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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 116

 

Wieso geht das? Und so weiter. Wie kann dieses Matching gut zusammengehen?

 

Die Betroffenen oder die Mitwirkenden an der Aktion 20.000 sagten, für sie war das durchaus total positiv. Sie haben Wissen dazugewonnen, sie haben wieder Berufserfahrung sammeln können, ihr Wertschätzungsgefühl wurde gesteigert, sie sehen wieder optimistisch in die Zukunft und konnten soziale Kontakte - und das ist ja bei der Jobsuche etwas ganz Wichtiges - wieder erweitern.

 

Wir haben für Wien und auch in der Joboffensive 50plus, glaube ich, im WAFF auch viel daraus gelernt und in die eigene Expertise reingebracht. Ich glaube, wo man noch genauer hinschauen muss, ist, wie es tatsächlich den Über-55-Jährigen geht. 50plus ist ja eine sehr differenzierte Gruppe. Wie geht es den Über-55-Jährigen? Wie können wir noch stärker differenzieren, auf diese Bedürfnisse der heterogenen Gruppe eingehen? Wie können wir individualisieren, wie können wir unterschiedliche Arbeitszeitangebote liefern und wie können dann die individuellen Hemmnisse auch gut mit den Bedürfnissen der Unternehmen zusammengebracht werden? Da wird, glaube ich, wirklich sehr viel investiert, um hier ein gutes Matching zu finden.

 

Wenn man sich an die Jobmesse, die im September war, erinnert, wo Unternehmen und sozial gemeinnützige Vereine viele Stellen reingespielt haben und die Arbeitssuchenden dort ja auf ein breites Angebot stoßen konnten, dann zeigt sich auch, was sehr positiv ist, dass man sich sozusagen als Arbeitssuchende den Arbeitsplatz auch aussuchen kann, dass man nicht einfach irgendwo zugewiesen wird. Diese Initiative lebt auch davon, dass sich die Menschen auf eine Stelle bewerben können und man ihnen das Gefühl gibt, sie können sich hier auch frei entscheiden und müssen nicht eine Stelle annehmen, die der WAFF beziehungsweise - der WAFF macht das sowieso nicht - das AMS ihnen zuweist.

 

Was wir weiters bei so einer Initiative auch sehr gut bemerken, ist, dass wir es schaffen, die Tür zu öffnen. Wir haben, wie gesagt, ein negatives Bild von 50 plus. Die sind zu alt, die sind zu teuer, die sind krank, die können nicht mehr so schnell, die sind so technikfeindlich, es gibt also sehr viele Vorurteile. Mit der positiven Erfahrung von Menschen 50 plus im Betrieb, mit der Neuanstellung von solchen, kann dieses Bild geändert werden, kann ein realistisches Bild etabliert werden. Es ist gut, hier auch die Türen zu öffnen und antidiskriminierenden und diversitätsfördernden Maßnahmen Vorschub zu leisten.

 

Ich glaube aber trotzdem, dass wir es brauchen, auch in Unternehmen viel stärker noch alters- und alternsgerechtes Arbeiten zu etablieren und eine Arbeitskultur zu implementieren, die wirklich, wirklich diskriminierungsfrei ist. Wenn man sich nur erinnert, was Algorithmen derzeit bei der Stellensuche beziehungsweise Stellenvergabe schon machen, nämlich wirklich wieder diskriminieren, dann muss man nicht nur überlegen, ob nicht auch anonymisierte Bewerbungsverfahren positiv wären, sondern generell: Wie können solche Algorithmen zu einem diskriminierungsfreien Verfahren gezwungen werden? Wenn Sie sich damit ein bisschen auseinandersetzten, sind das horrende Dinge, die digital und technisch heutzutage möglich sind, wo Menschen überhaupt keinerlei Chance mehr haben, überhaupt noch zu einem Bewerbungsgespräch vorgeladen zu werden.

 

Insgesamt, denke ich, wo wir noch weiter hinschauen können, um das Fenster jenseits der Joboffensive noch weiter aufzumachen, ist die Frage, inwiefern so etwas wie Altersgrenzen in Bewerbungsverfahren tatsächlich überhaupt sachlich gerechtfertigt werden können. Wir müssen uns fragen, wie die Beschäftigungschancen von Menschen 50plus grundsätzlich verbessert werden können.

 

In Wien gibt es aus meiner Sicht noch eine Möglichkeit, die Lohnkostenförderung noch stärker an andere Programme anzukoppeln, beispielsweise an die Wirtschaftsagentur. Inwiefern lässt sich das nicht noch einmal stärker verbinden, dass hier der Beschäftigungsaspekt und der Projektförderungsaspekt stärker zusammenkommen? Worüber wir selbst auch schon nachgedacht haben, ist, das Vergaberecht auch dazu zu nutzen, Menschen mit Benachteiligung stärker anstellen zu müssen.

 

Abschließend möchte ich sagen, dass uns, glaube ich, schon bewusst ist, dass diese Eingliederungsbeihilfe durchaus ein sehr intensives arbeitsmarktpolitisches Instrument darstellt, sowohl in der Förderhöhe als auch in der Förderdauer. Aber der Vergleich und die Evaluationsergebnisse machen uns sicher, für diese Zielgruppe 50 plus ist das genau notwendig und richtig und wichtig. Sie ist ganz sinnvoll und jeden Cent wert, und die positiven Erfahrungen sollen hier noch ausgeweitet werden. Wir können damit nachhaltig Armut verringern, den Menschen Hoffnung, Mut und Sinn geben und eine Arbeitsmöglichkeit, um ihre Existenz eigenständig zu sichern. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schütz. Ich erteile ihr das Wort. (Ruf bei der FPÖ: Wirst du das jetzt toppen?)

 

14.32.09

GRin Angela Schütz (FPÖ)|: Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörer!

 

Es gibt den einen oder anderen Punkt, den ich mit Ihnen teilen kann. Es gibt aber auch einige Punkte, die ich mit Ihnen sicher nicht teilen werde, weil wir da eine andere Meinung haben.

 

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Menschen Arbeit haben, dass wir möglichst viele Menschen im Job halten und dass wir darauf schauen, dass wir Maßnahmen setzen, damit wir unsere Wienerinnen und Wiener in Jobs halten. Das heißt, ich muss auf der einen Seite Anreize schaffen, die es für Firmen unattraktiv macht, ältere Leute zu kündigen, und das trifft besonders Frauen. Auf der anderen Seite muss ich wieder so attraktive Anreize haben, dass es auch attraktiv ist, dass sich Firmen überlegen, ältere Arbeitnehmer anzustellen, weil das Erfahrung und Wissen bringt.

 

Bei diesem Punkt, dass man ältere Arbeitnehmer nicht kündigt, meine Herrschaften von der SPÖ, muss ich schon an Ihr Gewissen appellieren und muss ich Sie

 

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