planung, für die mehrjährige Perspektive ein großer Vorteil für die Institutionen ist, weil sie auch damit rechnen können.
Wir geben in Wien Geld für Stipendien aus, was besonders jungen ForscherInnen zu Gute kommt. Und was ich auch sehr erfreulich finde, ist, dass es allmählich anläuft - nachdem auf Bundesebene ja das Gesetz geändert wurde -, dass wir Mittel, die wissenschaftliche Institutionen von Dritten einwerben, von Seiten der Stadt Wien verdoppeln können.
Das ist alles sehr, sehr erfreulich. Und was ich auch sehr erfreulich finde, ist, dass Wien mit seinen Instrumenten in der Wissenschaftspolitik auch einen Beitrag dazu leistet, die Frauen in der Wissenschaft zu fördern, soweit wir das können. Sie kennen das Stichwort „Leaky Pipeline“ - die gläserne Decke -, die den Umstand bezeichnet, dass Frauen, je weiter sie in den wissenschaftlichen Karrieren voranschreiten, immer dünner gesät sind, dass sie also gleichsam versickern. Das liegt mit auch daran, dass es eine ganz stark traditionell männlich ausgerichtete Wissenschaftskultur und auch -struktur gibt.
So gesehen freut es mich wirklich, dass wir zu dem doch noch immer recht bescheidenen Anteil an Professorinnen, der in Österreich bei 22 Prozent liegt und dem über 50 Prozent weibliche Studierende gegenüberstehen, in Wien einen, wie ich finde, kleinen Ausgleich schaffen können.
Ich möchte Ihnen dazu ein paar Zahlen nennen: 22 Prozent der von Wien subventionierten wissenschaftlichen Vereine und Einrichtungen werden von Frauen geleitet. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, hier Frauen auch voranzustellen, ihnen auch die Führungsposition zu geben und das auch anzuerkennen.
65 Prozent der Wissenschaftsstipendien gehen an junge Akademikerinnen, und 73 Prozent der StipendiatInnen für Diplomarbeiten und Dissertationen sind ebenfalls weiblich. Dazu kommen 74 Prozent der ForschungsstipendienbezieherInnen - sie alle dann mit kleinem „i“ -, und auch 80 Prozent der Förderpreise ergehen an Frauen.
Ich finde, das ist eine sehr tolle Entwicklung, bei der Wien einen wichtigen Beitrag leistet, um die strukturellen und organisationalen Benachteiligungen von Frauen in der Wissenschaft ein bisschen auszugleichen.
Natürlich geht es hier nicht nur rein um Köpfe, es geht auch in der Wissenschaftspolitik ganz stark darum, einerseits die Kultur zu verändern, aber auch die wissenschaftliche Methodik, überhaupt die Wissenschaftsproduktion, die Implementierung von neuen Standards und Qualitätskriterien. Und aus meiner Sicht können wir da natürlich noch ein bisschen zulegen und uns hier noch ein bisschen stärker einmischen - obwohl ich zuerst von der Freiheit der Wissenschaft geredet habe, aber die Freiheit der Wissenschaft ist ja nicht eine Freiheit, um zu diskriminieren, sondern da geht es auch um Gleichstellung und um gleichberechtigte Teilhabe. Also aus meiner Sicht können wir da noch ein Schäufelchen nachlegen.
Diese „Leaky Pipeline“ ist die eine Sache. Wir haben auf den Universitäten auch noch eine ganz starke Geschlechtersegregation in der Studienwahl. Ich sage Ihnen ja nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, dass in den Sozial- und Geisteswissenschaften der Frauenanteil recht groß und in den technischen Wissenschaften nach wie vor leider Gottes sehr gering ist. Ich finde, mit dem Wiener Töchtertag oder auch mit einer geschlechtssensiblen Pädagogik versuchen wir hier entgegenzuwirken. Und da braucht es natürlich auch auf Seiten der wissenschaftlichen Institutionen, aber auch der Unternehmen noch eine gehörige Portion an Anstrengung, damit sich Frauen in diesem Bereich tatsächlich stärker willkommen fühlen und nicht als ein besonderes Exemplar, auf das alle schauen.
Ich nütze noch ein bisschen mehr von meiner selbstgewählten Redezeit aus, um auf einen letzten Punkt, der mir sehr wichtig ist, in der Wiener Wissenschaftspolitik hinzuweisen, und zwar auf die Wissenschaftskommunikation. Ich habe vor Kurzem eine Zahl gelesen, die ich eigentlich recht erschreckend finde, nämlich dass 52 Prozent, also knapp mehr als die Hälfte, der Österreicherinnen und Österreicher sich weder über Wissenschaft informiert sehen noch überhaupt ein Interesse an Wissenschaft haben. Das finde ich eigentlich sehr schockierend, denn das ist doch ein recht wichtiges Feld, nicht nur thematisch, sondern auch ein wichtiges Arbeits- und Forschungsfeld. Ich finde, in Wien wird die Wissenschaftskommunikation doch recht großgeschrieben, und wir haben hier auch sehr spannende Formate und Kooperationen mit Forschungseinrichtungen. Ich halte diesen Weg für sehr gut und halte es auch für lohnenswert, ihn weiter zu beschreiten, um die Öffentlichkeit breiter in die Wissenschaft hereinzubringen beziehungsweise auch die Wissensvermittlung voranzutreiben, und dies, wenn es geht, möglichst niederschwellig.
Dennoch finde ich, dass diese Wissensvermittlung noch relativ stark hierarchisch geprägt und auch recht einseitig ist. Ich würde mir wünschen, dass Wien hier zukünftig einen Weg des Dialogs beschreitet, einen Weg des Dialogs zwischen akademischen und nichtakademischen Menschen. Ich halte das deswegen für so wichtig, weil es darum geht, auch das Innovationspotenzial in diesem Dialog zu nützen, also Wissenschaftspolitik auf dieser Ebene als Innovationspolitik zu betreiben, indem wir Menschen, BürgerInnen, Zivilgesellschaft in die wis
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