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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 106

 

Genau an diesen Stellen geht im Budget aus meiner Sicht ein riesiger Spalt auf, nämlich zwischen den Überschriften der Punschkrapfen-Koalition auf der einen Seite und den Zahlen im Voranschlag auf der anderen Seite. Dieser Spalt gehört aus meiner Sicht mit Leben gefüllt, sonst sind all die Klimaziele und all die in den Überschriften formulierten Ziele niemals zu erreichen.

 

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie beziehungsweise Corona-Krise. Diese werden uns noch lange beschäftigen, und zwar natürlich im Bereich Arbeitsmarkt, im Bereich Selbstständige, im Bereich der UnternehmerInnen, aber auch im Bereich der SchülerInnen, der jungen Wienerinnen und Wiener, die ihre Jugend ganz anders verbringen, als viele von uns das gemacht haben. Für den Bildungsbereich sehen wir viele Überschriften, und da geht der gleiche Spalt wieder auf, wir sehen wenig Zahlen im Budget, die diesen Überschriften irgendwie entsprechen. Ich habe den Eindruck, dass, wenn in einigen Bereichen dieser Spalt aufgeht, einzelne Themen auch verloren gehen wie beispielsweise die Transparenz.

 

Ich picke jetzt nur ein Thema heraus, nämlich die objektive Bestellung von DirektorInnen: Das wurde immer wieder auch von den NEOS sehr stark diskutiert. Ich kann Ihnen versprechen: Wir GRÜNEN werden immer dort hinschauen, wo Themen in einem solchen Spalt unterzugehen drohen, und wir werden mit Anträgen, Fragen und Vorschlägen darauf achten, dass die Themen im Hinblick auf Transparenz nicht vergessen werden.

 

Ein weiterer Bereich, der uns, glaube ich, in den nächsten Jahren wirklich beschäftigen wird, ist der Bereich Wohnen und Wohnbau. Wien ist ja mit dem sozialen Wohnbau, mit der Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“, mit der aktiven Bodenpolitik fraglos hervorragend aufgestellt. Es gibt jetzt begleitende Maßnahmen auf Wien-Ebene sowie auf Bundesebene, Stichwort Stundung der Mietzinsen. Justizministerin Alma Zadić hat das vorangetrieben, und auch in Wien wurden ganz richtige Maßnahmen gesetzt. Es macht mir aber gleichzeitig Sorgen, wenn ich dann im Regierungsprogramm auch Aussagen lese wie etwa, dass strategisch nicht relevante Grundstücke verkauft werden sollen. Ich glaube, in den nächsten Jahren braucht es wirklich, damit uns die Wohnfrage als soziale Frage nicht entgleitet, einen ganz starken gemeinnützigen Wohnsektor, eine aktive Bodenpolitik im Sinne des Gemeinwohls und nicht im Sinne eines sich maximierenden Marktes. Wohnen ist als soziale Frage zu begreifen, das muss uns wichtig sein.

 

Ich will, dass wir wirklich in dieser Stadt in den nächsten Jahren niemanden vergessen, wenn es um die Auswirkungen der Corona-Pandemie geht. Insofern können wir der Punschkrapfen-Koalition auch nicht 100 Tage zum Einarbeiten geben, sondern in Bezug auf das Budget eigentlich eine Nachfrist, bei der es um Konkretisieren, Komplettieren und Finanzieren geht. Ich sehe hier auch eine gewisse Bringschuld, die auch daher kommt, dass die zeitliche Logik des Verhandelns und die des Budgets eine andere ist.

 

Es gibt eben im Regierungsprogramm über weite Strecken vage Fortschreibungen, und das Budget ist noch nicht die notwendige Konkretisierung, die es aus meiner Sicht braucht. Auch wenn wir jetzt am Ende eines wirklich außergewöhnlichen Jahres 2020 mit einer globalen Pandemie sind - wir sind alle erschöpft und genervt, und zwar nicht nur wir in der Politik, sondern auch viele Leute, die ihren Job verloren haben beziehungsweise im Homeoffice sitzen -, gilt für uns: Wir können uns jetzt nicht ausruhen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Werfen wir jetzt einmal einen Blick in das Jahr 2021. Gehen wir jetzt eventuell einmal weg von den Zahlen, weg vom Wiener Budget und auch weg von den Herausforderungen, die wir kennen, und auch von manchen, die wir vielleicht noch gar nicht so genau kennen. Ich will jetzt einmal das anschauen, was uns im nächsten Jahr Hoffnung geben wird. Dabei kommen wir nicht darum herum, auch über die Covid-19-Impfung zu sprechen. Wir haben jetzt in den letzten Tagen gehört, dass rund um den 29. Dezember vielleicht schon mit einer Zulassung dieser Impfung in Europa zu rechnen ist. Das sind auch gute Nachrichten. Wenn wir nämlich aus dieser schwierigen Zeit etwas mitnehmen können, dann ist es doch eigentlich auch die Bewunderung dafür, was die Wissenschaft alles kann, was Menschen, die gemeinsam arbeiten, über Landesgrenzen hinweg schaffen, wenn die gemeinsam forschen.

 

Ich möchte an dieser Stelle sehr wohl festhalten, dass wir heute so weit sind, dass Wissenschaftlerinnen gemeinsam an Impfstoffen arbeiten und dass europäische Unis und vor allem europäische Städte dabei eine ganz, ganz tragende Rolle spielen. Das haben wir der Aufklärung, der Wissenschaft und der Weltoffenheit und sicherlich nicht dem Umstand zu verdanken, dass wir uns in Parlamenten zum Beten treffen, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zum Abschluss: Ich war, wie wahrscheinlich auch viele von Ihnen in den letzten Tagen in der Stadthalle beim Corona-Test. Viele haben ja nach dem Termin etwas gepostet, Insta-Stories gemacht oder ihre Erfahrungen geteilt, um zu zeigen, welcher Kraftakt da wirklich gemeinsam geleistet wurde. Es wurde gemeinsam gearbeitet, Bund, Stadt, Bundesheer, Freiwillige, und so weiter, also Menschen, die einander helfen und die einem ein Taschentuch reichen, weil einem die Tränen einschießen, wenn das Staberl in der Nase unangenehm ist.

 

Nach wochenlangem Homeoffice und Kontaktreduzierung, nachdem man allein vor dem Computer gesessen ist, steht man auf einer Linie an einer Stelle, wo man früher bei Konzerten getanzt hat. Dann spürt man irgendwie: Es wird eine Zeit nach dieser Pandemie geben. Und ich glaube, dass wir die gleiche Zuversicht und Entschlossenheit und diesen Mut brauchen, wenn es um die Bewältigung der Klimakrise, um die Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft und um den Zusammenhalt in unserer Stadt geht.

 

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