«  1  »

 

Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 97

 

besser geworden ist, dass sich im Grunde möglichst viele Fans und Unterstützer und Unterstützerinnen auch in den Stadien wieder wohlfühlen. Und ganz wichtige Stakeholder dieses Dialoges waren natürlich die Fan-Gruppierungen. Und wie wir wissen, haben wir in Wien zwei wichtige Bundesligavereine, beide haben sehr starke Fan-Vereinigungen, und vor allem die Ultras Rapid, für die ich heute eine Lanze brechen möchte, haben sich hier sehr konstruktiv und sehr intensiv eingesetzt. Nachdem die Bundesregierung anscheinend nicht bereit ist, mit den wirklich Betroffenen zu reden, sich die Bedürfnisse und die Hintergründe anzuhören, die die Betroffenen selbst ins Hintertreffen führen, möchte ich das jetzt tun. Ich möchte die Stellungnahmen der Ultras Rapid im Wiener Gemeinderat zum Besten bringen. Ich möchte Sie darum bitten, denen mal ordentlich zuzuhören. Und als Zeichen der Solidarität und des Respekts vor den Ultras Rapid mache ich das mit (sich eine grün-olivgestreifte Mütze aufsetzend) einem Rapid-Kapperl.

 

„Rauchen und Rauchen lassen, 17.3.2018, Aussendung der aktiven Gruppen des Block West“. Es dauert zirka drei Minuten, ich bitte um Geduld und vor allem Aufmerksamkeit. Sie werden merken, es ist eine unglaublich interessante, gute und, wie es der Markus auch schon gesagt hat, durchaus lustige Aussendung, die aber sehr viel Wissen und politisch Empathie zutage bringt.

 

„Vor fast einem Jahr gingen wir beim Thema Pyrotechnik einen Kompromiss ein. Bengalische Fackeln werden von uns seitdem bei Heimspielen des SK Rapid nur mehr in gekennzeichneten Pyrozonen abgebrannt. Das Ganze passiert unter strengen Auflagen und ist dank langwieriger gemeinsamer Anstrengungen vieler Beteiligter legal möglich. Nun soll diese Ausnahmeregelung nicht länger möglich bleiben.

 

Mit diesem Kompromiss beschränken wir uns als Fan-Szene in gewisser Weise selbst, denn durch die restriktiven Vorgaben fühlt sich das Abbrennen von Fackeln oftmals inszeniert an. Emotionalität und Spontanität gehen dadurch verloren. Aus diesem Grund ist selbst die derzeitige Lösung aus unserer Sicht nicht perfekt, sie hat sich jedoch als praktikabel herausgestellt. Dem SK Rapid blieben dadurch in dieser Saison Verbandsstrafen in sechsstelliger Höhe erspart, und für Fans bietet sich so die Möglichkeit, ihr Team stress- und straffrei mit Fackeln anzufeuern.

 

Wir haben ein Déjà-vu, denn immer noch sitzen einige Politiker und Beamte dem Irrglauben auf, sie könnten Pyrotechnik aus den Stadien verbannen. Ohne es zu wollen, werden wir so neuerlich gezwungen, uns mit Parteipolitik zu befassen und das, obwohl wir doch noch gar keine Rapid-Partei gegründet haben.

 

Seit Jahrzehnten haben sich unterschiedliche Regierungen in irgendeiner Form an Fußball-Fans abgearbeitet - zumeist mit neuen Gesetzen und Repression und stets erfolglos. Es stellte sich daher nicht die Frage, ob sich die derzeit an der Macht befindliche Law-and-Order-Fraktion auf die Fan-Szenen einschießt, sondern bloß, wann und in welcher Form.

 

Gleich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit meldeten sich diesbezüglich ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon und ÖVP-Polizeisprecher Karl Mahrer populistisch zu Wort. Die Ereignisse beim vom Schiedsrichter unterbrochenen Derby hätten gezeigt, dass es bei Übergriffen von Fußball-Hooligans dringenden Handlungsbedarf mit klaren Konsequenzen gebe. Daher solle die Ausnahmebestimmung im Pyrotechnikgesetz wegfallen, erklärt Mahrer. Eine klassische Themenverfehlung, denn eigentlich drehte sich die Diskussion keineswegs um Pyro, sondern um auf das Spielfeld geworfene Bierbecher und Feuerzeuge - das sind die Hilfsmittel, mit denen sich die Gäste beim Wirten die Tschick anzünden.

 

Richtig heuchlerisch wird es allerdings, wenn ein Ende der funktionierenden Ausnahmegenehmigungen vom FPÖ-geführten Innenministerium mit ‚akuten toxischen Wirkungen‘ und ‚krebserregenden Folgen‘ begründet wird. Wohlgemerkt verteidigen dieselben Parteien das Rauchen in geschlossenen Räumen - trotz allseits bekannter Gesundheitsschäden - als ‚Teil der Selbstbestimmung‘. Eine solche Dreistigkeit würde sich nicht einmal die selbstbewusste und als infam geltende Hütteldorfer Fan-Szene erlauben. Und wer uns kennt, der weiß, dass wir schon mal lieber auf eine aufsehenerregende Provokation setzen, anstatt jedes unserer Anliegen sachlich zu dokumentieren. Es gibt dabei aber einen großen Unterschied: Wir verwenden diese bloß als Stilmittel unserer Fan-Kultur und regieren kein Land - zumindest nicht im wörtlichen Sinn.

 

Es ist rührend, dass sich das Innenministerium und Polizisten wie ein Herr Mahrer nun um die Gesundheit der Fußball-Fans sorgen. Ernst nehmen können wir so ein niederträchtiges Gerede über Sicherheit und Gesundheit jedoch nicht. Alt werden wir außerdem sowieso nicht, denn der Ärger über die chronische Erfolglosigkeit Rapids ist sicherlich schädlicher als der inhalierte Rauch tausender Fackeln.

 

Eines ist jedenfalls gewiss: Pyrotechnik wird weiterhin Teil der Fan-Kultur in Österreichs Stadien bleiben! Ob legal und kontrolliert oder illegal und unkontrolliert entscheiden andere.“

 

In diesem Sinne: Pyrotechnik ist kein Verbrechen. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das Schlusswort.

 

16.40.44Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 28. Wer der Postnummer 28 seine Zustimmung gibt, den darf ich um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Ich sehe hier die Einstimmigkeit. Danke schön.

 

Es liegen zwei Beschlussanträge vor.

 

Beschlussantrag von NEOS betreffend Einsatz von Pyrotechnik in Fußball-Stadien. Die sofortige Abstimmung wird verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, darf ich um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Dieser Antrag wird von NEOS, SPÖ und GRÜNEN unterstützt gegen ÖVP und FPÖ und ist somit mehrstimmig angenommen.

 

Beschlussantrag der FPÖ betreffend Schutzvorrichtungen bei Sport- und Kulturveranstaltungen. Die soforti

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular