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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 104

 

sonstigen Gründen wird Zwangsehe in unserer Stadt toleriert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 

Es ist in unserem Land und in unserer Stadt das Recht eines jeden Menschen, sich seinen Partner, seine Partnerin frei zu wählen, unabhängig von der Religion, der Herkunft oder der sexuellen Orientierung. Alle Beteiligten, die eine Zwangsehe organisieren, planen oder Ähnliches, machen sich strafbar und sind gewalttätig.

 

Über alle rechtlichen Instrumente hinaus bedarf es eben Maßnahmen, um unfreiwillige, durch Dritte gestiftete Ehen zu bekämpfen. Es bedarf da eines präventiven Maßnahmenpakets, welches auch an, unserer Idee nach, Wiener Schulen mit Einbindung der Eltern, der Communities und der Jugendlichen umgesetzt werden muss. Wer nicht freiwillig bei diesen präventiven Maßnahmen mitmacht, muss dazu verpflichtet werden. Hierzu werden wir einen Antrag einbringen.

 

Einen ähnlichen Antrag bringen wir zum Thema Kinderehe ein. Wir wissen in Wien nicht die Zahl der Kinderehen. Wir wissen aber, dass auf Grund der Fluchtströme Kinderbräute in Wien angekommen sind. Das SOS Kinderdorf bestätigt auch, dass es einen Anstieg der Kinderehen während der Flüchtlingswelle gegeben hat, denn es wurden Mädchen mit Männern verheiratet, damit diese ebenfalls einen Schutz während der Flucht haben. Diese Mädchen erleben oft psychische, physische Gewalt, und das gilt es zu verurteilen. Auch da stellen wir einen Antrag, dass die Anzahl der Kinderehen erhoben und ebenfalls ein Maßnahmenpaket entwickelt werden soll. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist unser Ziel als ÖVP, klar zu kommunizieren und vorzuleben, dass jeder Mensch frei entscheiden darf, wie er oder sie leben möchte, aus eigenem Willen, aus eigener Kraft heraus, nicht aus Tradition oder nicht, weil es die Eltern so wollen. Das bringt mich zu meinem dritten Antrag. Ich werde versuchen, dieses Thema sachlicher zu diskutieren als beim letzten Mal.

 

Ich komme zum Kopftuchverbot für Kinder, insbesondere für Mädchen in den Volksschulen: Warum unterstütze ich dieses Vorhaben der Bundesregierung, und warum bringen wir einen Antrag bei der Frauendebatte ein und nicht bei der Bildungs- und Integrationsdebatte? - Wir möchten ein ganz klares Zeichen setzen: Jedes Mädchen, das im Kindergarten oder in der Volksschule ein Kopftuch trägt, trägt dieses unserer Meinung nach nicht aus einer freien Entscheidung heraus, sondern vielmehr auf Drängen des Elternhauses. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie von GRin Martina Ludwig-Faymann.)

 

Ich zitiere den Leiter des Fachbeirates der Islamischen Theologie an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg: Einige muslimische Eltern haben förmlich Angst davor, dass ihre Kinder verwestlicht werden, wenn sie sich zu sehr den hiesigen Gepflogenheiten annähern. Das Kopftuch ist ein Symbol der Trennung, denn Mädchen, die ein Kopftuch tragen - das wissen wir, das ist so -, können nicht auf Schullandwoche mitfahren, dürfen beim Schwimmunterricht nicht mitmachen und haben oft nicht das Recht, sich mit Mädchen zu treffen, die selbst keine Kopftücher tragen. Somit beraubt man diese Mädchen der Freiheit, sich zu finden, Neues auszuprobieren, herauszufinden, was ihr richtiger Weg ist. Sie kriegen nicht die Hand, die sie brauchen, die Kinder brauchen, um zu sagen, wir begleiten dich auf dem Weg, für den du dich entscheidest, das heißt, man zeigt verschiedene Wege auf. Es wird ihnen genau ein Weg gezeigt, und das ist nicht das, was im Jahr 2018 Platz in unserer Stadt hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie von GRin Martina Ludwig-Faymann.)

 

Wir wollen diese Mädchen stützen und ihnen vermitteln, dass nicht ein Kopftuch notwendig ist, um von Gott geliebt zu werden. Wir sollten uns auch für das Frauenbudget, welches 9,4 Millionen EUR umfasst, überlegen, ob wir nicht das Instrument der Calls verwenden, um für ein Jahr Schwerpunkte zu setzen, die man auch gemeinsam bestimmt. Des Weiteren hoffe ich auch sehr, dass der überfraktionelle Frauenausschuss wieder einmal tagt, weil da immer ein sehr guter, sehr sachlicher Austausch war. Was mich besonders freut, ist, dass wir beim nächsten regulären Gemeinderat den Schwerpunkt Frauen haben und somit noch intensiver über die Bereiche Frauenpolitik diskutieren können. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Frau Kollegin Schwarz hat 11 Minuten Redezeit verbraucht. Restredezeit der ÖVP wäre noch 4 Minuten. Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Huemer. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten. - Sie haben das Wort.

 

19.54.56

GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Einen schönen guten Abend! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

Zu meinen Vorrednerinnen: Ja, 100 Jahre Frauenwahlrecht, das war ein langer Kampf. Wir haben heute schon eingangs in der Früh davon gehört, und dieser Kampf ist natürlich noch lange nicht zu Ende. Gestern haben mit dem Beginn des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen die „16 Tage gegen Gewalt“ begonnen, sie enden am 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, und auch dieser Bereich zeigt uns, dass hier der Weg der Gleichstellung noch lange nicht zu Ende ist.

 

Ich denke, das Thema Gewalt ist mehr als nur ein frauenpolitisches Thema, es ist ein gesellschaftspolitisches Thema und gehört auch wirklich allen. Es ist nicht nur eine Frage von Aufklärung, wie wir zur Gleichstellung kommen, sondern da braucht es viel, viel mehr. Primär ist es die strukturelle Ungleichheit, die sich in den patriarchalen Machtungleichgewichten zwischen Männern und Frauen ausdrückt, die diese Gewalt gegenüber Frauen, gegenüber Kindern nach wie vor so fördert. Darum braucht es dazu ein wirklich viel, viel breiteres Maßnahmenpaket als Aufklärung. Kollegin Schwarz, Sie sprechen von Kopftuchverbot und Aufklärung, das sind zwei widersprüchliche Dinge, die ich so, ehrlich gesagt, nicht zusammenkriege, aber gut.

 

In Wien jedenfalls ist Frauenpolitik Gleichstellungspolitik und eine Querschnittspolitik, und diese Haltung zeigt sich im Budget. Wir haben Antidiskriminierungsmaßnahmen, wir haben Frauenförderungsmaßnahmen, wir

 

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