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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 15.12.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 97 von 138

 

an der Macht sind. Und dass sich Fremdenhass selten gegen nur eine Minderheit richtet.

 

Momentan ist eine andere Minderheit im Fokus, stimmt, aber der Präsident Israels weiß, wer die Nächsten sind, die drankommen, wenn sich die rechtsextremen Parteien an ihrem neuen Feindbild abgearbeitet haben. So sehe ich das. (GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Genau! - StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Das ist eine Verharmlosung!) - Das ist keine Verharmlosung. Das ist genau das, was momentan in Europa passiert. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich mache ein Angebot. Die FPÖ bemüht sich, ein anderes Bild zu vermitteln. Dazu sage ich einmal: Gut, nachdem ich immer glaube, dass jeder von uns sich verbessern kann. Die Frau Meinl-Reisinger gibt ihnen einen Vertrauensvorschuss trotz aktueller Vorfälle, ich nicht. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Ich gebe ihnen keinen Vertrauensvorschuss!) Was ich aber schon anbieten könnte: Versuchen Sie, in ganz Österreich darauf zu schauen, dass zwei Jahre lang kein einziges Mitglied der FPÖ mit so furchtbaren antisemitischen Postings auffällt, dass Sie nicht Hitlergrüßen immer wieder jemanden aus der ganzen Mandatsliste herausnehmen müssen, dass Sie nicht Leute, die den Schöpfer der österreichischen Verfassung mit antisemitischen Codes bedecken! Versuchen Sie zwei Jahre lang, sich anständig zu verhalten (GR Mag. Wolfgang Jung: Dann gibt’s euch nicht mehr!), und dann reden wir weiter, ob man mit Ihnen gemeinsam Projekte betreffend Antisemitismus machen kann! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster ist Herr GR Florianschütz zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

19.31.46

GR Peter Florianschütz (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte noch verbliebene Zuschauerinnen und Zuschauer bei diesem Ereignis!

 

Es geht heute um die Subvention für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ist eine verdienstvolle, honorige Institution, an der sich bedauerlicherweise trotzdem jedes Jahr die Geister scheiden. Ich würde mir erwarten, dass es keine Wortmeldung zum Thema Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes gäbe, sondern alle Fraktionen einmütig und freudig der Subvention zustimmen. Dem ist aber nicht so oder wird zumindest nicht so sein. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir diese Diskussion führen. Meine Damen und Herren, Sie kennen mich. Sie wissen, dass ich - es ist immer komisch, wenn man als Politiker so etwas sagt - dazu tendiere, Harmonie zu mögen. Ich bin ein Mensch, der versucht, möglichst viele Dinge unter den sprichwörtlichen volkstümlichen Hut zu bringen und Einigkeit zu erzielen. Wie man heute erkannt hat, ist das nicht immer möglich, das geht nicht immer. Das ist dann vielleicht nicht schade, wenn es der Klarheit dient. Heute dient es vielleicht der Klarheit, dass wir diese Diskussion führen.

 

Ich darf Ihnen berichten, dass heute in einem anderen Sitzungssaal des Rathauses eine Chanukka-Feier stattgefunden hat, nämlich auf Einladung unseres Herrn Bürgermeisters, bei dem ich mich sehr bedanken möchte, bei der wesentliche Repräsentanten der jüdischen Community in Wien anwesend waren. Ehrlich gesagt, das war eine schöne Veranstaltung, die mir sehr gut gefallen hat. Sie hat hier eine Tradition. Dort hat der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde einen seiner Vorgängerinnen und Vorgänger zitiert. Mit dem Gedankengang, dass die Juden die Funktion der Grubenvögel der mittelalterlichen Minen hatten, nämlich jener Vögel, die dazu da waren, um, wenn Gas einströmt, zu sterben und damit alle anderen zu retten. Er hat gemeint, die Juden und der Umgang mit Jüdinnen und Juden ist in unserer Gesellschaft ein Signal dafür, wie wir insgesamt gesellschaftlich miteinander umgehen. Damit hat Ossi Deutsch recht.

 

Darum, meine Damen und Herren, gerade auch von der Opposition in den Reihen der FPÖ, wissen Sie, was nicht funktionieren wird - und das ist Ihr Problem, das Sie mit den Grünen haben -? Diese Trennung: Hier sind die Juden, und wir sind gegen Antisemitismus, aber bei allen anderen Völkern dieser Erde und bei allen anderen Minderheiten ist uns das wurscht. Wer gegen Antisemitismus ist, ist immer auch für die Bekämpfung der Diskriminierung jeder Minderheit. Das ist das Wesen der Bekämpfung des Antisemitismus.

 

Ich würde Ihnen gerne glauben, dass Sie diese Einsicht mit mir teilen. Sie haben heute eine gute Gelegenheit, meine Damen und Herren, nämlich bei der Frage über die Subvention für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Der erste Schritt Ihrer Glaubhaftigkeit im Kampf gegen Antisemitismus wäre es, diese Stelle, die gegen Antisemitismus kämpft, zu unterstützen. Da werden wir dann sehen, ob Sie das tun werden oder nicht. Denn nicht, wie es so schön heißt, an den Worten werden wir die Menschen messen, nein, an den Taten, da hat Kollege Ellensohn schon recht. So gesehen ist das ein verlockendes Experiment, sich die Taten jeder Partei anzuschauen und danach zu bemessen, wo sie denn steht oder nicht steht.

 

Aber damit zu den Vorfällen, über die wir heute auch diskutieren: Meine Damen und Herren, es ist absolut nicht hinnehmbar, dass in Wien auf einer Demonstration Menschen unter dem Beifall anderer „Schlachtet die Juden!“ skandieren. Das ist nicht hinzunehmen! Das ist, was ich gut finde, wahrscheinlich die einhellige Meinung des Hauses. Die Frage ist nur: Welche Schwerpunkte setzt man? Beispielshalber bin ich, ist meine Fraktion und sind auch die GRÜNEN der festen Überzeugung, dass das nicht nur Sache der Stadt Wien ist, sondern Sache der Justiz und der Sicherheitsbehörden. Das heißt, ich erwarte mir, dass das nächste Mal, wenn so eine Kundgebung stattfindet, der Vertreter der Behörde, sprich, der Landespolizeidirektion Wien, diese Kundgebung abbricht, wenn da strafbare Inhalte stattfinden. (Allgemeiner Beifall.)

 

Ich erwarte mir, dass Gruppen und Institutionen, die offen zur Vernichtung Israels aufrufen, zur Diskriminierung, Diskreditierung dieses Staates, eines demokratischen Landes ... Dieses Land darf man natürlich auch

 

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