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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 115

 

ob es ein christlicher Macho, ein hinduistischer Macho, ein muslimischer Macho, ein ich weiß nicht, was glaubender Macho, ein Macho aus Südamerika, Italien, Österreich, Niederösterreich, Wien oder sonstwo, ist. Mir ist wurscht, was er glaubt. Wenn er als Macho handelt und mich in meiner Lebensweise einschränkt, dann gehört ihm gesagt, wo seine Grenze ist. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Dieses Bekenntnis zu sagen, vergessen wir übrigens niemals, selbst wenn die FPÖ es jedes Mal überhört. Es ist uns wurscht, woher die Gewalttäter kommen und was für eine Religion sie haben. Alle Gewalttaten sind zu verurteilen und alle Gewalttäter sind zu bestrafen. Logisch, es gibt keine Ausnahme! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - GR Anton Mahdalik: Ihr sagt es nur den Muslimen nicht!) - Wir sagen es allen, na sicher! Was heißt, wir sagenʼs den Muslimen nicht? Allein dieser Satz sagt schon die Irrationalität Ihrer Politik aus. Die Gesetze gelten für alle, für alle! (GR Anton Mahdalik: Nur gibt es keine Konsequenzen!) Selbstverständlich wird es allen gesagt und selbstverständlich wissen es auch alle. Sie wissen alle ganz genau, dass sie an Schaß tun, wenn sie das tun, glauben Sʼ mirʼs! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Frau Kollegin! Ich brauche nichts zu sagen, oder?

 

GRin Dr. Jennifer Kickert (fortsetzend): Ja, pardon. - Sie wissen, dass sie Gewalt antun, wenn sie es tun.

 

Die Frau Emmerling hat richtigerweise, nämlich bei der Kombination Frauenrechte und Wahlrecht angemerkt, dass das Wahlrecht Macht ist. Und bei all diesen Debatten darum, wer welche Rechte hat, geht es um Macht, immer und überall, sei es um Macht zwischen den Geschlechtern, sei es um Macht zwischen Mehrheiten und Minderheiten. Es ist ja nicht verwunderlich, dass wenn man eines der aussagekräftigsten Argumente gegen das Frauenwahlrecht Anfang des 20. Jahrhunderts hernimmt. Irgendein wahrscheinlich gar nicht mehr bekannter Oscar A.H. Schmitz hat gesagt: „Da die Frau von Natur die körperlich Schwächere ist, kann sie niemals mehr Freiheit gewinnen, als ihr die Männer mit den stärkeren Armen zugestehen wollen.“

 

Das ist ein Gedanke, der sehr stark an das Naturrecht erinnert. Glücklicherweise sind wir als Gesellschaft da schon sehr viel weiter. Die gesellschaftlichen Rechte und Pflichten sind inzwischen abgekoppelt von der Frage, wie viel körperliche Stärke die jeweiligen Vertreterinnen und Vertreter haben.

 

Daher möchte ich - weil gerade beim Wahlrecht, nämlich dem Wahlrecht als Basis dafür, dass Menschen Rechte erwerben, nämlich Mitbestimmungsrechte - daran erinnern, dass es ein Recht ist, das ständig auch Veränderungen und Anpassungen unterworfen ist. Wenn man die Geschichte des Wahlrechtes über die letzten 150 bis 200 Jahre anschaut, sieht man: Es war immer ein Erweitern der Rechte für Menschen, Menschen in der Gesellschaft, Menschen, die in unserer Gesellschaft ihre Leistung erbringen. Und weil wir da gedanklich jetzt einen Sprung machen: 2007 ist zum Beispiel das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt worden. Deswegen würde ich bei der Beurteilung dessen, wie mündig und unmündig Greta Thunberg ist, den Ausdruck „unmündiges Kind“ bei einer 16-Jährigen nicht anwenden wollen. In unserem Land ist Greta Thunberg nämlich mit 16 erstens wahlberechtigt, also aus unserer Sicht sicherlich nicht unmündig. Zweitens ist sie schon seit zwei Jahren teilrechtsfähig, also vom Gesetz her der rechtlichen Konsequenzen ihrer Taten bereits bewusst. Als Kind werden 16-jährige Menschen größtenteils nicht mehr bezeichnet, sondern als junge Erwachsene, Jugendliche. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie von GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc.)

 

Ich unterstelle Ihnen das nicht, Frau Hungerländer, aber auch in dieser Wortwahl findet eine ganz kleine Abwertung statt, weil sie eine junge Person als „Kind“ bezeichnen. Es ist übrigens eine langjährige Tradition, auch Frauen so zu bezeichnen und auf diese Weise geringer zu machen, indem man sie nämlich ganz freundlich „Kinderl“ genannt hat. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Am Schluss meines Redebeitrags möchte ich zum Thema Weiterentwicklung des Wahlrechts kommen. Wir von Rot-Grün sind der Überzeugung, dass für das Funktionieren einer Gesellschaft, einer Stadt alle Menschen entscheidend sind, die in dieser Gesellschaft leben, die ihren steuerlichen, arbeitsamen und sonstigen Beitrag für diese Gesellschaft leisten. (GR Armin Blind: Das heißt, wählen dürfen nur die, die Steuern zahlen? Wollen Sie einen Zensus einführen?) - Nein. Also im Moment ist es tatsächlich so und darauf will ich tatsächlich hinaus, dass es einen demokratiepolitischen Gap gibt, so ein Delta an Personen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, obwohl sie in einer Gesellschaft oder in einer Stadt wie Wien ihren steuerlichen Beitrag leisten und oft darüber hinaus andere Beiträge auch. (GR Armin Blind: Also doch Zensus? Mittelalter! Eine skurrile Forderung!)

 

Ungefähr 40 Prozent jenes Teils der Wiener Bevölkerung, der vom Alter her wahlberechtigt wäre, darf nicht mitbestimmen. Das ist ein demokratiepolitisches Problem, auf das wir schon seit Jahren hinweisen. Wir glauben tatsächlich, dass es über zwei Wege gelöst werden kann: Entweder wird bei der Frage der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft weniger restriktiv gehandelt (GR Armin Blind: Wir sind eines der wenigen Länder, wo es einen Rechtsanspruch darauf gibt!), vor allem deswegen, weil zum Beispiel die Mindesteinkommensregeln tatsächlich dazu führen, dass Menschen, die quasi ein Leben lang in Österreich oder in Wien leben, ein Leben lang in Wien vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, weil sie niemals diese Einkommensgrenzen überschreiten. Das ist eine Ungerechtigkeit sondergleichen und erinnert ein wenig daran, wie die Machthabenden vor 100 Jahren erfolgreich Menschen mit geringem Einkommen vom Wählen ausgeschlossen haben.

 

Das ist also die eine Möglichkeit. Die zweite Möglichkeit wäre, gerade bei den Bezirksvertretungswahlen oder auch bei den Wahlen zum Gemeinderat und Landtag in diesem Fall Menschen mit einer Art Wohnsitzwahlrecht auszustatten. Das ist aus meiner Sicht verhandelbar,

 

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