«  1  »

 

Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 102

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Herr Kollege! Bekomme ich von Ihnen einen Antrag? - Danke schön.

 

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar. Ich erteile ihr das Wort.

 

13.27.58

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Werter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Am heutigen Tag legt uns die Planungsstadträtin ein weiteres Konzept vor, nämlich das Fachkonzept „Öffentlicher Raum“. Darin erkennt die Stadt, dass im öffentlichen Raum viele Interessen aufeinander treffen und dass viele Menschen den öffentlichen Raum nutzen. Auf 80 Seiten wird bis ins kleinste Detail von Handlungsempfehlungen gesprochen. Wer dieses Konzept verstehen will, braucht allerdings vor allem Zeit, denn diesem liegen sechs andere Vorkonzepte zugrunde. Freiraum Stadtraum Wien, Smart-City-Wien-Rahmenstrategie, 2050 Klimaschutzprogramm, der STEP 2025, das Fachkonzept „Mobilität“ und das Fachkonzept „Grün- und Freiraum“. Eineinhalb Jahre hat die Erarbeitung des jetzigen Konzeptes gedauert, und heute liegt dieses zur Beschlussfassung vor.

 

Wir werden diesem Konzept unsere Zustimmung leider nicht geben können. Es ist zwar einerseits gut und wichtig, dass man sich, wie in den Konzepten auch schon angedeutet, Gedanken über wichtige Themen, die die Entwicklung der Stadt berühren, macht. Andererseits nehmen diese Konzepte und Strategien mittlerweile an Ausmaß an, bei dem ich mich allen Ernstes frage, wie sich die Stadt die Implementierung dieser Konzept- und Strategieflut vorstellt! Ich habe das auch schon bei der Präsentation und, wie ich glaube, auch im Ausschuss angesprochen: Wer soll überhaupt der Adressat dieser vielen Konzepte sein? Die Bevölkerung? Eher nicht! - Planungsbüros? Diese müssen künftig zusätzliche Mitarbeiter einstellen, um erstens alle Konzepte durchzuackern und um zweitens zu verstehen, was das für ihre tägliche Arbeit bedeuten könnte. Und wenn das geschafft ist, dann kommt vielleicht sogar schon das nächste Konzept! Oder ist die Stadt selber der Adressat? - Das würde dann schon beinahe an Beschäftigungstherapie grenzen, damit die Stadt selber weiß, welche Ziele sie sich setzt!

 

Wie so viele andere Konzepte, Masterpläne oder Strategien ist das Fachkonzept „Öffentlicher Raum“ auch in seiner Formulierung recht schwammig. Es werden zwar Ziele formuliert, diese sind aber bis zu einem großen Teil nicht messbar. So soll zum Beispiel das Ziel Interesse an Partizipation von größerer Wichtigkeit werden. - Dadurch wird natürlich auch die Bewertung schwierig, ob ein Ziel erreicht wurde oder nicht.

 

Ein Thema, das ich explizit ansprechen möchte, findet sich in dem Fachkonzept unter Punkt 26, nämlich die Weiterentwicklung der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren. - Dagegen ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden. Ich halte allerdings die Werbung für bedenklich, die in diesem Punkt für den städtebaulichen Vertrag gemacht wird, denn städtebauliche Verträge, wie sie derzeit in der Stadt gehandhabt werden, stellen meiner Ansicht nach kein transparentes Instrument für mehr Kooperation dar. Momentan kann nämlich niemand beurteilen, ob ein städtebaulicher Vertrag gut oder schlecht ist. Es gibt dafür, zumindest für uns, keine offiziellen oder transparenten Kriterien, und ich frage mich, auf welcher Basis die Verhandlungen dieser Verträge starten und wie sie insgesamt initiiert werden.

 

Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt jemand weiß, denn die Anfragebeantwortung, die wir dazu erhalten haben, lässt auch Genaueres offen. Ich möchte daraus zitieren, da heißt es: „Wenn im Zuge eines Verfahrens zur Festsetzung oder Änderung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplans festgestellt wird, dass der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zweckmäßig ist, erfolgt eine diesbezügliche Information des Grundeigentümers beziehungsweise des Projektwerbers durch die MA 22.“ - Diese Beantwortung erfolgte noch vor Weihnachten. Das ist nur ein Auszug daraus. Es ist also nicht wirklich klar dargelegt, wie sich dieser Prozess einer Initiierung eines städtebaulichen Vertrags gestaltet, und solange hier keine Klarheit, keine Transparenz und keine Nachvollziehbarkeit herrschen, können wir diesem Instrument auch künftig nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Fachkonzept „Öffentlicher Raum“ wird das 11. strategische Papier seit Anfang der laufenden Periode beschlossen, und seit 1994 ist es das 46. Strategiepapier, das im Zusammenhang mit der Stadtplanung verfasst wurde. Allerdings sind auch Aspekte betreffend Bildung oder Gesundheit nicht mit dabei, sondern es geht rein um Themen, die die Stadtplanung unmittelbar betreffen. Dabei sollten doch gerade Bildung und Gesundheit ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Stadtentwicklung sein!

 

Die Stadt und unsere Zeit befinden sich im Wandel. Es herrscht eine ganz andere Dynamik als früher, und es gibt sicherlich beziehungsweise hoffentlich haufenweise Ideen, wie man unsere Stadt gestalten kann. Aber muss dieser Ideenhaufen auch in einen Haufen von Konzepten münden? Diese Konzepte, Strategien, Maßnahmen, Berichte, Praxisbücher, Perspektiven und wie sie alle heißen umfassen über 5.000 Seiten! Machen Sie doch bitte die Arbeit von verantwortlichen Beamten, Akteuren und Stakeholdern nicht noch schwieriger, als sie eh schon ist! Das Beachten sämtlicher Ziele, Vorstellungen, Vorgaben, Visionen, Maßnahmen und Handlungsfelder ist im täglichen Planungsgeschäft faktisch unmöglich. Ich weiß auch, ehrlich gesagt, gar nicht, ob diese vielen Konzepte auch schon einmal auf ihre Wirksamkeit bewertet wurden.

 

In diesem Sinne würde es mich freuen, wenn statt einem neuen Konzept - ein nächstes wurde uns ja in der STEK schon angekündigt - einmal ein Evaluierungsbericht auf meinem Schreibtisch landen würde! - Danke. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Chorherr. Ich erteile ihm das Wort.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular