Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 134 von 149
gesagt, Sie werden unserem Antrag zur Aufwertung der Hausärzte nicht zustimmen. Vielleicht kann ich da eine kleine Richtigstellung einbringen. Unserer Meinung nach sind die Hausärzte auf Grund niedriger Kassenhonorare dazu gezwungen, ästhetische Leistungen oder Alternativmedizin wie Homöopathie anzubieten, um so durch kassenfremde Leistungen ihrer Honorare aufzubessern. Wir meinen das nicht als Vorwurf an die Ärzte, sondern das sind von Gesundheitsexperten bestätigte Tatsachen. Vielleicht können wir auch bilateral noch ein bisschen darüber sprechen, dass sie im Endeffekt unserem Antrag doch noch zustimmen können.
Jetzt aber zu dem Antrag, den ich einbringen werde, Herr Stadtrat. Da Sie das Amt neu übernommen haben, werde ich drei Punkte mitgeben, die wir uns für die Zukunft wünschen würden.
Erstens spreche ich zu der zentralen Geburtsanmeldestelle, deren Eröffnung ja bekanntlich bis Ende 2017 angekündigt wurde, erfolgt ist sie bis heute noch nicht. Uns ereilen regelmäßig Klagen von Frauen, die sehr lange nicht wissen, in welchem Spital sie entbinden werden und sich auf einer regelrechten Herbergssuche befinden und einer enormen Belastung ausgeliefert sind. Der Bericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft hat dieses Thema auch schon aufgegriffen und thematisiert und offenbar wurde in der Vergangenheit verabsäumt, realistische Annahmen über die Geburtenentwicklung anzustellen. Es wurde sowohl die steigende Geburtenrate nicht mit einberechnet, als auch die Migrationswelle 2015 logischerweise damals noch nicht mit einberechnet wurde. Der Herr Finanzstadtrat hat in seiner ersten Rede gesagt, dass wir stolz darauf sind, dass Wien wächst, und er hat auch angekündigt, wo überall die Infrastruktur mitwachsen muss. Unser Appell: Vergessen Sie dabei nicht auf die steigende Nachfrage an Geburtsplätzen. (Beifall bei der ÖVP.)
Unser Punkt daher: Es bedarf einer realistischen Berechnung der Geburtenrate und eine dementsprechende Anpassung der Kontingente der einzelnen Häuser, auch unter Einberechnung der Variablen, wenn nämlich Frauen aus Niederösterreich oder aus dem osteuropäischen Umland zur Entbindung nach Wien kommen und selbstverständlich in den Häusern dann nicht abgewiesen werden können.
Dazu gehört auch die Aufstockung von Hebammenstellen. Hier haben wir in Wien Aufholbedarf. In Deutschland liegt die Zahl der Geburten pro Hebamme bei 118, in Wien aktuell bei 148 Geburten. Mein Appell daher: Einrichtung einer serviceorientierten zentralen Geburtenanmeldestelle und realistische Berechnung der Geburtenrate und dementsprechende Adaption der Geburtenplätze.
Kommen wir jetzt von dem schönen Thema Geburten zu Fällen, in denen es Frauen weniger leicht haben und sich aus unterschiedlichen Gründen gegen die Geburt ihres Kindes entscheiden oder entscheiden müssen. Warum tun sie das? - Wir wissen es leider nicht, wir kennen die Gründe nicht. Wir wissen weder, wie viele Schwangerschaftsabbrüche in Wien jährlich durchgeführt werden, noch wissen wir, was die ausschlaggebenden Faktoren sind. Sind es vielleicht ökonomische Faktoren? Ist es Unwissen bei der Verhütung? Sind es zu wenige Kinderbetreuungseinrichtungen? Oder ist es Druck der Familie oder des Partners?
Tatsächlich ist es so, dass in nahezu allen Lebensbereichen Statistiken erfasst werden, bei der Arbeitslosenrate, bei Krankheitszahlen, bei Geburtenzahlen. Unverständlicherweise besteht in Österreich ein blinder Fleck auf der statistischen Landkarte, Österreich ist nämlich neben Luxemburg das einzige Land der Europäischen Union, in dem keine Statistiken zu Schwangerschaftsabbrüchen geführt werden. Das ist eine unbegründete und hinderliche Lücke, denn wir wollen diese Zahlen und Daten haben, um Frauen bei ungeplanten Schwangerschaften oder im besten Fall bei der Vermeidung ungeplanter Schwangerschaften zu unterstützen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Es ist völlig unbestritten und absolut relevant, dass es dafür ein sorgsames Studiendesign braucht. Deutschland kann als Beispiel herangezogen werden. Es sollen dabei eben nicht nur Frauen mit Abbruchserfahrung befragt werden, sondern repräsentativ auch Frauen, die sich für das Kind entschieden haben, damit so Rückschlüsse gezogen werden können, wann sich eine Frau für oder gegen die Geburt entscheidet. Ganz relevant dabei ist die Freiwilligkeit und selbstverständlich die Wahrung der Anonymität.
Ich werde daher im Zuge der Gemeinderatssitzung einen dementsprechenden Antrag einbringen, dass die statistische Erhebung und ein adäquates Studiendesign zur anonymen, freiwilligen Motivforschung von Schwangerschaftsabbrüchen erarbeitet werden, diese Erhebungen an allen Wiener Krankenanstalten durchgeführt werden und die Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.
Mein dritter Punkt - dazu habe ich einen Antrag mit - widmet sich dem Fonds Soziales Wien, der hat laut Voranschlag 2018 Budgetmittel von mehr als 1,1 Milliarden EUR erhalten. Es war leider auch dieses Jahr nicht möglich, dass die Oppositionsparteien rechtzeitig vor der Gemeinderatsdebatte alle Informationen erhalten. Das war auch in den vergangenen Jahren nicht der Fall. Wir stellen daher diesmal den Antrag, dass sowohl vor der Budgetdebatte als auch vor der Rechnungsabschlussdebatte eine eigens dafür anberaumte Beiratssitzung des Fonds Soziales Wien über die Verwendung der Finanzmittel abgehalten und diskutiert wird. (Beifall bei der ÖVP. - GR Kurt Wagner: Darf ich Sie fragen, was das bringt, wenn Sie nicht zur Sitzung kommen? - GR Mag. Manfred Juraczka: Guten Morgen, Kurt!) - Die war ja viel zu spät. Ich habe eine Woche davor die Unterlagen bekommen. Eine Woche davor, und Sie kennen sicher den Umfang dieser Unterlagen. (GR Kurt Wagner: Sie sind zur Kuratoriumssitzung nicht gekommen!) - Das hilft nichts, wenn die Unterlagen zu spät zugeschickt werden. Eine Woche vor der Rechnungsabschlussdebatte ist ein bisschen gar knapp.
Ich darf zusammenfassen: Unser erster Punkt: Umsetzung der zentralen Geburtsanmeldestelle. Unser zweiter Punkt: statistische Erhebung und Motivforschung
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