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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 103

 

teilweise schuldig geblieben. Man verweist immer darauf, dass sie nachgereicht werden, natürlich immer erst dann, nachdem gebaut wurde. Zum Beispiel beim Projekt Wildgarten, einem Wohnbauprojekt im 12. an der Grenze zum 23. Bezirk, hat man sich immer darauf berufen, dass dort die S-Bahn-Station Rosenhügel hinkommen werde, also einen neue Schnellbahnstation. Wenn man nachfragt, ja, wann denn, dann bekommt man als Antwort, dann, wenn die S-Bahn in diesem Bereich vierspurig ausgebaut wird. Das wird in zirka zehn Jahren sein, jetzt mögen es vielleicht nur noch sechs Jahre sein, keine Ahnung. Meine Damen und Herren, das sind aber sicher keine Lösungen, die sich die Bürger von der Politik erwarten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wenn ich keine Verkehrskonzepte habe, dann kann ich auch nicht alle Bauvorhaben einfach durchwinken. Was wir auch immer im Zuge der Errichtung großer Wohnanlagen zu hören bekommen, ist: Ja, wir bauen ja eh neben der U6, da brauchen die Leute kein Auto, da können sie mit der U-Bahn fahren. Ja, das ist die Theorie, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Öffis, und dazu zählt auch die U6 in diesem Bereich, sind zu den Stoßzeiten einfach überfüllt. Im Fall der U6 ist eine weitere Taktverdichtung auf Grund der Endstation in Siebenhirten nur schwer möglich. Na klar steigen die Leute dann aufs Auto um, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel den Bedarf einfach nicht mehr decken können.

 

Dann wird uns natürlich auch immer bei den angebotenen Verkehrskonzepten das Fahrrad präsentiert und auf das Fahrrad verwiesen. Natürlich hat es Sinn, den Radfahrern gute Bedingungen anzubieten. In den Innenstadtbezirken wird auch tatsächlich ein Teil des Berufsverkehrs mit dem Fahrrad absolviert, aber in den Flächenbezirken, da schaut das schon etwas anders aus. Da geht das nämlich nur teilweise, da rede ich jetzt nicht nur von den Wintermonaten, nein, auch in der schönen Jahreszeit sind viele Radwege in Liesing nicht stark frequentiert, manche kann man sogar als verwaist bezeichnen.

 

Die Radwege, die bei uns gut angenommen werden, das sind die Radwege in den Naherholungsgebieten, die großteils in der Freizeit benutzt werden. Also wie gesagt: Radfahren ist wunderschön, ganz toll, Radverkehr fördern, das macht Sinn, vor allem auch, wenn es einen Beitrag zur Verkehrsberuhigung leisten kann, aber das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel anzusehen und uns ständig zu präsentieren, das wird nicht funktionieren, meine Damen und Herren der Stadtregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich sehe aber auch durchaus die ernsthafte Bemühung, den öffentlichen Verkehr auszubauen und auch attraktiver zu machen. Nur, die Stadt wächst, Sie wächst wahrscheinlich zu schnell, und Sie kommen mit dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel einfach nicht mehr nach.

 

Mir kommt es so vor, als würden im besten Fall Lücken geschlossen, aber die großen Würfe, die bleiben aus. Wir Freiheitlichen fordern seit Jahren die Ausweitung der Wiener Kernzone, eine Maßnahme, die nicht nur den Pendlerverkehr stark reduzieren würde, sondern sich auch positiv auf die Parkplatzsituation in Wien auswirken würde. Für viele Pendler würde die Ausweitung der Kernzone einen sehr großen Anreiz bedeuten, auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Gleichzeitig müssten die öffentlichen Verkehrsmittel natürlich nach Niederösterreich ausgebaut werden, das ist ganz klar. Da wäre es höchste Zeit, dass Wien und Niederösterreich gemeinsam einen Weg gehen, denn Wien und der Speckgürtel, die wachsen zusammen. Der Wiener Speckgürtel ist heute die am stärksten wachsende Region Österreichs, da braucht es wirklich mehr gestalterischen Mut, aber auch die notwendige finanzielle Unterstützung für die Umsetzung.

 

Ich habe bereits die starke Verbauung angesprochen. Die meisten größeren Wohnbauvorhaben rufen auch Anrainerproteste und Bürgerinitiativen auf den Plan. Die Proteste der Anrainer bei vielen Bauprojekten sind wirklich verständlich, denn häufig verschlechtert sich dadurch auch unmittelbar deren Lebensqualität.

 

Dabei stellen sich die Anrainer meist nicht komplett gegen ein Bauvorhaben, sie wissen, dass gebaut werden muss. Was sie verlangen, ist einfach, dass die Bauhöhe reduziert wird, dass nicht so stark verdichtet wird und dass es entsprechende Verkehrskonzepte gibt. Das alles sind durchaus berechtigte Anliegen und Forderungen.

 

Den Anrainern werden dann auch immer Informationsveranstaltungen und Bürgerbeteiligung versprochen. Das ist gut so. Bürgerbeteiligung kostet Geld, auch das ist in Ordnung. Was aber nicht in Ordnung ist, ist, dass wenn man mit den Betroffenen spricht, man fast ausschließlich zu hören bekommt, dass ihre Einwände einfach ignoriert wurden. Mir kommt das ein bisschen wie ein schön verpacktes Geschenk mit einem rot-grünen Mascherl rundherum vor, und wenn man es aufmacht, dann ist es leer. Wir müssen schon aufpassen, dass Bürgerbeteiligung ernst genommen wird und nicht zur Farce wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Werte Frau Vizebürgermeisterin, Sie haben im letzten Jahr in einem Interview erklärt, wie aus Ihnen eine leidenschaftliche Planungsstadträtin wurde. Sie haben von Ihrer Kindheit in Griechenland erzählt und dass Sie sehr darunter gelitten haben, dass so viel und so planlos verbaut wurde. Alles, was ich liebte, verschwand in einer Beton- und Asphaltwüste, haben Sie gesagt.

 

Ich bin da ganz bei Ihnen. Man kann zwar sicher die damaligen Verhältnisse nicht mit den heutigen in Wien vergleichen, aber ich bin da ganz bei Ihnen, denn auch ich habe oft genug erlebt, wie todunglücklich Menschen sind, wenn in ihrem Umfeld große Wohnbauvorhaben entstehen und sich dadurch auch ihre Lebensqualität verschlechtert. Deshalb ist es notwendig, bei Wohnbauprojekten verstärkt auf die Lebensqualität der Anrainer zu achten und auch die entsprechenden Verkehrs- und Infrastrukturkonzepte bereitzustellen, und zwar bevor gebaut wird.

 

Das alles kostet Geld, und deshalb ist unsere Forderung, endlich die Schuldenbremse zu betätigen und die Mittel dort verstärkt einzusetzen, wo sie direkt den Bürgern zu Gute kommen, nämlich in den Bezirken. (Beifall bei der FPÖ.)

 

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