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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 102

 

Und was sich auch noch außer dem Interessenskonflikt zeigt, ist, dass tatsächlich auch in Ihrer Wortwahl, in Ihrer Sprache, in den Bildern, die Sie bemüht haben, ganz deutlich wird, was die Problematik ist, wie der Bereich Sexarbeit thematisiert wird und gesellschaftlich diskutiert wird, nämlich dass sich die gesamte gesellschaftliche Abwertung, die Frauen grundsätzlich in einem sexistischen und patriarchalen Gesellschaftskontext erfahren, sich verstärkt, sich verdoppelt, sich im Bereich Sexarbeit vervielfacht und diejenigen trifft, die in dem Bereich arbeiten, nämlich Sexarbeiterinnen. Und das ist etwas, das Ihnen eigentlich bewusst sein sollte. Das ist etwas, das wir täglich erleben. Das ist etwas, das so greifbar ist, das hier auch in dem Beitrag Ihres Kollegen greifbar war, in der Sprache, die gewählt wird, in den Bildern, die hergestellt werden, in den Medienberichten zu dem Bereich, aber auch in den Gesetzen, die diesen Bereich regulieren. Inwieweit werden hier die Betroffenen gesehen? Inwieweit werden die Akteurinnen gesehen als solche, nämlich als selbstständige Akteurinnen, als selbstbestimmte Akteurinnen, beziehungsweise wird ihnen dazu verholfen, als solche auch tätig zu sein? Und wie weit werden sie als mit Rechten ausgestattete Individuen gesehen, die Menschenrechte auf einer ganz banalen Ebene haben, Menschenrechte, aber darüber hinaus auch ganz konkrete Rechte und Rechtsanspruch? Und wenn Sie das als etwas zwischen Kaffee und Kondom abtun, dann ist das für Sie lächerlich. Dann ignorieren Sie das. Dann sind Sie genau Teil des Problems, das Beratungsstellen wie das Projekt SOPHIE ja bekämpfen müssen und daran arbeiten. Und jetzt versuchen Sie einmal eine Vermittlung von der Komplexität der gesetzlichen Lage des Ausschlusses von Sexarbeiterinnen aus ihren Rechten und der Möglichkeit, sich dann trotzdem selbstbestimmt in einem Gesellschaftsgefüge zu bewegen, das von Ihren Wortmeldungen geprägt ist, und das in vielen verschiedenen Sprachen. Das ist so weit weg von Kaffee und Kondomen! Das ist ja absurd, mit so einer Ignoranz an diesen Bereich heranzugehen! Und das, was Sexarbeiterinnen, und das sind ganz konkret mehrheitlich Frauen, das heißt, wir sprechen über einen Bereich, in dem die Mehrzahl der Betroffenen Frauen sind, und die sind ja genauso betroffen von allen anderen sexistischen, frauenverachtenden, diskriminierenden Elementen der Gesellschaft, und sie sind mehrheitlich auch Migrantinnen. Vielleicht kommt auch hier schon eine gewisse Aversion Ihrerseits zu dieser Thematik her. Sie sind mehrheitlich Migrantinnen und sind natürlich von den rassistischen und diskriminierenden Gesellschaftsstrukturen und Ausschlüssen auch betroffen. Sie sind doppelt und mehrfach davon betroffen, als Frauen, als Migrantinnen, als Sexarbeiterinnen. Der Verein SOPHIE versucht, diese Frauen auch als das, was sie sind, zu sehen, nämlich als Mütter, als Schwestern, als Töchter, als Studentinnen, als Kellnerinnen, als Freundinnen, als Kolleginnen. All das sind Sexarbeiterinnen auch.

 

In der Art und Weise, wie Sie über dieses Thema und über die betroffenen Frauen sprechen, haben Sie diese Abwertung, die gesellschaftliche Abwertung auch auf einer individuellen Ebene.

 

Wie gesagt, das macht auch den Großteil dieser Problematik aus, wo es notwendig ist, dass es Vereine wie SOPHIE oder auch den Verein LEFÖ, der im Übrigen einer der Vereine war, der das Projekt SILA von Anfang an mitgegründet und mitgetragen hat und seit vielen Jahren eine hohe Expertise im Bereich der Unterstützungsarbeit von Sexarbeiterinnen hat, dass es diese Vereine noch gibt und dass es sie braucht und dass die Arbeit, die sie machen, so extrem wichtig ist und gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. Und die Rechte, die Sexarbeiterinnen oft abgesprochen werden, sind die Rechte, die eigentlich selbstverständlich sein sollten! (Heiterkeit bei StRin Ursula Schweiger-Stenzel.) Es ist das Recht, ja, Frau Stenzel, ich weiß nicht, ob Sie das amüsiert oder nicht, es ist das Recht auf einer wirklich ganz, ganz banalen Ebene auf ein Leben ohne Diskriminierung. Es sind Menschenrechte wie ein Leben in Freiheit, in Würde, das … (Zwischenruf von StRin Ursula Schweiger-Stenzel.) Ja, das ist jetzt etwas, das für sie hier nicht gelten soll. Für manche Leute darf das nicht gelten und für andere Leute ist das dann plötzlich ganz wichtig und sie setzen sich dafür ein. Aber warum können Sie das nicht akzeptieren, dass Menschenrechte ungeteilt für alle gelten, und ja, auch für Sexarbeiterinnen! Es ist kein amüsantes Thema, und es ist auch kein Thema, wo es in irgendeiner Weise sinnvoll ist, Augen zu rollen, zu verdrehen oder sich sonst irgendwie nonverbal dazu zu äußern. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Es geht um das Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung, das Recht auf Arbeit und auf die Wahl der Arbeit, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Privatleben und auch das Recht auf Familienleben. All das sind Rechte, für die auch wir zuständig sind und für die wir uns einsetzen müssen. Der Verein, der diese Unterstützungsarbeit macht und viel in der aufsuchenden Arbeit tätig ist - aber genauso ist es auf der politischen Ebene wichtig und bedeutend, wie wir über diese Menschen sprechen. Und da bin ich wirklich schockiert über Ihre Herangehensweise! Ich würde mir wünschen, dass es von Ihnen mehr Unterstützung dafür gäbe, Personen, die besonders verletzlich sind auf Grund ihrer Exponiertheit und auf Grund der Gesellschaft, die wir haben, hier zu unterstützen und ihnen nicht weiter mit Abwertung und Ausgrenzung zu begegnen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Hebein. Ich erteile ihr das Wort.

 

19.13.00

GRin Birgit Hebein (GRÜNE)|: Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen!

 

Ich darf Ihnen noch einmal was außerordentlich Wichtiges vorlesen. Das entspricht nämlich rot-grüner Politik: „Der Wiener Gemeinderat lehnt die verpflichtende Unterbringung von Asylwerbenden in neuen, vom Bund geführten Massenquartieren ab.“ Das entspricht dem Menschenbild von rot-grüner Politik. Und ich darf Ihnen auf Grund des Herumeierns der FPÖ Folgendes vorlesen: „Gudenus will Asylquartiere am Stadtrand. Wiener Vize tritt für Massenquartiere ein.“ „Kleine Zeitung“, 19.12.2017. Der Herr Abg. Mahdalik hat dann noch mit

 

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