Gemeinderat, 37. Sitzung vom 24.05.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 70
ren Zielgruppen zu stehen. Das sind sehr oft leider Frauen, Kinder, Jugendliche, Menschen, die besondere Bedürfnisse haben, was auch immer. Hier haben wir eine große Herausforderung.
Vielleicht noch ein kontroversielles Thema, denn ich glaube, es gibt im Anschluss an meine Wortmeldung zwei Runden. Es soll auch ein bisschen für Gesprächsstoff gesorgt werden. Ich habe deshalb vor der Wahl angeboten, meine Stellungnahme abgeben zu dürfen, um zu einer Diskussion zu kommen. Wer mich länger kennt, weiß, nichts freut mich mehr als ein inhaltlicher Diskurs. Von daher möchte ich ein kontroversielles Thema ansprechen, das gerade in der letzten Woche ein Thema war, nämlich welchen Heimatbegriff ich verwende, weil es gerade auch auf einem Plakat zu sehen war. Darauf haben mich auch viele angesprochen. Ich war wieder am Rathausplatz. Ich habe dort gemeinsam mit dem Bürgermeister das Steirerdorf eröffnet, anschließend die Waldviertler begrüßt. Ich war dann auch auf der Freyung, wo sich unsere burgenländischen Freunde präsentiert haben. In wenigen Tagen werden unsere oberösterreichischen Freunde hier im Rathaus den Ball begehen. Diese sind alle stolz auf ihre Heimat in ihren Bundesländern. Das ist im Waldviertel so. Das ist in der Steiermark so. Das ist im Burgenland so. Ich sage, das ist gut so. Von daher möchte ich auch auf meine Heimat Wien stolz sein, auf eine Stadt, auf die wir zu Recht stolz sein können! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.)
Das merkt man immer dann besonders, wenn man im Ausland ist. Das merken wir in Wien oft gar nicht so. Das merken wir dann, wenn wir im Ausland sind und sagen, wir kommen aus Wien. Wenn wir dann die leuchtenden Augen unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner sehen, wissen wir in Wirklichkeit erst so richtig, was wir an unserer Stadt haben. Darauf sollten wir auch stolz sein! Das ist nämlich Ergebnis unserer gemeinsamen Arbeit!
Wie kann man aber die Verortung auch in einem Stadtteil, in einem Bezirk herstellen? Ich beginne jetzt bei einem ganz anderen, einem neuen Stadtteil, nämlich bei der Seestadt Aspern. Das ist das größte Stadtentwicklungsgebiet, nicht nur in Wien, nicht nur in Österreich, sondern sogar europaweit, wenn man so will, auf der grünen Wiese, auf dem ehemaligen Flugfeld, allerdings wohl durchdacht und gut geplant. Es ist dort zuerst die U-Bahn hingeführt worden. Damals stark kritisiert, war es aber in Wirklichkeit ganz entscheidend, dass die Seestadt Aspern von Beginn an eine sehr beliebte Wohngegend geworden ist, weil es diese hochrangige öffentliche Verkehrsanbindung von Beginn an gegeben hat.
Was ist dort geschehen? Wir haben dort sehr viele neue Wohnformen von Baugruppen realisiert. Ich habe dort die Wohnbauinitiative, der erste Versuch, mit freifinanzierten Wohnungen zu den Konditionen des geförderten Wohnbaus, gemeinsam mit Finanzdienstleistern, Banken, Versicherungen, zu arbeiten. Das erste Mal in Europa ist uns das überhaupt gelungen. Wir haben dort einen Bildungscampus, drei Parkanlagen, den sowieso namensgebenden See hergestellt. Wir haben dort von Beginn an ein Stadtteilmanagement und die erste gemanagte Einkaufsstraße Europas eingeführt. Was ist dort passiert? Der Herr Bezirksvorsteher weiß es wahrscheinlich noch viel besser als ich. Ich bin auch öfters dort, aber du wahrscheinlich noch mehr. Die Menschen sagen dort in den Befragungen, und ich habe im Rahmen der Wohnbauforschung eine solche durchgeführt, zu 86 Prozent, sie fühlen sich dort besonders wohl. Warum? Das Argument ist, sie sagen, dort grüßt man sich auf der Straße, das ist wie ein Dorf in der Großstadt. Das heißt, gerade diese Verbindung der Menschen untereinander ist etwas, was besonders positiv wahrgenommen wird. Aber das ist nicht vom Himmel gefallen. Das ist durch gezielte Aktivitäten entstanden, die wir als Stadt in Kooperation mit Partnern gesetzt haben.
Die gemanagte Einkaufsstraße haben wir mit der Wiener Wirtschaft gemacht, mit einem Nahversorger, aber gut durchdacht, von der Stadt angeleitet. Die Idee ist, ein Dorf in der Großstadt zu sein, wo sich die Menschen kennen, wo sie sich mit dem Namen begrüßen, wo sie in der Buchhandlung nicht nur die Bücher kaufen, sondern sie als Kommunikationszentrum wahrnehmen. Ich habe dort den Buchhändler gefragt - ihr wisst, ich habe eine besondere Affinität zu Büchern -, wann er glaubt, dass er in den positiven Zahlen ist. Er hat gesagt, von Beginn an. Er hat eben verstanden, eine Kinderecke einzurichten, ein Kommunikationszentrum zu sein. Das ist etwas, wo ich sage, das sollten wir uns besonders anschauen. Wie gelingt es uns auch, durchaus in Neubaugebieten, eine Situation herbeizuführen, wo die Menschen gerne miteinander verkehren, sich namentlich ansprechen und wo es uns möglich ist, entsprechende Strukturen herzustellen?
Eine dieser Möglichkeiten kann sein, dass wir uns im Neubaugebiet, aber auch im historisch gewachsenen Gebiet, um die Erdgeschoßzonen besonders kümmern. Es ist auch ein Thema in den inneren Bezirken. Dies hat verschiedene Gründe. Es sind zum Teil die Mietvorstellungen der Hauseigentümer, zum Teil auch die Konfigurationen der Räumlichkeiten und vieles andere mehr. Aber ich sehe da eine große Chance, sie in enger Kooperation mit der Wiener Wirtschaft, aber auch mit der Ärztekammer, zu beleben. Warum? Es gibt neue strengere Richtlinien, was die Neuübernahme von Ordinationen betrifft. Das heißt, manche Ordinationen, die nicht mehr barrierefrei sind oder nicht mehr barrierefrei umgebaut werden können, werden auch nicht übernommen werden können. Das heißt, es werden in den nächsten Jahren viele Arztpraxen in den ursprünglichen Lokalen nicht mehr weitergeführt werden können. Ich sage, das ist eine Riesenchance für die Belebung der Erdgeschoßzonen, nämlich, dass es dort niedergelassene Ärzte gibt, die kleinere Räumlichkeiten nützen, und dass sich bei größeren Räumlichkeiten beispielsweise Ärztegemeinschaften zusammenfinden und die Ambulanzen in den Spitälern entlasten. Wir haben so ein Projekt mit der Ärztekammer gemeinsam in der Brigittenau gemacht. Es ist ein Riesenerfolg. Warum können wir das nicht auch in anderen Bezirken, in anderen Stadtteilen machen? Die niedergelassenen Ärzte sind da sicher Bündnispartner.
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