«  1  »

 

Gemeinderat, 62. Sitzung vom 20.12.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 25

 

angestellt wird, auch alle Verfahren hier im Rathaus hinten angestellt werden. Aber das entspricht schlicht und einfach nicht der Wahrheit, denn von einer Nachdenkpause kann keine Rede sein, wenn die Planierraupe hier bereits in Stellung gebracht wird, wenn die Baureife des Areals hergestellt wird. Sie arbeiten eigentlich hier seelenruhig im Hintergrund an der Verwirklichung eines Bauprojekts, das schlicht und einfach für das Weltkulturerbe schädlich ist.

 

Die Routineverfahren, die behördlichen Routineverfahren werden nicht eingestellt, die für das Bauprojekt notwendige Baureife wurde ja gestern mit Ihren Stimmen von Rot-Grün beschlossen. Wir haben einen Antrag eingebracht, das Ganze von der Tagesordnung zu nehmen, um eben noch Zeit zu gewinnen. Auch das haben Sie abgelehnt, und damit wechseln die Grundstücke am Heumarkt den Besitzer, von der Stadt Wien an den Investor. (GRin Dr. Jennifer Kickert: 80 m² sind das!)

 

Das ist nichts, wovon man wahrscheinlich auch ICOMOS offenbar gerne in Kenntnis setzt, weil es natürlich ein bisschen ein Widerspruch ist, wenn man sagt, es gibt eine Nachdenkpause und auf der anderen Seite läuft beim Bauprojekt eigentlich alles weiter wie bisher.

 

Und was macht die Stadtregierung? - Sie gibt sich unschuldig. Der Herr Bürgermeister hat ja gestern auch in der Fragestunde eigentlich die Verantwortung auf den Rechtsanspruch des Projektwerbers geschoben. Auch Herr Woller hat das dann getan und sich auf die vertraglichen Verpflichtungen ausgeredet, auf jene vertraglichen Verpflichtungen, die Sie ja selber so beschlossen haben. Genau das ist eigentlich der Haken, sehr geehrte Damen und Herren, dass es diesen Rechtsanspruch überhaupt gibt, ist alleine Ihre Verantwortung. Sie haben diesen Rechtsanspruch des Bewerbers ermöglicht, Sie haben die dafür notwendige Flächenwidmung beschlossen, Sie haben damit das Weltkulturerbe aktiv gefährdet.

 

Die Hintergründe dafür sind zumindest zum Teil, was die GRÜNEN betrifft, ja jetzt auch Teil einer Ermittlung der Staatsanwaltschaft, und Sie können die Verantwortung dafür auch nirgendwo hin abschieben. Sie können sie weder nach oben abschieben noch nach unten abschieben. Ganz ehrlich, jedes Mal, wenn Sie das versuchen, ist das schlicht und einfach absurd und lächerlich, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie sollten ja eigentlich genau über diesen Rechtsanspruch mit dem Investor seit zumindest sechs Monaten verhandeln, aber das tun Sie offensichtlich nicht. Auch die Antwort des Herrn Bürgermeisters in der gestrigen Fragestunde, das muss man ja so ehrlich sagen, war ein bisschen eine Farce, denn der Herr Bürgermeister hat nur um den heißen Brei herumgeredet und eigentlich keine einzige konkrete Antwort geliefert, wie der derzeitige Verhandlungsstand, der derzeitige Stand der Versuche, das Weltkulturerbe zu retten, eigentlich aussieht. Eigentlich hat der Herr Bürgermeister gestern indirekt auch wieder die Flächenwidmung oder das Vorgehen sogar verteidigt.

 

Nur um das auch seitens meiner Fraktion klarzustellen: Dass dort ein Projekt stattfindet, ich glaube, da sind wir uns alle einig, dass es notwendig ist. Ich glaube, wir sind uns sogar über die wesentlichen Elemente einig, dass das Konzerthaus ein Alleinstellungsmerkmal bekommen soll, dass die Durchlässigkeit zum 3. Bezirk verbessert werden soll, dass der Eislaufverein seine Flächen bekommt, die er dringend benötigt, weil wir in Wien zu wenige Eisflächen haben, dass auch das Hotel InterContinental entsprechend adaptiert wird. All das sind Dinge, glaube ich, wo wir uns einig sind.

 

Nur, wir sind uns in einem nicht einig, nämlich dass es Ihre Aufgabe gewesen wäre, all diese Ansprüche und Notwendigkeiten gemeinsam mit einer extrem wichtigen Notwendigkeit für die Bevölkerung in dieser Stadt zu verknüpfen und unter einen Hut zu bringen, nämlich dem Weltkulturerbe. Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, diese Rahmenbedingungen zu schaffen, und das geht natürlich vor allem über die Flächenwidmung, denn die Flächenwidmung ist ein Primat der Politik, Rahmenbedingungen zu gestalten, an denen sich ein Investor orientieren kann und ja, auf die sich ein Investor auch verlassen muss.

 

Die GRÜNEN werden auch sicher heute wieder das Argument bringen, dass sie sagen: Na ja, das Schlimme daran war ja eigentlich nicht die Flächenwidmung, sondern dass man es überhaupt an den Investor verkauft hat. Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sind ja dem Investor nicht ausgeliefert. Das ist ja der Sinn einer Flächenwidmung, dass Sie Rahmenbedingungen festlegen, wo die Interessen der Bevölkerung in dieser Stadt entsprechend gewahrt werden. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, diese unterschiedlichen Ansprüche gemeinsam mit dem Weltkulturerbe unter einen Hut zu bringen. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, und das haben Sie schlicht und einfach nicht geschafft, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Daher auch meine Bitte in Abwesenheit an den Herrn Bürgermeister, dieses Thema Weltkulturerbe auch endlich zur Chefsache zu machen. Gestern hat der Herr Bürgermeister gemeint, na ja, er könne sich ja auch selbst in die Verhandlung einbringen. Da muss ich natürlich sagen: Ja, was denn sonst? Es kann ja auch nicht im Sinn des Herr Bürgermeisters oder der Sozialdemokratie sein, im Wahljahr den Status Welterbe zu verlieren. Die Zeit läuft. Wir wissen, wenn jetzt das Ganze nicht zur Chefsache gemacht wird, wann dann? Anstatt dass Sie das endlich tun, bringen Sie diese rot-grüne Planierraupe in Stellung, beschließen die Baureifgestaltung. Das ist auch der Grund, warum wir heute hier sind, das ist auch der Grund, warum wir heute diesen Sondergemeinderat einberufen haben und beantragt haben, denn es ist aus unserer Sicht fünf vor zwölf. Es ist Gefahr in Verzug, weil wir ja Anfang dieses Jahres im Jänner wieder einen Bericht an die UNESCO abgeben, wie es denn eigentlich jetzt so um das Thema Rettung des Weltkulturerbes in Wien steht. Ich bin gespannt, was Sie da auch hineinschreiben wollen, außer dass die Baureifgestaltung jetzt, so wie geplant, stattgefunden hat.

 

Herr Bürgermeister, auch Ihre Beantwortung der Anfrage gestern in der Fragestunde, das muss ich schon auch so ehrlich und offen sagen, war ein bisschen eine Farce, denn Sie haben gesagt, na ja, zuerst Applaus für Kollegen Woller, wo wir eigentlich nicht genau wissen,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular