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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 115

 

oder religiöse Vorstellungen eingeschränkt werden dürfen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, das ist der Punkt, an dem die Frauen des 21. Jahrhunderts aufstehen müssen, solidarisch sein müssen, Flagge zeigen müssen, denn Frauenrechte dürfen kein Privileg der Herkunft oder des Kulturkreises sein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Da wir bei den aktuellen Baustellen sind: Es wurde hier „fairändern“ angesprochen. Ich wollte dieses Thema natürlich nicht bringen, aber ich muss jetzt doch auf die infamen Anschuldigungen der Frau Kollegin Huemer antworten. Sie haben gesagt, dass die Initiatorinnen dieser Petition radikale Abtreibungsgegnerinnen sind. Das ist eine Unterstellung, die einfach nicht der Realität entspricht. Ich habe hier die Punkte der Petition mitgenommen.

 

Punkt 1: „Offizielle Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich“. - Das ist eine absolut intelligente Forderung. Auch wir haben diese Forderung bereits eingebracht. Warum? Weil es ein extrem sensibler Bereich ist, und es wichtig ist, dass dieser sensible Bereich statistisch nicht im Dunklen bleibt. Es ist absolut notwendig, Klarheit darüber zu erlangen, aus welchen Gründen sich Frauen für Abtreibungen entscheiden und wie man darauf reagieren kann, um ihre Situation zu vereinfachen. Deswegen die erste Forderung.

 

Zweite Forderung: „Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen“. Ich glaube, da können selbst Sie nichts dagegen haben. (Zwischenruf von GRin Mag. Barbara Huemer.) Dritter Punkt: „Bedenkzeit zwischen Anmeldung und Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches.“ Vierter Punkt: „Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch.“ Fünfter Punkt: „Abschaffung der eugenischen Indikation“, das heißt, der Spätabtreibungen, die bei Verdacht auf Behinderung bis zur Geburt notwendig sind. (Zwischenruf von GRin Mag. Barbara Huemer.)

 

Frau Kollegin, sagen Sie mir: Wo ist der radikale Abtreibungsgegner? Das sind alles Punkte, die absolut rational sind. Das alles sind Punkte, über die man reden darf, das ist nicht radikal. (Anhaltende Zwischenrufe von GRin Mag. Barbara Huemer.) „fairändern“ ist eine Initiative, die für Frauen grundlegend mehr Möglichkeiten schaffen möchte, mehr Entscheidungsfreiheit, ob sie sich für das Kind entscheiden. Das ist eine Initiative, die darüber reden möchte, was mit Frauen passiert, die Abtreibungen hinter sich haben, denn sehr oft sind diese Frauen traumatisiert, und darüber spricht kein Mensch. Es ist ja nicht so, dass die Schwangerschaft mit einer Abtreibung endet. Frauen haben mit Spätfolgen zu kämpfen. Das wird absolut tabuisiert. Auch das ist Gegenstand dieser Initiative. (GRin Mag. Barbara Huemer: Das ist ein Mythos, Frau Kollegin!) - Frau Kollegin, das ist kein Mythos, das ist festgestellt, das ist in Studien absolut belegt! (GRin Mag. Barbara Huemer: Reden Sie mit Ärzten darüber!) - Natürlich, Frau Kollegin. Wie man es auch dreht und wendet, hier handelt es sich nicht um Abtreibungsgegnerinnen, schon gar nicht um radikale Abtreibungsgegnerinnen, sondern um vernünftige Frauen, die ein Thema grundlegend neu behandeln wollen in dieser Republik, und das ist absolut unterstützenswert. (GRin Mag. Barbara Huemer: Das ist nicht neu ...)

 

Ich möchte meine Rede mit einem Zukunftsausblick beenden. Der Zukunftsforscher Matthias Horx gab einem seiner Vorträge den Titel „Megatrend Frauen“. Darin hat er etwas sehr Positives festgestellt, nämlich dass der Bildungsvorteil der Frauen gegenüber Männern in den Industrie- und wichtigsten Schwellenländern bereits besteht. (Zwischenruf von GRin Mag. Barbara Huemer.) Das heißt, dass dort die Frauen die Männer überholt haben, während der Männeranteil etwa in Sonderschulen höher ist. Er sagt konkret, dass die Ressource Bildung in den letzten 30 Jahren im Westen von Männern zu Frauen umverteilt wurde.

 

Meine Damen und Herren, ich hoffe für unsere Zukunft, dass wir als Frauen unsere Macht, unseren Bildungsvorteil und unsere Stimme nicht dafür nutzen, um einen Kampf der Geschlechter vom Zaun zu brechen. Ich hoffe, dass wir uns nicht weiterhin in irgendwelchen akademischen Wirren, Binnen-I und Sternchen verrennen. Ich hoffe, dass wir unseren Einfluss nicht in irgendwelchen Diskussionen um gendervariable Beliebigkeit verwenden, sondern ich hoffe, dass wir unsere Stimme nutzen, um an einem wertschätzenden, einander ergänzenden und gleichberechtigten Zusammenleben von Mann und Frau zu arbeiten. Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kickert. Ich erteile es ihr.

 

12.35.02

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuhörerInnen, einige auf der Galerie und vielleicht auch einige über Livestream!

 

Ich möchte mit zwei Bekenntnissen anfangen. Das tun die wenigsten, denn wir haben jetzt da ein bisschen so einen Wettlauf erlebt zwischen den großen beiden an der österreichischen Geschichte lang mitwirkenden Großparteien, einen Wettlauf, in dem es darum ging, wer wohl die vorbildlicheren FrauenpolitikerInnen hat beziehungsweise solche für sich reklamieren kann. Ich kann nur das Bekenntnis abgeben: Ich als Frau, die ich im 21. Jahrhundert lebe, bin froh, auf den Schultern der Rechte stehen zu können und auf den - wie soll ich sagen? - Maßnahmen, die diese Frauen erkämpft haben, egal, ob als Suffragetten in England oder Amerika oder als christlichsoziale oder sozialdemokratische Politikerinnen Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie haben, egal, aus welcher Parteienfamilie sie gekommen sind, immer darauf hingewiesen, dass sie diese Rechte als Frauen erkämpfen für nämlich mindestens und mehr als die Hälfte der Gesellschaft, nämlich der Frauen. Auf deren Schultern stehe ich dankend und bin froh, dass sie das erkämpft haben. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich gebe noch ein zweites Bekenntnis ab, das in eine ähnliche Richtung geht wie jenes von Frau Hungerländer, die gesagt hat, dass es weder kulturelle noch religiöse Einschränkungen geben sollte, die mich in meiner Lebensweise als Frau einschränken. Mir ist es wurscht,

 

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