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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 26.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 99

 

Hitler-Geburtstages. Die Bombenleger unterschätzten die elektrische Aura des Strommastens und der Sprengstoff ging früher los als beabsichtigt. Gregor Thaler und Peter Konicek starben, der dritte Attentäter und Wolfgang Purtscheller mussten nach Mexiko flüchten. - Das ist das Ernst-Kirchweger-Haus.

 

Darin gab es 2001 bis 2011 auch die VolxTheaterKarawane. Diese definierte sich selbst als Kunstprojekt. Sie begleitete den berüchtigten Schwarzen Block quer durch Europa. Nach eigenen Aussagen spielte die Karawane inmitten des Getümmels verschiedene Szenen gesellschaftskritisch nach. Diese Darstellung war schwer nachzuvollziehen. Wer reist so weit ausgerechnet zu Randalen Gewaltbereiter, um dann dort in unmittelbarer Nähe improvisiert Theater zu spielen? Die Polizei sah das anders. Wenn es hart auf hart ging, unterstützten die Pseudoschauspieler die Gewalttätigen, indem sie beispielsweise die Polizei bei ihren Einsätzen behinderten.

 

Schon einige Tage vor dem G8-Gipfel 2001 war bei der genuesischen Polizei eine Briefbombe eingegangen, und ein weiterer Sprengsatz konnte gerade noch rechtzeitig an der Bodenplatte eines Polizeiautos entdeckt und entschärft werden. Bei diesem G8-Gipfel in Genua eskalierte am 20. Juli 2001 das Geschehen völlig, es kam sogar zu einem Toten. Mitten in den Krawallen, die durch Zerstörungen, Brandlegungen und Plünderungen Schäden in Millionenhöhe verursachten, befand sich die VolxTheaterKarawane. 13 ihrer Angehörigen wurden für einige Wochen in Untersuchungshaft genommen.

 

Ein bekennendes Mitglied der VolxTheaterKarawane namens Birgit Hebein war für die Aktion in Genua verhindert gewesen. So übernahm sie die Funktion der Sprecherin eines UnterstützerInnenkomitees. Die vordringlichste Aufgabe bestand in der Täter-Opfer-Umkehr. Die österreichische Außenministerin wurde beschuldigt, sich nicht genügend für die Extremisten einzusetzen, und die österreichische Polizei, dass sie ihr wenig schmeichelhaftes Wissen über die VolxTheaterKarawane an die Carabinieri weitergeleitet hatte.

 

Heinz-Christian Strache und der derzeitige Infrastrukturminister Andreas Reichhardt haben zugegeben, als Teenager mit Personen, an die man nicht einmal anstreifen sollte, im Wald mit Paintball-Munition Krieg gespielt zu haben. Sie würden es ihren Aussagen zufolge nicht nur nicht mehr tun, sie würden es am liebsten ungeschehen machen, was natürlich nicht geht.

 

Birgit Hebein ist von dieser Einsicht weit entfernt. Als sie einer Gruppierung angehörte, die nicht Krieg gespielt, sondern die Nähe zu Verursachern kriegsähnlicher Zustände gesucht hat, war sie kein Teenager, sie war auch kein Twen, sie befand sich damals bereits in ihrem 35. Lebensjahr. Das war keine Jugendsünde - für Birgit Hebein sowieso nicht, sie erkennt ihr Vergehen nicht einmal als solches. Bis heute gibt es keine einzige Distanzierung von ihr.

 

Aber es gibt noch einen zweiten Grund, der Birgit Hebein für das Amt der Vizebürgermeisterin disqualifiziert: Am 25. Jänner 2019 wurden in Graz 14 Staatsverweigerer zu unbedingten Haftstrafen verurteilt. Die Anführerin der Anarchisten fasste die höchste, nämlich 14 Jahre aus. Für sie, die den Staat Österreich nicht anerkennt, war das der Beweis, dass Österreich mit Faschismus gleichzusetzen ist. Der Richterin ging es um ein Signal, dass staatsfeindliche Taten nicht toleriert werden. Die Situation hat sich also inzwischen sehr verändert.

 

Im Herbst 2007 wurde für den 15. Bezirk noch ein Projekt für Staatsverweigerer beschlossen, die sogenannte Pankahyttn. Maßgeblichen Anteil daran hatte - Birgit Hebein. (GR Mag. Rüdiger Maresch: Das sind ja keine Staatsverweigerer!) Sie zog die seinerzeitige Sozialstadträtin Sonja Wehsely über den Tisch. Die Unterschriftenaktion der Bezirks-SPÖ gegen die Staatsverweigerer verhöhnte sie mittels Presseaussendung am 12. November 2007. „Trotzige Aktion gegen eigene Parteikollegen lächerlich“, formulierte sie als Untertitel.

 

Kaum waren die Anarchisten 2008 in die Johnstraße 45 eingezogen, färbelten sie auf die Hausfassade in Großbuchstaben mit Rufzeichen: „STAAT STIRB!“ - So viel zum Thema „Keine Staatsverweigerer“. Birgit Hebein war glücklich, dass die Stadt Wien das auch noch jedes Jahr mit einer sechsstelligen Eurosumme förderte.

 

Eine wehrhafte Demokratie gerät naturgemäß leicht in ein philosophisches Dilemma. Mittlerweile hat die unabhängige Justiz beschlossen, den Rechtsstaat zu schützen - siehe die Urteile in Graz. Wir sollten diese Verteidigungsmaßnahmen der Justiz gegen die Anarchisten nicht konterkarieren, indem wir eine begeisterte Unterstützerin der Anarchistenszene zur Vizebürgermeisterin der Bundeshauptstadt machen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Mag. Manfred Juraczka.)

 

Wenn wir nun nacheinander aufgerufen werden und in der Wahlzelle einen Stimmzettel vor uns liegen haben, geht es nicht darum, ob man eine Person mag oder nicht, es geht auch nicht darum, ob man deren Partei mag oder nicht, es geht lediglich darum, ob ein Schaden für das Ansehen unserer Stadt abgewendet werden kann oder nicht. (Beifall bei der FPÖ und von GR Mag. Manfred Juraczka.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Ludwig-Faymann. Ich erteile es ihr.

 

14.41.49

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich kenne Birgit Hebein schon länger, nämlich seitdem sie hier im Gemeinderat ist. Nur ganz kurz zu Herrn StR Wölbitsch - ich weiß nicht, ob er sich gerade im Saal befindet -, weil er gesagt hat, er kennt sie nicht: Ich erinnere mich noch daran, dass wir Sie vorher gar nicht kennen gelernt haben, als wir Sie hier als Stadtrat gewählt haben. So ist das manchmal im Leben. Aber dafür hatten wir nachher die Möglichkeit dazu. Sie hätten, glaube ich, diese Möglichkeit auch schon gehabt.

 

Aber darüber will ich eigentlich gar nicht reden, sondern ich wollte zu Birgit Hebein und zur Wahl einer neuen Stadträtin, einer neuen Vizebürgermeisterin etwas sagen.

 

Ich darf dir zu Beginn erstens einmal im Namen nicht nur von mir selbst, sondern auch im Namen meiner Fraktion für deine neue Funktion alles Gute, viel Kraft und viel

 

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