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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 129 von 134

 

einen Stillstand, in manchen Bereichen gibt es auch einen Rückschritt.

 

Ich habe vor ein paar Wochen zufällig meine Vorgängerin, die auch einmal Mitglied dieses Hauses war, getroffen. Sie hat mich gefragt, wie es mir geht und wie ich mir so als Behindertensprecher tue. - Darauf habe ich gesagt: Es ist ein bisserl frustrierend! Ich bin schon einiges gewohnt, ich bin auch schon lange genug dabei. Aber so frustrierend hätte ich es mir nicht vorgestellt! - Ich sagte ihr, dass ich immer wieder Anträge zu gewissen Themen einbringe, und zwar manchmal auch zu „No na“-Geschichten, die die Stadt Wien nicht einmal einen Cent kosten würden, dass aber alles abgelehnt wird. - Darauf sagt sie: In einem halben Jahr werden sie es dann als eigene Idee einbringen. - Darauf sage ich: Da hast du es noch gut gehabt, denn diese Zeit ist vorbei! Sie klauen die Idee nicht einmal mehr, offenbar geht nicht einmal mehr das!

 

Man braucht also, wie gesagt, schon sehr viel Selbstmotivation, um da am Ball zu bleiben.

 

Bei diesem einen Beispiel, das ich genannt habe, in der es sich eigentlich um eine „No na“-Geschichte gehandelt hat, die die Stadt Wien keinen Cent gekostet hätte, ging es darum, dass man jetzt in manchen Bundesländern beginnt, Förderungen an Behindertenorganisationen zu besteuern. Da kommt das Finanzamt und sagt, wir wollen von der Subvention 10 Prozent Steuer haben! - In Oberösterreich gibt es einen solchen Fall, und man hat sich mit der Organisation dann darauf geeinigt, dass man das jetzt nur auf zwei und nicht auf sieben Jahre rückwirkend macht. Auch in Tirol gibt es schon einen solchen Fall.

 

Natürlich befürchten jetzt Behindertenorganisationen auch in Wien eine Art „Flächenbrand“, wie sie es genannt haben. Daraufhin habe ich vor einigen Monaten den Antrag gestellt, dass sich der Herr Bürgermeister, auch Landeshauptmann, mit diesem Thema befassen und auf höher Ebene, zum Beispiel bei der Landeshauptleutekonferenz, dagegen aussprechen möge. - Das ist, wie gesagt, eigentlich eine „No na“-Geschichte, welche die Stadt Wien auch keinen Cent gekostet hätte, aber das wurde damals abgelehnt. - Ich habe das jetzt stellvertretend als Beispiel für solche Situationen angeführt.

 

Zum zweiten Aufzug auf dem Stephansplatz: Ich weiß, ihr alle könnt das gar nicht mehr hören! Ich kann es eigentlich auch nicht mehr hören, aber das ist halt noch immer ein Thema, das eigentlich unglaublich ist! Es geht dabei um 2 Millionen EUR bei einem Gesamtbudget der Stadt Wien von 13 Milliarden EUR! Es handelt sich dabei um eine einmalige Ausgabe im Null-Komma-irgendetwas-Bereich, aber das ist partout nicht möglich, und das im Herzen der Stadt Wien und damit auch im Herzen Österreichs! Beziehungsweise kann man fast sagen, dass wir im Herzen Europas einen Platz haben, wo wir dringend einen zweiten Aufzug brauchen, was aber einfach nicht möglich ist!

 

Dann bekommt man noch eine Begründung von einer amtsführenden Stadträtin, und zwar diesmal nicht von Frau StRin Frauenberger, sondern von Frau StRin Sima, die für die öffentlichen Verkehrsmittel zuständig ist. Sie hat gesagt, es gibt ein paar mögliche Standorte, aber dort geht das leider nicht, denn das würde das UNESCO-Weltkulturerbe gefährden. (Ironische Heiterkeit bei GR Mag. Wolfgang Jung.) Man könnte einen zweiten Aufzug nur neben dem anderen errichten, der schon steht, aber da ist eben schon einer. - Das ist ungefähr so wie im Supermarkt, wenn man sagt, dass eine zweite Kassa geöffnet werden soll, und das Supermarktpersonal sagt, dass das nicht geht, weil eh schon eine Kassa in Betrieb ist, vor der aber die Schlange steht. - All das ist teilweise irgendwie absurd!

 

Das gilt zum Beispiel auch dafür, dass es in Wien nicht möglich ist, dass es einen eigenen Tarif für behinderte Menschen gibt. Das ist in den meisten Städten, die öffentliche Verkehrsmittel haben, der Fall, in Wien jedoch nicht.

 

Besonders „gut“ war auch die Geschichte mit den Behindertenampeln. Sie sehen, ich ziehe jetzt auch ein bisserl Resümee, denn der Rechnungsabschluss verleitet auch dazu, ein wenig auf die letzten Monate oder diesmal auf das Jahr 2016 zurückzuschauen. So war etwa das Beispiel mit den Behindertenampeln eigentlich - unter Anführungszeichen - eine lustige Geschichte: Ein Funktionär einer Behindertenorganisation ist an mich herangetreten. Ich nenne jetzt keinen Namen, dann weiß man nicht, wer das ist. Es ist übrigens ein Roter, aber ein enttäuschter Roter, so viel darf ich verraten. Er hat zu mir gesagt: Wir haben den Eindruck, dass mit Beginn 2016 alle neuen Ampeln in Wien mit diesem neuen Eurokey-System ausgestattet sind.

 

Es handelt sich dabei um einen Key beziehungsweise Schlüssel, den der Blinde bei sich hat, wobei die Wienerinnen und Wiener diesen gratis bekommen, das muss ich dazusagen. Erstens ist dieser aber schwer zu handhaben. Diesen Schlüssel anzuwenden, ist nicht ganz angenehm, wenn man zum Beispiel auf einer Seite einen Blindenhund und auf der anderen Seite eine Tasche hat. Oder auch im Winter ist das natürlich nicht so angenehm, wenn es waagrecht schneit. Aber die Ampeln sind nur mehr mit diesem Schlüssel auszulösen. Dazu kommt natürlich noch, dass Gäste aus den Bundesländern oder Touristen aus dem Ausland diesen Schlüssel natürlich gar nicht haben. - Diese Einrichtung ist also ein Rückschritt und noch dazu schweineteuer.

 

Es gäbe ein gutes System, das in anderen Landeshauptstädten schon seit Jahren funktioniert. Hier hat man sich aber für das teurere und schlechte Modell entschieden.

 

Ich wollte natürlich wissen, ob dieser Eindruck ein subjektiver ist oder ob dieser zutrifft. Daher habe ich letzten Dezember eine Anfrage an die Frau Vizebürgermeisterin und auch Stadträtin für Verkehr gestellt. - Ihre Antwort lautete: „Ja, das stimmt, wir rüsten diese Ampeln jetzt nur mehr so aus, aber die Blinden wollten das und sind sehr zufrieden damit.“ Gott sei Dank hatte ich das von ihr schriftlich, denn sonst hätten die Blindenorganisationen, als ich diese Information an sie weitergeben habe, vielleicht geglaubt, ich verleumde die Vizebürgermeisterin. Das hätte mir ja keiner geglaubt!

 

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