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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 100

 

Insgesamt kann Milli Görüs als das zusammengefasst werden, was man politischer Islam nennt. Das sind Organisationen, die an der friedlichen Umgestaltung der Gesellschaft nach islamischem Vorbild arbeiten. Dementsprechend ist auch der Name. Milli Görüs bedeutet „nationale Sicht“. Der Gründer strebt eine gerechte Ordnung an, die sich an islamistischen Grundsätzen ausrichtet und nicht an von Menschen geschaffenen.

 

Es geht daher bei der heutigen Diskussion nicht vorrangig um eine Religion, es geht auch nicht um einzelne Menschen, sondern es geht um ein politisches Konzept. Politischer Islam ist ein politisches Konzept. Es ist ein gefährliches politisches Konzept. Gegen dieses politische Konzept müssen wir politisch vorgehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Die Klammer über unsere Dringliche Anfrage stellen drei grundlegende Fragen, nämlich:

 

Erstens: Warum wurde justament Wien ausgesucht, um als Zentrum dieser politisch-islamistischen Jugendbewegung zu agieren?

 

Zweitens: Was alles wurde in den vergangenen Jahrzehnten verabsäumt, damit so viele Jugendliche Affinitäten für Milli Görüs zeigen?

 

Und drittens: Herr Bürgermeister, was muss denn Ihrer Meinung nach noch passieren, dass diese Stadtregierung endlich aufwacht? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Bgm Dr. Michael Ludwig: Wir stehen zeitlich auf!)

 

Widmen wir uns der ersten Frage: Warum gerade Wien?

 

In den vergangenen Jahren wurden nur Spitzen eines offensichtlich großen Eisbergs sichtbar. Das waren die Kriegsspiele in Moscheen. Das waren die islamischen Kindergärten. Das war die Radikalisierung an Schulen. Das sind aber lediglich jene Missstände, die es an die Öffentlichkeit schaffen. Was aber ist mit all dem, was im Verborgenen bleibt, all den Geschichten, all den persönlichen Erfahrungen, die KindergärtnerInnen machen, die LehrerInnen machen, die Polizisten machen, die Ärzte machen, die alle Wienerinnen und Wiener machen, die von Konflikten, Integrationsverweigerung und Gewalt erzählen? Es hört ihnen halt leider niemand zu. Diese Stadtregierung hat systematisch bei Problemen weggehört. Diese Stadtregierung hat sich geweigert, konzentriert gegen den politischen Islam vorzugehen. Ganz im Gegenteil, in der Vergangenheit wurden Kindergärten gefördert, die genau diese Ideologie vermitteln. 2015, inmitten des Skandals um die islamischen Kindergärten, sagte die damalige Stadträtin: „In Wien gibt es keine islamischen Kindergärten.“ 2018 sagte der jetzt amtierende StR Hacker: „Es gibt in Wien gar keine Parallelgesellschaften. Darüber zu reden, ist boshaft.“ Warum gerade Wien? Wir können die Frage eindeutig beantworten: Weil unsere Stadt durch Ignoranz und Schönreden ein gefahrloser Boden für Milli Görüs und Konsorten geworden ist! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Kommen wir zur zweiten Frage: Was alles wurde in den vergangenen Jahrzehnten bei der Integration verabsäumt?

 

In meinen bisherigen Reden habe ich immer versucht, eines herauszuarbeiten: Ja, es gibt in Wien genügend Angebote für Menschen, die sich integrieren wollen. Aber es gibt keine Verpflichtungen für Menschen, die sich nicht integrieren wollen. Und genau um diese Unwilligen geht es. Es sind genau diese Unwilligen, die Probleme bereiten. Es sind genau diese Personen, die das Bild vom Migranten im Kopf der Menschen negativ besetzen. Es sind genau diese Personen, an die sich eine mutige Integrationspolitik richten müsste. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Stattdessen hat diese Stadtregierung jahrzehntelang bei der Bildung von geschlossen Parallelgesellschaften zugesehen, hat es schöngeredet, hat eine Decke des Schweigens ausgebreitet und kritische Stimmen systematisch unter Druck gesetzt. In Wahrheit, wenn wir uns das System Milli Görüs ansehen, hat jeder Mensch mit türkischem Migrationshintergrund, der in Wien lebt und sich in dem Umfeld von Milli Görüs bewegt, überhaupt keine Notwendigkeit, mit der sogenannten Aufnahmegesellschaft in Kontakt zu treten. Denn es gibt Ärzte, und es gibt Anwälte, und es gibt Schulen, und es gibt Kindergärten, und es gibt Supermärkte, und es gibt Zeitungen, und es gibt das Fernsehen, und es gibt eben auch die Jugendvereine. Genau das ist es, was Frau Schröter mit dem Satz: „Das ganze ideologische Gebäude basiert darauf, dass Milli Görüs eine Parallelgesellschaft für hauptsächlich türkische und türkischstämmige Muslime schafft.“, gemeint hat, weil der springende Punkt ist das Wort „schafft“. Hier sieht man, dass in unserer Stadt eine Parallelgesellschaft gezielt aufgebaut wurde. Herr Bürgermeister, ich denke, dass Ihnen diese Entwicklung schlichtweg aus der Hand geglitten ist! Ich glaube, dass Sie die Kontrolle verloren haben! Ich glaube, dass Sie keine Ahnung haben, wie Sie mit diesen Parallelgesellschaften umgehen!

 

Wenn wir es zusammenfassen: Was also wurde in den vergangenen Jahrzehnten verabsäumt? Sie haben einfach verabsäumt, zu sehen, was in dieser Stadt passiert, dass sich Parallelgesellschaften bilden! Sie haben verabsäumt, diesen Missstand anzusprechen! Und Sie haben es verabsäumt, dagegen vorzugehen! (Beifall bei der ÖVP und von GR Anton Mahdalik.)

 

Kommen wir zur dritten und letzten großen Frage, die mich eigentlich sehr ratlos lässt: Was muss denn noch alles passieren, damit Sie endlich zur Tat schreiten?

 

Im Jahr 2015 war der Slogan der SPÖ: „Für Wien brauchst a G'spür.“ Herr Bürgermeister, ich frage Sie: Wo ist denn Ihr Gespür für das, was in Wien aktuell passiert? (Beifall bei der ÖVP und von GR Anton Mahdalik.)

 

Es kann doch nicht das sein, was Sie für unsere Stadt wollen! Wir haben diese Dringliche gestellt, um von Ihnen endlich Antworten zu bekommen, wie Sie sich Integrationspolitik in der Zukunft vorstellen. - Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

16.06.32

Bgm Dr. Michael Ludwig|: Mein hochgeschätzter Gemeinderat! Sehr geehrte Frau GRin Hungerländer!

 

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