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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 100

 

es auch heute noch immer spürbar ist, wonach sie mit dem Petitionsgesetz das Zeichen gegeben haben, dass sie sich gnadenhalber mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in den Petitionen auseinandersetzen wollen, aufzuklären ist. Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht und es ist kein Gnadenrecht der Herrschenden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Deshalb wurde zum Beispiel gefordert, dass die einlangenden Stellungnahmen dem Einbringer unverzüglich nach Einlangen, spätestens jedoch nach zwei Wochen vor der nächstfolgenden Sitzung zur Verfügung gestellt werden. Das wird teilweise durch die Nützung und Veröffentlichung im Internet erfüllt, wir haben allerdings in diesem Beschlussantrag gefordert, dass die Einbringerinnen und Einbringer das jederzeitige Recht haben, sich zu den jeweiligen Stellungnahmen zu äußern. Die stellungnehmende Stelle, also die jeweilige Stadträtin, der Stadtrat, wo immer diese Stelle ist, die ihre Stellungnahme abgegeben hat, hat darauf zu replizieren. Sie hat auf die Äußerungen der Bürger zu ihrer Stellungnahme zu replizieren, weil das eine wesentliche Grundlage für die Bearbeitung dann im Ausschuss ist. Die Replik des verantwortlichen Stellungnehmenden ist etwas, das nach wie vor auf der Tagesordnung unserer Forderungen steht.

 

In einem zweiten Antrag zur Beschleunigung der Verfahrensdauer von Petitionsverfahren haben wir darauf hingewiesen, dass die Praxis - wir haben den Antrag damals im Jahr 2014 eingebracht - der Bearbeitungszeit von durchschnittlich sieben Monaten für die Bürger mit ihren Anliegen nicht akzeptabel ist. Wir entnehmen dem Bericht für das Jahr 2018, dass die Bearbeitungszeit nun schon 8,7 Monate beträgt, und deshalb war Inhalt des Gesetzesantrages, dass der Petitionsausschuss mindestens 6 Sitzungen je Kalenderjahr durchzuführen hat. Die Termine für diese Sitzungen sind jeweils für das kommende Jahr im Voraus im Internet bekannt zu geben, und Sitzungsverschiebungen sind genauso im Internet bekannt zu geben, damit sich die interessierten Petitionswerber und -werberinnen einen Zeitplan darüber machen können, wie der weitere zeitliche Ablauf ihres Petitionsanliegens ist.

 

Dann haben wir das Recht der Petitionswerber auf Einladung in den Petitionsausschuss. Ein Satz dazu: Es hat sich im Unterschied zu den vergangenen Jahren die Praxis insofern weitgehend gebessert, als dass in der Regel die Petitionswerber eingeladen werden. Es ist aber nach wie vor - unter Anführungszeichen - ein Gnadenakt der Mehrheit des Ausschusses oder des Ausschusses, dass sie eingeladen werden. Deshalb ist es uns ein ganz grundlegendes Anliegen, dass dies ein Anspruch ist und dass das genauso im Gesetz formuliert ist. Nicht: kann eingeladen werden, sondern: ist einzuladen.

 

Ein ganz wesentliches Anliegen ist uns die Aufwertung des Petitionsrechts insofern, als dass im Moment die Petitionswerber erleben, dass die Petition in geheimer Sitzung der Herrschenden behandelt wird. Sie haben jetzt die Möglichkeit, dass sie Fragen beantworten und dass sie ihre Petition im Ausschuss präsentieren, aber sie haben sonst keinerlei Informationen darüber, was im Ausschuss gesprochen wird, wer was spricht, was die Überlegungen der Ausschussmitglieder sind. Deshalb ist der Gesetzesantrag derart formuliert, dass die für Petitionen zuständige Stadträtin oder der zuständige Stadtrat den Jahresbericht bis längstens 31. März eines jeweiligen Folgejahres dem Gemeinderat vorzulegen hat - die Frist bis 31. März ist heuer erfüllt. Über diese Vorlage ein Mal jährlich hinaus ist in jeder Sitzung des Gemeinderates über den Stand der eingelangten und in Bearbeitung befindlichen Petitionen zu berichten. Zu diesem Zweck ist jeweils ein entsprechender Tagesordnungspunkt in den Tagesordnungen für die Sitzungen des Gemeinderates vorzusehen, um den Petitionswerbern, den Interessierten zu ermöglichen, in öffentlicher Debatte zu erleben, wie ihr Anliegen behandelt wird. Also raus aus den Geheimsitzungen im Ausschuss, rein in die Öffentlichkeit.

 

Ich möchte jetzt noch exemplarisch auf eine Petition, über die wir schon einiges gehört haben, eingehen. Zuletzt war die Stellungnahme der Frau Kollegin Kickert, sage ich einmal neutral ausgedrückt, interessant. Ich hoffe, es gelingt mir, darzulegen, dass die Beurteilung eigentlich alles andere als positiv ist und eher negativ interessant ist. Ich nehme die Hochglanzbroschüre zur Hand. Ich will nicht polemisch sein, aber es ist interessant: Da steckt der Frust von vielen Menschen drinnen, wenn sie das lesen und das Schicksal ihrer Petition erleben, und das wird in Hochglanz produziert. Ich gebe zu, das ist etwas polemisch: schlechte Nachrichten in Hochglanz. Ich gehe auf Seite 9, wo es um die Petition „Pro Wilhelminenberg 2030“ geht, über die schon gesprochen worden ist. Es geht um das Anliegen Entwicklung eines Perspektivenprojekts „Pro Wilhelminenberg“: Bürgerbeteiligung und Abstimmung mit den Anrainerinnen und Anrainern, Ablehnung der Umwidmung für das Großprojekt, das da im Gespräch war und, wie ich befürchte, schon sehr weit fortgeschritten ist, Erstellung eines Verkehrskonzepts zur Lösung der bestehenden Verkehrsproblematik und rasche Abhaltung eines „Pro-Wilhelminenberg“-Gipfels zur Alternativenfindung.

 

Diese Petition erfüllt in Wirklichkeit alle Voraussetzungen einer von den Herrschenden als gut zu beurteilenden Petition, weil meistens wird bei den Petitionen von den Herrschenden kritisiert, dass diese nur negativ und nur gegen etwas wären. Da sagt man, okay, das ist das Schicksal eines Herrschenden, der Maßnahmen setzt, dass es dann Leute gibt, die dagegen sind. Warum sollen diese das nicht in einer Petition geltend machen? Aber diese Petition Pro, wie der Name schon sagt, erfüllt genau diesen Vorwurf nicht, und dann erfüllt diese Petition die Voraussetzung, dass von den Herrschenden kritisiert wird: Ja, aber ihr macht ja keine Alternativvorschläge. Das ist so das Standardargument der Herrschenden: Ja, ihr kritisiert ja nur, ihr macht keine Vorschläge. Hier haben die Petitionswerber mit viel Aufwand, mit Zeit- und Kostenaufwand ein Alternativkonzept erarbeitet und präsentiert, sodass der Vorwurf, dass keine Alternativen angeboten werden, nicht gerechtfertigt ist.

 

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