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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 24.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 74

 

Die Schriftführerin zu meiner Rechten hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass der Lärmpegel im Sitzungssaal relativ hoch ist. Ich darf bitten, auch hinter den Sitzen die Gespräche entsprechend zu führen, dass wir alles gut verstehen können.

 

9.32.00†Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky - Frage|

Die 3. Anfrage (FSP-57579-2019-KNE/GM) wurde von Herrn GR Wiederkehr gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (In den letzten Tagen wurde bekannt, wonach die Stadt Wien davon absehen möchte, zivilrechtliche Schritte gegen Verantwortliche des Vereines Wiener Kinder- und Jugendbetreuung einzuleiten. Konkret soll die Stadt Wien laut Medienberichten gegenüber dem Rechnungshof die Stellungnahme abgegeben haben, „dass die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht mit einer erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden kann“. Dies steht im Widerspruch zu Ihren ursprünglichen Ankündigungen - vor Weihnachten versicherten Sie, „eine Überprüfung und eine unverzügliche Sanierung in die Wege zu leiten“. Es ist jedenfalls unbestritten, dass der Stadt Wien durch die vom Rechnungshof aufgedeckte Misswirtschaft in der Chefetage des mit ihr verbundenen Vereines ein Schaden an ihrem Vermögen entstand. Entspricht es den Tatsachen, dass die Stadt Wien keine zivilrechtlichen Schritte gegen die Misswirtschaft im Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung einzuleiten gedenkt?)

 

Ich bitte um Beantwortung.

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates! Lieber Herr GR Wiederkehr!

 

Einleitend möchte ich über die Entwicklung der Aufgaben des Vereins Wiener Kinder- und Jugendbetreuung sprechen, um den es ja auch in der Anfrage geht. Diese Entwicklung ist nämlich auch ein Bild der Entwicklung der ganztägigen Schulformen in den letzten zwei Jahrzehnten. Die Gemeinde Wien hat vor mehr als 20 Jahren mit der Übernahme von ganztägigen Schulformen ins Regelschulwesen auf arbeitsmarktpolitische, auf gesellschaftspolitische Entwicklungen reagiert und das so zeitgerecht und ambitioniert, wie ich meine, wie kein anderes Bundesland, und auch früh genug, um bis heute sehr intensiv Maßnahmen zu setzen, die den Erziehungsberechtigten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Das ist mir politisch auch wichtig, zu sagen, weil es auf die Arbeit von vielen, besonders natürlich den Pädagoginnen und Pädagogen reflektiert, die in den letzten zwei Jahrzehnten im Einsatz waren, um das gleichzeitig flexibel und auch zeigerecht zu machen und um auf den rasch anwachsenden Bedarf reagieren zu können.

 

In diesen 20 Jahren waren die Wachstumsraten beim Einsatzgebiet, also bei den schieren Schulen, die wir umgestellt haben und bei den Kindern, die betreut waren, außerordentlich groß. Um eben diese Flexibilität zu wahren, hat die Stadt 1995 den Entschluss getroffen, den Wiener Verein für Kinder- und Jugendbetreuung zu beauftragen, in Form eines unbefristeten Übereinkommens - natürlich mit den entsprechenden beiderseitigen Kündigungsbestimmungen - für die Erbringung der Betreuungsleistungen im Bereich der Tagesbetreuung. Es ist also eine lange und im Hinblick auf die Arbeit an den Schulen sehr, sehr erfolgreiche Geschichte.

 

Die Stadt Wien hat als öffentliche Auftraggeberin die Aufträge durch den Wiener Verein Kinder- und Jugendbetreuung erbringen lassen, der seine Leistungen wiederum ausschließlich für die öffentliche Auftraggeberin Stadt Wien nicht gewerblich und nicht gewinnorientiert einbrachte. Die erforderlichen Finanzmittel waren davon ableitend auch ausschließlich von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt, und in den letzten 20 Jahren war das die Basis für einen starken Ausbau an ganztägigen Schulen.

 

Ich habe es bereits gesagt, die stetig wachsende Nachfrage und der damit einhergehende notwendige Ausbau ganztägig geführter Wiener Pflichtschulen seit mittlerweile mehr als 20 Jahren führten dazu, dass im Gegensatz zum Schuljahr 1995/96, das ich jetzt als Startzeitpunkt zitiert habe, als rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an damals rund 70 öffentlichen Pflichtschulstandorten da waren, mit dem Beginn des Schuljahres 2018/19, in dem wir gerade sind, rund 1.400 Freizeitpädagoginnen und -pädagogen an 113 Wiener Schulstandorten ihren Dienst tun und da in der schulischen Tagesbetreuung, in Lern- und Freizeitklubs rund 24.000 Volksschulkinder betreuen.

 

Das bedeutet natürlich auch, dass der Betriebsaufwand stark gestiegen ist. Für das Jahr 2017 betrug er mehr als 40 Millionen EUR, ungefähr 98 Prozent davon rein der Personalaufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort. Noch einmal, als Vergleich: 2003 waren es rund 12 Millionen EUR. Diese Entwicklung alleine rechtfertigt meiner Meinung nach sehr gut eine Entscheidung, die wir getroffen haben. Durch die mittlerweile erreichte Größe dieses gemeinnützigen Vereins hat der Gemeinderat hier eine Entscheidung getroffen, nämlich darauf aufbauend, dass sich gezeigt hat, dass ein Verein nicht mehr die bestgeeignete Rechtsform war und die Organisationsstruktur für die Besorgung dieser Leistungen in diesem beeindruckenden Ausmaß nicht mehr möglich war. Deswegen haben wir hier in diesem Haus am 27. September 2018 den Magistrat ermächtigt, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung im 100-prozentigen Eigentum der Stadt Wien zu gründen. Der Verein ist dann mit 1. Jänner - wir sind jetzt bereits sozusagen in der vollen Umsetzung dieses Beschlusses - durch die eben am 1. Jänner 2019 gegründete gemeinnützige GesmbH übernommen worden, und das geltende Übereinkommen mit allen Rechten und Pflichten wurde auch übernommen.

 

Mit dem Schreiben vom 24. Oktober 2018 hat der Rechnungshof der Stadt Wien einen Rohbericht mit einem Prüfergebnis betreffend den Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung übermittelt. Obwohl der Rohbericht vertraulich war - das wissen wir hier und das ist ja auch der Anlass der Diskussion -, hat er in unterschiedlichem Ausmaß den Weg in die Medien gefunden. Die getroffenen Feststellungen sind auch mehr oder weniger medial dargestellt worden, auch das, was ich beziehungsweise die Stadt Wien in der Zwischenzeit alles

 

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