Gemeinderat, 59. Sitzung vom 19.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 55
rale Ziel, die Menschen so rasch wie möglich zum selbstbestimmten und selbstständigen Leben zu bringen.
Deswegen haben wir auch den Plan - wir werden schauen, ob wir das erreichen, das sage ich auch dazu, es ist jetzt nicht so, dass das eine Fixvorgabe ist mit einer 100-Prozent-Benchmark -, die Nachtquartiere und Übergangswohneinrichtungen völlig abzuschaffen. Ob wir das schaffen, wissen wir nicht. Wir haben das schon vor einigen Jahren probiert, da hat die Entwicklung im Bereich der Familienwohnungslosenhilfe insofern gut ausgeschaut, als wir knapp davor waren, die letzte Familienobdachlosenherberge in Wien zu schließen. Das mussten wir dann wieder korrigieren, und das ist auch richtig und gut so, weil die Wohnungslosenhilfe immer auf die tatsächliche Situation reagieren muss und nicht einfach blindlings politische Programme oder Zielsetzungen umsetzt. Unser Ziel ist es aber, tatsächlich Nachtquartiere und Übergangswohneinrichtungen in den nächsten Jahren vollständig abzuschaffen und durch drei Elemente zu ersetzen: Erstens Chancenhäuser, zweitens mobile Betreuung in der eigenen Wohnung - eigentlich unser Hauptfokus - und drittens dauerhafte stationäre Alternativen für Menschen, die es nicht mehr schaffen werden, selbstständig zu wohnen.
Die Chancenhäuser sind nicht nur Noteinrichtungen, aber sie sind vom Zugang her eine Noteinrichtung. In dieser Einrichtung beginnt sofort die sozialarbeiterische Zielbetreuung, sofort die Vereinbarung mit dem Kunden, was die Zielsetzung der Unterstützung ist, damit wir so rasch wie möglich die Menschen in eine Wohnperspektive bringen können. Wir haben die Anzahl dieser Plätze in den Chancenhäusern immerhin schon auf 530 Plätze im heurigen Jahr erhöhen können, im Abtausch mit normalen Notunterkünften ohne Betreuung. Es ist nicht eine zusätzliche Ressource, sondern es ist eine Veränderung der Wohnungslosenhilfe, in der wir sind. Und wir planen, von den 530 auf 650 Plätze aufzustocken, weil das in etwa der Anzahl von Menschen entspricht, die wir regelmäßig in Notunterkünften unterbringen müssen.
Der zweite Bereich, das ist sozusagen der Hauptbereich, ist ein völlig neues Element, das wir in den letzten Jahren entwickelt haben, nämlich die mobile Wohnbetreuung. Mit der mobilen Wohnbetreuung begleiten wir Menschen, die entweder von Obdachlosigkeit bedroht sind oder obdachlos waren, schon in den eigenen vier Wänden. Wir helfen, all die Verstörungen, all die Irrwege, die Menschen eben in die Obdachlosigkeit gebracht haben, durch begleitende Betreuung aufzufangen und die Menschen so zu stabilisieren, dass sie eben wieder - wir sind wieder bei der zentralen Zielsetzung - selbstständig wohnen können.
Unser Ziel ist es, dass wir 80 Prozent der neuen Wohnungslosenhilfekunden - also der jährlich dazukommenden - in dieser mobilen Wohnbetreuungsform betreuen können und so unser Ziel gut erreichen können.
Die dritte Säule ist der Bereich des langfristig gesicherten Wohnens: Das ist für Kunden, von denen wir wissen, dass wir sie auf Grund ihrer Lebensgeschichte, teilweise auch auf Grund ihrer Erkrankungen, ihrer Diagnosen, ihrer Verstörungen, die sie durch die Irrungen des Lebens erlitten haben, nicht mehr in ein selbstständiges Wohnen bringen können. Wir schätzen, dass wir ungefähr 20 Prozent der Neukunden in solchen Betreuungsformen unterbringen. Dort spielt der Housing-First-Ansatz auch die zentrale Rolle. Wir haben im Rahmen dieses Pakets zur Zeit etwa ein Plus von 15 Prozent im Housing-First-Ansatz bei rund etwas über 1.000 Plätzen in diesem Bereich gegenüber 2018.
Wichtig ist, glaube ich, dieser Maßnahmenmix. Dieser Maßnahmenmix hat eine Gesamtkapazität von rund 6.800 Wohn- und Betreuungsplätzen für Wienerinnen und Wiener im ganzen Jahr. Wie gesagt, da kommt jetzt noch das Winterpaket im Winter dazu, aber das lassen wir jetzt außen vor. 6.800 Plätze und im Jahr 2019, also im heurigen Jahr, werden wir insgesamt rund 12.500 Kundinnen und Kunden in den Wohnungslosenhilfeleistungen betreut haben, davon rund 1.000 Familien mit rund 2.400 minderjährigen Kindern. Da bin ich bei dem, was ich am Anfang gesagt habe: Dort ist unser größter Fokus, nämlich Obdachlosigkeit für die Kinder überhaupt nicht erlebbar zu machen, sondern das Wohnen in der eigenen Wohnung zum zentralen Ziel zu haben.
Zwei kleine Ergänzungen noch: Parallel dazu gibt es Straßensozialarbeit - bei Obdach Wien haben wir die Straßensozialarbeit massiv ausgebaut. Das hängt auch mit der KälteApp zusammen, weil wir eben die Menschen so rasch wie möglich erreichen wollen, wenn sie auf der Straße, unter der Brücke, in einem Hauseingang liegen. Bis Jahresende wird diese Straßensozialarbeit als zentrale Anlaufstelle 24/7 erreichbar sein, also wirklich 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.
Dann gibt es noch eine Spezialgruppe: Wir sind draufgekommen, bei den Beratungsteams sowohl in den Einrichtungen, in der mobilen Betreuung als auch in der Straßensozialarbeit gibt es eine Gruppe von Mitarbeitern oder besser gesagt von Mithelfenden - mithelfend gibt die besondere Bedeutung an -, die Peerworker sind. Das sind Menschen, die selbst einmal obdachlos waren, die den Weg aus der Obdachlosigkeit heraus geschafft haben, die mit einer unglaublichen Credibility mit Obdachlosen reden. Da gibt es diese normalen Sprachbarrieren einfach überhaupt nicht, weil das Verständnis extrem groß ist. Mit dieser Gruppe, die unsere Beratungsteams unterstützt, machen wir im Augenblick wirklich ganz großartige Erfahrung, und sie hilft uns dabei, die Qualität der Betreuung in der Wohnungslosenhilfe massiv zu verbessern.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. - Frau GRin Schütz, bitte.
GRin Angela Schütz (FPÖ): Vielen Dank, Herr Stadtrat!
Es freut mich, dass Sie die zufällige Frage Ihres Koalitionspartners so zufällig wirklich perfekt fundiert mit Zahlen, Daten und Fakten beantworten konnten, während Sie auf die Fragen der Opposition nicht so gerne so ausführlich eingehen.
Ich komme jetzt zur ursprünglichen Frage zurück: Es hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan und das ist gut so - Kältetelefon, Kältebus, Sie haben jetzt neu die KälteApp, die finde ich gut und begrüße ich. Ich finde es
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