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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 26.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 101

 

sondern vom Steuerzahler! Was bedeutet das? - Das bedeutet, dass die rot-grüne Stadtregierung knapp über 50 Prozent der Wähler hinter sich hat, aber eben knapp 50 Prozent der Wähler nicht. Frau Stadträtin! Sie sind Treuhänderin der Steuergelder, und Sie haben daher als solche zu agieren. Und es geht nicht darum, persönliche Befindlichkeiten und persönliche Vorlieben auszuleben, gefügige Künstler und Künstlerinnen und ganze Netzwerke am Leben zu halten, sondern auch die Wünsche der Steuerzahler zu respektieren. Sie können nicht wie ein privater Mäzen auftreten. Sie sind Treuhänderin des Steuerzahlers und sollten Ihre Aufgabe auch entsprechend wahrnehmen!

 

Meine Damen und Herren! Geben wir der Kunst ihre Chance, und geben wir den Menschen ihre Kunst! Wir leben in einer anonymen Gesellschaft, in der Orientierungslosigkeit und Existenzängste den Alltag vieler Menschen prägen. In modernen Millionengesellschaften wird das Zusammenleben durch die Angst der Menschen vor anderen Mitmenschen belastet. Das zwischenmenschliche Miteinander gerät aus dem Gleichgewicht. Die Angst weckt Aggressionen und gefährdet damit auch die freiheitliche Demokratie.

 

Meine Damen und Herren! Das habe nicht ich erfunden, sondern das sagte der kürzlich verstorbene Humanethnologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt schon im Jahr 1994. Eibl-Eibesfeldt hat sich frühzeitig Gedanken darüber gemacht, welchen Beitrag die Kunst zum friedlichen Zusammenleben in einer Großstadt leisten kann. Er meint, dass Kunst im Zusammenwirken mit städtebaulichen Maßnahmen Möglichkeiten und Plätze schaffen kann, die es Menschen gestatten, einander zu begegnen, miteinander bekannt zu werden und kleine individualisierte Gemeinschaften zu bilden. Kleine individualisierte Gemeinschaften vermitteln Vertrauen und Sicherheit. Für die Harmonisierung des Zusammenlebens in einer anonymen Gesellschaft sei laut Eibl-Eibesfeldt ein Wert wichtig, der seltsamerweise in gewissen Kreisen in Verruf geraten ist, und zwar der Wert des Schönen. Eibl-Eibesfeldt weist darauf hin, dass das Schöne die Menschen erfreut, und nicht zufällig klingt im Wort Schauen das Schöne und im Schönen das Schauen. Beim Anschauen des Schönen gerate der Mensch in eine freundliche Stimmung.

 

Arik Brauer argumentiert da ganz ähnlich. Er schreibt: „Die Freude am Schönen ist keine Modeerscheinung, sondern ein Teil des menschlichen Wesens mit tiefen Wurzeln und konkreten Ursachen. Was dem Körper und dem Geist angenehm ist, ist dem Auge schön.“

 

Meine Damen und Herren! Ja. Schönheit ist lebensbejahend, und Schönheit erfreut. Das Hässliche dagegen aktiviert Ablehnung, Abwehr, Verhaltensweisen der Meidung und des Protests. Das Hässliche irritiert und wird als hassenswert wahrgenommen, was übrigens im Wort „hässlich“ auch sprachlich zum Ausdruck kommt. - Damit bin ich jetzt schon genau bei der Kunst, die vom Steuerzahler subventioniert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! Könnte der Anspruch an die öffentlich finanzierte Kunst nicht darin bestehen, eine sozial integrative Funktion zu erfüllen? Was spricht dagegen, subventionierte Kunstwerke auch danach zu beurteilen, ob sie Menschen einladen, im öffentlichen Raum zu verweilen, den Betrachter psychisch entlasten, soziale Kontakte fördern und einen Beitrag zur Humanisierung der Gesellschaft leisten?

 

Für die Stadt, vor allem für die anonyme Großstadt, spielt Kunst eine maßgebliche Rolle, denn sie fördert die Identifikation und den Zusammenhalt jener, die in ihr leben. Subventionskultur und Subventionskunst, die aus Kunst mit Steuergeldern subventioniert sind, sollten die Defizite des Kunstmarktes ausgleichen. Subventionskunst sollte danach fragen, welche Rolle sie im Leben der Bürger spielen kann, sei es als Kunst im öffentlichen Raum oder als Kunst am Bau.

 

Soweit die Subventionskunst nicht nach dem Nutzen für das Zusammenleben fragt, sollte sie ausschließlich eine Domäne junger unentdeckter Künstler sein. Subventionskunst sollte nicht abschrecken, sondern Anreize bieten, sich auf das Abenteuer Kunst einzulassen. Subventionskunst sollte sich nicht scheuen, bestimmte Zwecke zu erfüllen, vor allem sozial integrative und pädagogische. Und Subventionskunst sollte den Mut haben, größere Kompromisse einzugehen als die Kunst des Marktes und der Experten.

 

Meine Damen und Herren! Schönheit ist keine Schande!

 

Kurzum: Subventionierte Kunst kann viel mehr sein als der verlängerte Arm der Parteipolitik in die Kunstszene.

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin! Deshalb appelliere ich an Sie: Tragen Sie dazu bei, dass Subventionskunst einen Beitrag zum positiven Zusammenleben leistet! Sehen Sie Kunst und Kultur in ihrer sozial integrativen Funktion! Lassen Sie nicht zu, dass Kunst die Menschen aggressiv macht, politisch manipuliert und sie der Kunst entfremdet. Entflechten Sie den dicht gewebten rot-grünen Parteifilz in der Kultur, beenden Sie Freunderlwirtschaft, schaffen Sie Transparenz, so wie Sie es angekündigt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Zur Transparenz, Frau Stadträtin, darf ich zwei Anträge einbringen, die ich jedes Jahr im Sommer einbringe. Dabei geht es nämlich genau darum, endlich eine Liste der abgewiesenen Förderungen zu bekommen, weil es für uns als letztendlich politisch entscheidendes Gremium natürlich sehr schwierig ist, wenn wir nur die Förderungen im Ausschuss zu Gesicht bekommen, die im Vorfeld von der MA 7 bereits ausgesondert wurden, und eigentlich nicht wissen, welche Künstler und Künstlerinnen sich um Subventionen bemühen.

 

Stellen Sie sicher, dass wir diese Information bekommen! Es ist uns nämlich immer zugesagt worden, dass die Kunstförderung transparent gestaltet werden soll. Und stellen Sie bitte auch sicher, dass Förderungen erst nach Beschlussfassung im Ausschuss zufließen. Sie werden sich erinnern können: Im letzten Ausschuss hatten wir dieses Projekt im Zusammenhang mit dem Labyrinth auf dem Schwarzenbergplatz, aber da ist die Förderung längst geflossen und das Projekt war bereits

 

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