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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 149

 

einen beträchtlichen Teil der Neuverschuldung und deren Kosten verantwortlich sind.

 

Es gilt, eine neue und eine ehrlichere Form der Europapolitik zu finden - oder diese Union wird zerfallen. Ich habe es schon gesagt: Subsidiarität statt Pommes-frites-Verordnungen von oben! (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: In welchen Bereichen?) Entscheidungen durch die, die unmittelbar betroffen sind, und Delegation an deren Gremien - dazu gehören die Nationalstaaten, dazu gehören aber auch die Regionen.

 

Damit sind wir auch schon beim Europaausschuss hier in Wien, der ja dafür eigentlich zuständig war - und weil er ja heute so euphorisch gelobt wurde. Er wurde einst, auf Drängen der GRÜNEN - stimmt - und von uns, durch die Umwandlung der ehemaligen Europakommission eingeführt, um das Thema Europa aufzuwerten - so wurde damals gesagt. Er ist aber gegenwärtig - es hat sich von der SPÖ ja auch niemand dazu zu Wort gemeldet - ein ungeliebtes Anhängsel der Politik der SPÖ geworden, und er vegetiert nur noch dahin - im Gegensatz zu dem, was die Frau Kollegin gesagt hat -, und ich werde das auch beweisen. Die beiden dafür verantwortlichen Stadtpolitiker, Bgm Häupl und Frau StRin Brauner, haben sich ja jetzt aufs Altenteil zurückgezogen, und dieser Rechnungsabschluss gibt die Möglichkeit, eine Misserfolgsbilanz, könnte man es nennen, der beiden zu ziehen.

 

Bgm Häupl hat bei seiner Abschiedstournee in Brüssel die Europapolitik Wiens gelobt und hat das europapolitische Engagement der Stadt Wien herausgestrichen. Die Realität schaut aber anders aus: Es herrscht Desinteresse für den zuständigen Ausschuss, zumindest zu wenig Interesse, um diesen wirklich mit konkreten Themen zu befassen. Offiziell heißt es dann immer wieder, es herrsche bei dem Ganzen hohe Einstimmigkeit, in Wirklichkeit aber will man die Opposition nicht einbeziehen, und die Information bekommt die Opposition ohnehin nicht. So erfahren wir zum Beispiel vom Wien-Haus in Brüssel nur am Rande oder manchmal gar nicht. Viele Mitglieder des Europaausschusses wurden mit diesem Problem überhaupt noch nicht konfrontiert. Es gibt hie und da spärliche Berichte. Und als dieses Wien-Haus vor zwei oder eineinhalb Jahren seine 20-Jahr-Feier beging, wurde nichts davon im Ausschuss erwähnt. Es wurde niemand von den Ausschussmitgliedern dorthin eingeladen - ich war zufällig in Brüssel und habe es dadurch erfahren -, außer SPÖ-Mitglieder und auch schon ausgediente SPÖ-Funktionäre, die schon lange keine Gemeinderäte mehr waren. Die waren dann ganz irritiert, dass man diese Familienfeier durch Anwesenheit eines Nichtsozialdemokraten gestört hat. (Heiterkeit bei GR Mag. Manfred Juraczka.)

 

Der Bürgermeister, der diesem Ausschuss als ranghöchstes Mitglied angehört und der sich ausdrücklich hineinreklamiert hat - mit viel Pomp und großen Sprüchen hat er 2010 im Roten Salon diesen Ausschuss aus der Taufe gehoben, hat seine Wichtigkeit betont und wollte hinein -, ward seither, seit 2010, dort nicht mehr gesehen. Das ist der Unterschied zwischen Realität und Praxis bei der SPÖ: Kein einziges Mal in der ganzen Zeit!

 

Bei seiner vorher angesprochenen Verabschiedung hat ihn die Leiterin des Wien-Hauses in Brüssel in ihrer Laudatio beim sogenannten Urban Afterwork als Legende bezeichnet: „Häupl is a legend.“ - Häupl, eine Legende. Wenn Sie bei Wikipedia nachschauen, was unter „Legende“ zu finden ist, steht dort: In der Antike verstand man unter einer Legende „eine literarische Erzählung über Personen, die als überragend religiös-sittliche Persönlichkeiten und ‚Heilige' wahrgenommen wurden.“ „Bei den politischen Legenden“, schreibt dann Wikipedia, „ist indessen die Vorstellung verbreitet, dass es sich um unzutreffende Tatsachenbehauptungen handelt.“ - Und das ist genau der Fall: Es ist eine unzutreffende Tatsachenbehauptung, dass er sich hier enorm für diesen Europaausschuss und für Europa engagiert hätte.

 

Aber auch seine Vertretung, die Frau Finanzstadträtin, lässt sich im Ausschuss kaum noch blicken. Bei den spärlichen Sitzungen vor allem in diesem Jahr wurde sie nicht einmal mehr gesichtet. Diese Sitzungen werden auch immer sinnloser. Den Oppositionsfraktionen werden in den Sitzungen zwei bis drei Geschäftsstücke im Umfang von zwei bis drei Seiten, die oftmals gar keine Relevanz für unsere eigentliche Arbeit haben, zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestellt. Im letzten Ausschuss gab es einen Bericht über den mehrjährigen Finanzrahmen und Vorschlag der Kommission. Wie wenn das eine Sache wäre, mit der der Ausschuss auch nur im Entferntesten zu tun hätte! Und dann hätten wir noch zustimmen sollen oder zustimmend zur Kenntnis nehmen sollen, dass sich der Beitrag Österreichs prozentuell auf 1,1 Prozent erhöht. Dazu wären wir gut genug gewesen.

 

Bei Nachfragen zur Arbeit, wenn man etwas detailliert oder auch für die zukünftige Arbeit des Ausschusses wissen will, verweist dann der Vorsitzende immer auf die Stadträtin, die aber eben leider meistens nicht da ist. Ohne unsere Rückfragen wäre die Arbeit des Ausschusses meistens in 15 bis 20 Minuten erledigt gewesen, weil gerade die SPÖ überhaupt kein Interesse zeigt, sich in diesen Ausschuss einzubringen.

 

Auch der - ich habe es schon einmal gesagt - Europabericht, den es ursprünglich gegeben hat, der gedruckt wurde - damals auch vom Bürgermeister noch veranlasst -, wurde eingestellt. Wir durften zwar die Beiträge einbringen, dann waren sie dem Herrn Bürgermeister aber offenbar zu kritisch, und der Bericht durfte nicht mehr gedruckt werden. In der damals letzten Ausgabe hat man auf unsere Reklamation hin gesagt, er kommt zumindest ins Internet. Auch das ist seither nicht geschehen. Mittlerweile ist er sang- und klanglos verschwunden. Das gilt auch für die sonstigen Veranstaltungen, die im Zuge des Europaausschusses bisher erfolgt sind.

 

Grund für die Einstellung des Berichtes war übrigens: Die Druckkosten sind zu hoch. - Wer hier in diesem Haus sitzt und weiß, wie viele - wirklich ungezählte! - Druckwerke er im Verlauf eines Jahres auf Hochglanzpapier mit Lobpreis der Stadt bekommt, der sieht, dass in diesem Fall offenkundig die Meinung der Opposition eben nirgendwo auftauchen sollte.

 

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