Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 99
siert. Sie haben Ihnen, sehr geehrter Herr Stadtrat, das Steuergeld anvertraut. Ich glaube, es ist legitim, dass man auch als Wienerin und als Wiener wissen will, wie damit umgegangen wird. Neue Schulden zu machen, auch im vergangenen Jahr, ist aus unserer Sicht nicht der richtige Zugang, mit dem Steuergeld umzugehen. Denn neue Schulden bedeuten höhere Zinsen. Und Zinsen sind Geld für die Vergangenheit. Wir wollen keine Schulden und damit mehr Geld für die Zukunft, sehr geehrte Damen und Herren! Deshalb ist es Zeit für Veränderung. Es ist auch Zeit für mehr türkise Politik hier in Wien, für eine Stadt ohne neue Schulden, für ein Wien mit schwarzen Zahlen und für eine Metropole mit Zukunft! - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies. Ich erteile es ihm. Selbstgewählte Redezeit 12 Minuten.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Danke sehr! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde mich mit den sachlichen Redebeiträgen - die bislang gekommen sind -, befassen und auseinandersetzen. Davor erlaube ich mir noch eine Anmerkung und beginne auch mit dem Thema Schulden. Weil ich tatsächlich das Gefühl habe, wir haben momentan einen Schuldenpopanz, der aufgebaut wird. Das hängt schon auch sehr oft, wenn man dann ein Beispiel nimmt, zum Beispiel mit der Frage Klima, Verkehrspolitik, et cetera zusammen. Die Asfinag, ein öffentliches Unternehmen mit mehr als 10 Milliarden Schulden, hat gerade einmal ein paar Straßen, ein paar Autobahnen, ein paar Schnellstraßen. Diese überlegt sich jetzt, auf Pump mit 3 Milliarden einen riesigen Tunnel zu bauen. Es würde mich interessieren, ob die ÖVP in diesem Zusammenhang sagt, schlechtes Wirtschaften, nein, kann man nicht machen, erst wenn die 10 Milliarden Schulden abgebaut sind, kann die Asfinag überhaupt daran denken, noch einmal etwas Neues zu bauen. Oder eigentlich muss man die 3 Milliarden noch zusätzlich ansparen, bevor man einen Tunnel durch ein Naturschutzgebiet baut, der die Verkehrsbelastung erhöht, der in Wirklichkeit heutzutage, wenn man es mit Klimaschutz ernst nimmt, überhaupt nicht mehr gebraucht wird. Aber Sie sind dafür! Sie sind dafür, dass man 3 Milliarden EUR einfach vergräbt, die niemand hat, die nicht erwirtschaftet werden können. Und dann reden Sie über Schulden. Über die Schulden, die eine Stadt wie Wien macht, wo in den letzten 3 Jahren 100.000 Menschen mehr leben, wo wir Gesundheitseinrichtungen ausbauen, Bildungseinrichtungen ausbauen, einen Sozialstaat finanzieren, alles Mögliche damit machen. Wo das Geld wirklich sinnvoll investiert wird, auch in öffentliche Verkehrsmittel. Die 365-EUR-Jahreskarte, die ein Modell nicht nur für Österreich, sondern europaweit geworden ist, wird durch die Stadt Wien mitunterstützt. Das wissen Sie, und das ist gescheit. Und Sie reden über Schulden! Sie reden über Schulden und sagen, das ist etwas Schlechtes. Aber dort, wo die größten Schulden sind, sind Sie blind! Dort wollen Sie nicht hinschauen! Das ist Ihnen vollkommen egal! Solange die Verkehrslobby, die Autofahrerlobby bedient wird, ist Ihnen das lieber als alles andere! (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Fangen Sie bei sich selber an!)
Aber ich sage Ihnen noch etwas, weil Klimaschutz kennt keine Grenzen. Wenn wir in Wien die besten Maßnahmen setzen und es aber rundherum nicht passiert, nützt das nichts. (GR Mag. Günter Kasal: Genau!) Wenn wir in Österreich die besten Maßnahmen setzen und rundherum passiert nichts, nützt das nichts. Wenn wir in Europa die besten Maßnahmen setzen und rundherum passiert nichts, nützt das schon ein bisschen etwas, aber in Wirklichkeit wird es wahrscheinlich nicht dazu führen, dass wir sozusagen die Ziele, die wir uns selbst gesetzt haben, die Erderwärmung zu verhindern, erreichen. Nützt uns nichts. Das heißt, wir können Geld nicht essen. Jetzt gibt es ein globales Ziel, dem auf lokaler, auf regionaler, auf nationaler und auf transnationaler Ebene nachgekommen werden muss. Das ist, die Erdüberhitzung zu verhindern. Damit wir alle miteinander - nicht nur heute, sondern auch in Zukunft - in einer lebenswerten Umwelt leben. Dazu bedarf es der finanziellen Mittel, die notwendig sind, und nicht irgendwie eines Nulldefizits. Dazu bedarf es in Wirklichkeit eines Klotzens auf allen Ebenen und nicht eines Kleckerns. Die Zeit des Kleckerns ist vorbei. Das fällt nur irrsinnig vielen Menschen nicht auf. Aber auf allen Ebenen müsste geklotzt werden.
Auch wir in Wien müssen weiter an den öffentlichen Verkehrsmitteln arbeiten, sie verbessern, weiter ausbauen, günstiger machen, aber im Umland ganz genauso. Das ist das, was wir brauchen. Ob wir dabei Schulden machen oder nicht. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, das ist eine Investition in die Zukunft unserer Kinder, wenn wir jetzt Schulden machen, um zu verhindern, dass sie in einer ausgedörrten Wüste leben. Das müssten wir europaweit machen, das müssten wir in Österreich machen, das müssten wir in Wien machen. (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Dann machen Sie es!) Dazu ist es höchste Zeit! Da würde ich mir einmal einen Konsens von Ihnen wünschen, dass man sagt, das Geld, das notwendig ist, wird bereitgestellt in Österreich und auf europäischer Ebene. Wir machen in Wien möglichst viel, was geht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Keine konkreten Maßnahmen!)
Wenn irgendjemand sagt, außer uns, schließen wir uns gemeinsam zusammen. Birgit Hebein hat das gesagt. David Ellensohn hat das gesagt. Wir alle in der Koalition sagen das. Wir wollen Wien herunterkühlen, und wir werden alle notwendigen finanziellen Mittel dafür benutzen müssen. Das ist halt sinnvoll und notwendig. Gleichzeitig müssen und werden wir die Gesundheitsversorgung in dieser Stadt aufrechterhalten. Wir werden die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um ein soziales solidarisches Zusammenleben zu haben. Wir werden selbstverständlich die Bildungseinrichtungen weiter finanzieren. Zu glauben, dass Klimaschutz, so wie wir ihn in Europa brauchen, aus den bestehen Budgets leistbar ist, sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen da ganz andere Ansätze, ganz andere Summen, sonst bleibt es dabei, was momentan fast alle Staaten auf dieser Welt mit den Pariser Klimazielen machen.
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