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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 99

 

allem, weil Wien mittlerweile von Platz 11 auf Platz 18 abgerutscht ist und auch schon von Prag und Preßburg überboten wurde. Aus dem Rechnungsabschluss 2018 ist nicht zu erkennen, wie das Ziel, unter die ersten 10 zu kommen, wieder erreicht werden könnte.

 

Es gibt noch vier weitere Schwerpunkte, zu denen in der Rahmenstrategie genauere Erklärungen fehlen, zum Beispiel: „Wien baut seine Stellung als präferierter Headquarter-Standort in Mittel-Südost-Europa mit globaler Strahlkraft weiter aus.“ - Wie soll dies umgesetzt werden? Headquarter-Standorte hängen zum Beispiel unter anderem von steuerpolitischen Gegebenheiten, vom Arbeitsmarkt und den damit verbundenen Lohnnebenkosten, et cetera ab. Wenn ich an die derzeitige politische Forderung zum Beispiel nach einer Vermögenssteuer oder die hohen Lebenskosten oder die automatische Gebührenerhöhung in Wien durch das Valorisierungsgesetz denke, habe ich die Befürchtung, dass diese nicht gerade Headquarter-freundlich sind. Deshalb meine Frage an Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat: Wie weit wurde diese Strategie innerhalb der letzten Jahre umgesetzt und welche Headquarters wurden in Wien angesiedelt?

 

Der zweite Punkt: „Jährlich gründen über 10.000 Personen aus dem In- und Ausland ihr Unternehmen in Wien, dem attraktivsten Start-up-Standort der Region.“ - Ich habe den Eindruck, keiner der Autoren weiß, wie schwierig es im Vergleich zu anderen Ländern ist, in Wien ein Unternehmen zu gründen. Das beginnt schon mit der Erlangung einer Gewerbeberechtigung bis hin zu Problemen bei der Gründung von Kapitalgesellschaften. Auch wenn ich die meisten Bestimmungen bei uns in Österreich für richtig halte, muss ich anmerken, dass es in anderen Ländern schlichtweg einfacher geht.

 

Wir haben in Wien etwa 1.750 Firmeninsolvenzen pro Jahr. Es sollte doch auch eines der Ziele der Wiener Wirtschaftspolitik sein, eine massive Verminderung der Insolvenzen zu erreichen und nicht die Gründung von 10.000 neuen Unternehmen, von denen dann ohnedies die Hälfte vom Wirtschaftsmarkt verschwindet, weil sie insolvent werden oder von selbst zusperren. Ich fürchte, dass die angekündigte ausdifferenzierte Förderpolitik für zukunftsorientierte Unternehmen genauso wenig umgesetzt werden wird wie die versprochene Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung, wie die Rechnungsabschlüsse der vorangegangenen Jahre zeigen.

 

Dritter Punkt: „Die Direktinvestitionsströme von und nach Wien haben sich gegenüber 2013 verdoppelt.“ - Wie sehen hier die weiteren Pläne aus? Wie war die Umsetzung der letzten Jahre? Wie sind sie für die Folgejahre? Auch darüber habe ich keinen Hinweis gefunden.

 

Vierter und letzter Punkt: „Der Anteil der technologieintensiven Produkte an den Exporten ist bis 2050 auf 80 Prozent zu steigern, Ausgangsbasis 2012 bei 60 Prozent.“

 

In der Broschüre gibt es da eine Erläuterung, ich zitiere: „Die Stadt stellt mit einer ausdifferenzierten Förderpolitik sicher, dass zukunftsorientierte Unternehmen die Chance erhalten, sich am Markt zu positionieren und Wien als Sprungbrett auf globale Märkte zu nutzen. Dazu gehört auch eine umfassende Betreuung und Begleitung in der Gründungsphase von Unternehmen. Mit Beratungstätigkeiten sowie der Bereitstellung und Entwicklung geeigneter Liegenschaften bietet die Stadt ein breites, integriertes Serviceangebot an.“ - Interessant wäre, zu erfahren, wer diese Förderungen finanzieren wird und wer überhaupt gefördert wird.

 

Die Wirtschafsförderung der letzten Jahre war ja stark rückläufig. Betrug sie im Voranschlag 2010 noch 117 Millionen EUR, waren es im Voranschlag für das Jahr 2019 nur mehr 59 Millionen EUR, also eine Halbierung.

 

Begleitung in der Gründungsphase: Wer führt diese Begleitung durch? Wer finanziert diese Begleitung?

 

Mit diesen vier Punkten ist das Kapitel „Wirtschaft im 21. Jahrhundert“ abgeschlossen. Sie sind meines Erachtens zum Teil Wunschdenken und mit keinem Wort ist erklärt, wie dieses Wunschdenken finanziell umgesetzt werden soll. Was in dieser Broschüre Smart City komplett fehlt, sind Überlegungen hinsichtlich Schuldenbilanz, Schuldentilgung, Investitionsüberlegungen, Beschäftigung, also Arbeitsmarkt, Lehrstellen, et cetera.

 

Hinsichtlich Personalentwicklung habe ich einen Absatz gefunden, ich zitiere wieder: „,Smart City Wien‘-Projekte sind eine Chance für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Magistrats und seiner Unternehmen, Neues zu lernen und neue Kooperationsformen zu erproben. Daher stehen Fragen der Personalentwicklung, der Ausbildung, der Rekrutierung und des Wissensmanagements im Zentrum der ‚Smart City Wien‘-Initiative.“ - Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es auch außerhalb des Magistrats Arbeitnehmer gibt. An diese wurde offensichtlich nicht gedacht, und das ist bedenklich. Meines Erachtens wird diese Rahmenstrategie „Smart City Wien“ im Bereich der Wirtschaft kaum umsetzbar sein.

 

Vielleicht können Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat, die eine oder andere Frage beantworten. In Ihrem Einleitungsbeitrag haben Sie den einen oder anderen Bereich ja ohnedies schon angeschnitten. Jedenfalls kommt da auf Sie meines Erachtens noch viel Arbeit zu, vor allem dann, wenn das Projekt der Wiener Bevölkerung tatsächlich Vorteile bringen soll. Und das sollte doch das Ziel eines solchen Projektes sein! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Kollege Stark hat 11 Minuten Redezeit verbraucht, Restredezeit der Freiheitlichen ist 11 Minuten. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Kollege Vettermann, selbstgewählte Redezeit 10 Minuten, Restredezeit der SPÖ-Fraktion 18 Minuten. Sie haben das Wort.

 

14.18.58

GR Heinz Vettermann (SPÖ)|: Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Vielleicht ein paar Worte zur Bildung, die aber eh noch diskutiert wird: Wenn man sich 1,65 Milliarden EUR für die Bildung anschaut, dann muss man sagen, dass da wirklich sehr viel investiert wird. Das Gute ist, es ist nicht nur ein Plan - wie es beim Budget ist -, sondern es ist der Rechnungsabschluss. Es wurde also schon ausgegeben, es wurde schon gebaut, und es wurde schon umgesetzt. Das ist, glaube ich, die gute Nachricht, denn

 

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