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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 26.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 102

 

zehn Jahren in Wien gemeldet und wohnhaft. Im Rahmen der Mindestsicherung ist sie eine Aufstockerin, das heißt, sie bezieht eine Leistung durch das AMS und erhält im Rahmen der Mindestsicherung einen Ergänzungsbeitrag. Sie hat vier Kinder, zwei davon sind gerade ausgezogen. Jetzt wohnt sie, ausgehend von der ursprünglichen Familiengröße, nämlich fünf Personen, in einer entsprechenden Wohnung mit entsprechend hohen Wohnkosten von über 900 EUR im Monat. Jetzt verringert sich die Anzahl der Personen von fünf auf drei, weil zwei Kinder gerade ausgezogen sind, daher würde sie eine entsprechend kleinere und somit auch kostengünstigere Wohnung um die 60 m² benötigen. Die hat sie bei Wiener Wohnen beantragt. Und was ist da herausgekommen?

 

Gar nichts ist herausgekommen, Fehlanzeige. Sie hat nämlich keinen Anspruch auf ein Wohn-Ticket mit begründetem Wohnbedarf, denn die derzeitigen Bestimmungen sehen so aus: Sie erfüllt keinen Wohnbedarfsgrund, sie ist keine Jungwienerin, es liegt auch kein Überbelag vor. Sie hat keinen altersmäßigen Anspruch, sie ist nämlich unter 65, sie hat keinen krankheitsbedingten Anspruch und sie hat auch keinen Anspruch auf Grund der Tatsache, dass sie Rollstuhlfahrerin ist, denn das ist sie nämlich nicht. Jetzt wurde die Frau, die alleinerziehende Mutter, von Wiener Wohnen zur Wohnungskommission verwiesen. Die Wohnungskommission ist jetzt sozusagen das zweite Fangnetz für Härtefälle, und die Wohnungskommission kommt zum Ergebnis, dass es sich um keinen sozialen Härtefall handelt.

 

Und da frage ich mich: Ist das sozial gerecht? Ich gebe Ihnen die Antwort gleich mit: Nein, das ist nicht sozial gerecht! (Beifall bei den NEOS.) Wenn man sich die Wohnbedarfsgründe ansieht, stellt man überhaupt fest, dass es für alleinerziehende Menschen über 30 und unter 65 eigentlich de facto derzeit unmöglich ist, oder fast unmöglich ist, eine Gemeindewohnung zu beantragen, weil sie in der Kategorie der Wohnungsbedarfsgründe keine Berücksichtigung finden. Und das finde ich besonders bemerkenswert deshalb, denn wenn ich mir den Zweck von Wiener Wohnen ansehe, dann lese ich: „Der Zweck von Wiener Wohnen ist die Bereitstellung und die Schaffung von leistbaren Mietwohnungen mit modernem Standard für einkommensschwächere und wohnungsbedürftige Personen und Familien.“ Ich stelle fest, dass diesem Zweck angesichts der Vergaberichtlinien nicht Rechnung getragen wird, ganz im Gegenteil, wirtschaftliche Verhältnisse der potenziellen Wohnungswerberinnen und Wohnungswerber finden überhaupt keine Form der Berücksichtigung, und das, meine ich, ist nicht sozial gerecht. (Beifall bei den NEOS.)

 

Aus dem Grund möchte ich heute einen Antrag stellen, die derzeit gültigen Wohnbedarfsgründe um die Kategorie wirtschaftliche Verhältnisse zu erweitern. Auf diese Art soll es vor allem einkommensschwachen Menschen grundsätzlich und unabhängig von ihrem Alter und vom Familienstand möglich sein, Zugang zu Gemeindewohnungen zu erhalten. (Beifall bei den NEOS.)

 

Bei der Gelegenheit möchte ich auch noch anmerken - wir haben es auch schon heute gehört -, dass wir NEOS eine Gebührensenkung bei den kommunalen Dienstleistungen fordern, auf einen Kostendeckungsgrad von 100 Prozent. Vielleicht noch einmal zur Erinnerung: Bei Wasser liegt die Überdeckung derzeit bei 110 Prozent und bei Müll sind es sogar 127 Prozent, und auch das ist etwas, was ganz besonders einkommensschwache Menschen trifft. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das zweite Thema, das ich heute mitgenommen habe, ist das Thema der Wohnbauförderung. Ich habe mir die Entwicklung der Wohnbauförderung anhand des Voranschlages 2020 und des Finanzrahmenberichts angesehen, vielleicht zur Erinnerung noch einmal: 2019 sind die Ausgaben für die Wohnbauförderung im Neubau von 300 Millionen auf 242 Millionen gesunken. Damals bin ich dagestanden mit der Kritik, dass hier nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, um den leistbaren Wohnraum zu fördern. Und jetzt sah ich im Voranschlag 2020, dass diese Gesamtsumme wieder auf 313 Millionen angestiegen ist und habe mir gedacht, super, jetzt geht es wieder bergauf, jetzt haben wir wieder mehr Geld. Na ja, Fehlanzeige, denn wenn man sich nämlich hier die Details anschaut, dann sieht man, dass von den 313 Millionen EUR 87,5 Millionen EUR verwendet werden, um eine Rückzahlung der Rate für die Wohnbauinitiative 2010 vorzunehmen. Was heißt das? - Von 300 Millionen EUR 2018 sind wir auf 249 Millionen 2019 gekommen, und heuer haben wir einen Tiefstand von 225,5 Millionen EUR erreicht.

 

Das heißt, die Mittel für die Wohnbauförderung sinken kontinuierlich weiter, es geht bergab, der Bedarf an Wohnungen steigt aber weiter an. Wie diese Entwicklung nach der nächsten Wien-Wahl ausschauen wird, wenn die nächste Tranche der Wohnbauinitiative mit 320 Millionen EUR zurückzuzahlen ist, das mag ich mir erst gar nicht ausmalen, aber manchmal starrt man halt bei der Budgeterstellung lieber nur auf den Wahltermin und nicht auf die Nachhaltigkeit. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich komme zum Schluss: Ich möchte mich sehr herzlich auch namens meiner Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsgruppe für ihre beherzte Arbeit für die Stadt Wien bedanken, das ist wichtig und dafür gebührt ihnen auch ein ausreichender Dank der Politik. Und ich möchte noch zum Abschluss einen Antrag auf Sicherung der Wohnbauförderung einbringen. - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächster ist GR Dr. Ulm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.45.24

GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrte Frau Stadträtin!

 

Auch ich möchte mich auf ganz wenige Punkte in der heutigen Budgetdebatte konzentrieren, denn ich habe schon sehr oft einen allgemeinen Abriss über die Wohnpolitik in Wien gegeben, und es hat sich dann nur sehr, sehr wenig verändert, ob das jetzt der Rückgang bei der Wohnbauförderung war - immer weniger abgerufene Wohnbauförderung -, die Wohnbauleistung, die baureifen Grundstücke, und vieles andere mehr. Ich möchte heute dort ansetzen, wo es zwei eklatante Mängel gibt und wo die Menschen unmittelbar betroffen sind. Wo sind sie unmittelbar in der Wohnpolitik betroffen? Dort,

 

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